Meinung

Schwarz-dunkelrote Koalitionen – Ein unausweichliches Dilemma für CDU und Linke?

Daniel Günther hat eine neue Koalitionsdebatte losgetreten. In Ostdeutschland sollten künftig auch Koalitionen von CDU und Linkspartei möglich sein. Fast keiner in der CDU will davon etwas wissen - aber die Debatte wird die Partei so schnell nicht mehr los.
Schwarz-dunkelrote Koalitionen – Ein unausweichliches Dilemma für CDU und Linke?Quelle: Reuters

von Andreas Richter

Am 11. August 2018 erschien ein Interview des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten und CDU-Hoffnungsträgers Daniel Günther in der Rheinischen Post. Darin schloss er für die Zukunft eine Zusammenarbeit zwischen seiner CDU und der Linkspartei wenigstens in Ostdeutschland nicht aus:

Es wäre gut, auf Scheuklappen zu verzichten. Wenn Wahlergebnisse es nicht hergeben sollten, dass gegen die Linke eine Koalition gebildet wird, muss trotzdem eine handlungsfähige Regierung gebildet werden.  Da muss die CDU pragmatisch sein.

Auch wenn sich Günther noch am selben Tag die Scheuklappen wieder anlegte ("Eine Koalition mit der Linkspartei lehne ich entschieden ab"), von der Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzenden Angela Merkel und der CDU-Generalsekretärin Annegret Kamp-Karrenbauer klare Absagen kamen und Medien und Politik so vorhersehbar wie hysterisch reagierten: Das Thema war in der Welt und wird fürs Erste dort bleiben.

Die Ausgangslage ist klar. 2019 stehen in drei ostdeutschen Bundesländern - Sachsen, Brandenburg und Thüringen - Landtagswahlen an. Die Umfragen zeigen, dass es für die CDU künftig schwierig bis unmöglich wird, Mehrheiten gegen Linke und AfD zu bilden, wenn diese zusammen tendenziell auf 40 Prozent der Stimmen kommen.

Für die CDU zeichnet sich schon jetzt ein Dilemma ab. Eine Koalition mit der AfD wird nicht in Frage kommen, solange Angela Merkel in ihrer Partei noch etwas zu melden hat. Deshalb dürfte es für die CDU ohne Koalition mit oder wenigstens Duldung durch die Linke schwierig werden, in ostdeutschen Ländern eine Regierung zu führen.

Rein programmatisch trennt die beiden Parteien mittlerweile nicht mehr so viel. Die Union hat sich unter Merkel programmatisch liberalisiert, die Linke ist schon länger eher sozialdemokratisch als sozialistisch ausgerichtet. Bei einer Zusammenarbeit auf Landesebene dürfte es kaum Themen geben, bei denen man nicht irgendwie zusammenkommen könnte. Schwierig wäre eine Kooperation in der Außenpolitik, diese aber spielt in den Ländern keine Rolle.

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Auch kulturell sind sich CDU und Linkspartei in den ostdeutschen Landtagen nicht fern. Vor allem, wenn die CDU-Abgeordneten ihre Wurzeln in der alten Ost-CDU haben, gibt es oft mehr Verständnis untereinander als gegenüber Parlamentariern von SPD und Grünen mit ganz anderen Wurzeln. Praktisch läuft die punktuelle Zusammenarbeit bei einzelnen Themen schon heute reibungslos. Auf kommunaler Ebene ist schwarz-dunkelrot schon länger Alltag, ohne dass sich noch jemand darüber aufregt.

Problematisch wäre eine solche Zusammenarbeit auf Landesebene allerdings für das Selbstverständnis der CDU wie auch für das der Linken. Die Verteufelung der Linken und vorher der PDS war für die CDU lange ein beliebtes und effektives Mittel, der SPD das Leben und eine eigene Regierungsbildung schwer zu machen. Doch der Hass auf alles, was als sozialistisch oder gar kommunistisch wahrgenommen wird, ist Teil des eigenen Erbes, wie auch immer man das bewerten mag. Ähnlich steht es unter umgekehrten Vorzeichen bei der Linken.

Eine Zusammenarbeit zwischen CDU und Linken würde beide Parteien deshalb vor allem vor innere Zerreißproben stellen. Große Teile beider Parteien sind unzufrieden mit ihrer gegenwärtigen Ausrichtung und Lage. Eine Zusammenarbeit mit dem traditionellen ideologischen Erzfeind brächte damit beiden zwar eine Möglichkeit zu regieren, gleichzeitig aber die Aussicht auf weiteren internen Streit und sogar Spaltung. Und natürlich wäre jede Koalition zwischen CDU und Linken ein Geschenk für die AfD.

Beide Parteien stehen damit vor einem strategischen Dilemma, aus dem sie in absehbarer Zeit keinen Ausweg finden dürften. Und dies ist nur ein kleiner Ausschnitt des sich gegenwärtig darbietenden Bildes einer Parteienlandschaft, die sich in atemberaubend kurzer Zeit selbst zerlegt.

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