London - Europas Mördermetropole

London mit seinem touristenfreundlichen, gediegenen Image hat einen mörderischen Rekord aufgestellt: Die Mordrate dort hat inzwischen die von New York übertroffen. Die Politik sieht tatenlos zu und empfiehlt den Bürgern, sich an die Verbrechen zu gewöhnen.
London - Europas MördermetropoleQuelle: Reuters © Stefan Wermuth

von Rainer Rupp

Da es für Kriminelle in Großbritannien immer noch schwieriger als in den USA ist, an Handfeuerwaffen heranzukommen, hat im letzten Jahr vor allem die Zahl tödlicher Messerattacken in Vereinigten Königreich stark zugenommen, allein in London um 30 Prozent. Aber statt etwas gegen diesen gefährlichen Trend zu tun, der das tiefe soziale Zerwürfnis im Land widerspiegelt, werden im ganzen Land - getreu nach dem herrschenden neoliberalen Skript – die gesellschaftlichen Aufgaben des Staates weiter abgebaut. Das äußert sich in der kontinuierlichen Reduzierung von Polizeistellen ebenso wie in der weiteren Bearbeitung der Reste des einstigen britischen Sozialstaates mit der Abrissbirne, was wiederum nur zu einem weiteren Ansteigen der Kriminalität beiträgt.

Ein Bericht des Innenministeriums mit dem Titel "Crime outcomes in England and Wales: year ending March 2018" (Ausgang der Verbrechen in England und Wales für das Berichtsjahr bis einschließlich März 2018), der erst Ende Juli veröffentlicht wurde, präsentiert schockierende Statistiken. In den zwölf Monaten bis Ende März 2018 ist die Zahl der aufgezeichneten Straftaten um elf Prozent auf 5,5 Millionen Straftaten gestiegen, der höchste Stand seit über einem Jahrzehnt. Zugleich ist der Anteil der Verbrechen, die aufgeklärt wurden und zu Anklagen geführt haben, innerhalb des Berichtsjahres von elf auf nur noch neun Prozent gefallen. Im Jahr 2015 waren es noch 15 Prozent. Das heißt, dass es bei insgesamt 4,6 Millionen Straftaten im Berichtsjahr nur noch in 443.000 Fällen zu einer Anklage kam.

Die Zahl der Tötungsdelikte und Verbrechen – einschließlich sexueller Übergriffe und Angriffe mit Feuerwaffen und vor allem mit Messern – ist in den letzten Jahren im Vereinigten Königreich weiter rasant angestiegen. Zugleich wurde weniger als eine von zehn angezeigten Straftaten aufgeklärt. Zudem muss von einer hohen Dunkelziffer bei Verbrechen ausgegangen werden, die in den um sich greifenden Bandenkriegen von Jugendgangs in den urbanen Ballungszentren mit starkem Migrantenanteil begangen werden. Reißerisch titelte die Tageszeitung USA Today am 3 April 2018: "Londons Mordrate übersteigt die von New York City". Angriffe mit Messern sind sogar um 30 Prozent gestiegen. Aber zunehmend wurden auch Handfeuerwaffen von der Killern benutzt. Nicht viel anders sieht es in den meisten großen Städten und Ballungszentren des Landes aus.

"Wir schlafwandeln in einen Albtraum", zitierte die britische Tageszeitung The Guardian Mitte Juli dieses Jahres einen Vertreter der Polizeigewerkschaft. Die Zunahme der Kriminalität zeichne ein düsteres Bild der Gesellschaft. Der Polizeibeamte erklärte, dass niemand von dem Anstieg der registrierten Gewaltverbrechen überrascht sein dürfe, wenn zugleich die Zahl der Polizeibeamten wegen Einsparungen auf ein Rekordtief gesunken ist.

Geradezu grotesk ist die Empfehlung, die einer der höchste Richter des Vereinigten Königreichs der Regierung und seinen Kollegen gegeben hat, um die rapide ansteigenden Messermorde im Land zu stoppen. Bei seiner Verabschiedung in den Ruhestand führte der Richter des "Crown Court" Nic Madge einen umständlichen Nachweis, dass die Ursache der angestiegenen Morde mit Stichwaffen darin liege, dass die überall im Land vorhandenen Messer einfach zu spitz und scharf seien.

Aus diesem Grund forderte Richter Madge ein neues Gesetz, und das ist wirklich kein Aprilscherz, das nur noch den Handel mit abgerundeten Messern erlaubt. Zugleich sollten in einer landesweiten Sondermaßnahme in allen privaten Haushalten die Spitzen der großen Küchenmesser abgerundet werden. Die britischen Medien (für eine Übersicht hier klicken) waren voller Berichte über diesen verrückten Vorschlag, der lediglich beweist, dass die ehrwürdigen britischen Richter am "Crown Court" viel früher in Pension geschickt werden sollten.

Eine viel bessere Erklärung für die Explosion der Kriminalität und Verrohung des britischen Gesellschaft gibt David Wilson, Kriminologe an der Birmingham City University in England. Gegenüber dem bereits erwähnten Blatt USA Today nennt er als Gründe für Londons erhöhte Mordrate die zunehmenden Bandenkriege unter Jugendlichen (schwerpunktmäßig mit Migrationshintergrund), schlechte wirtschaftliche Aussichten (was miese Arbeitsbedingungen zu noch schlechterer Entlohnung impliziert), ausgehöhlte Polizeiressourcen und Personalstrukturen infolge einer Reihe von (neoliberal begründeten) Haushaltskürzungen und nicht zuletzt ein Versagen der britischen Justiz, die eine "Null-Toleranz"-Politik ablehnt und mit Nachsicht und kaum spürbaren Strafen - und wenn, dann auf Bewährung - auf relativ geringe Verbrechen reagiert.

Solange das Vereinigte Königreich weiter fest im Griff der neoliberalen Ideologie bleibt, was die Fortsetzung des Rückzugs des Staates aus der gesellschaftlichen Verantwortung bedeutet, wird auch die Kriminalität weiter um sich greifen. Während die Reichen mit privaten Wachdiensten für ihre Sicherheit sorgen, bleibt die Masse der Bevölkerung ungeschützt. Das Vertrauen in die staatlichen Sicherheitsorgane geht dabei verloren, was zu einer Radikalisierung der Gesellschaft mit entsprechenden Selbsthilfemaßnahmen führen wird. Auf diese neue Zeit hat der Londoner Oberbürgermeister Sadiq Khan die Bürger der britischen Metropole bereits mental vorbereitet.

Der bekennende Muslim Khan war 2016 sowohl mit Unterstützung der großen Londoner Migrantengemeinde als auch mithilfe der sogenannten "links"liberalen "No border, no nation"-Fraktion in sein Amt gewählt worden. Vor der Wahl hatte er noch versprochen, "dem Bandenwesen und den Messerattacken" ein Ende zu bereiten. Seither schiebt er die Verantwortung für die wachsende Kriminalität allen anderen zu. Zuvor hatte er bereits die Londoner Bürger dazu aufgefordert, sich als Großstädter daran zu gewöhnen, mit Kriminalität und Terrorismus zu leben. Wörtlich sagte er, dass dies "Teil des Lebens in einer großen Stadt" sei.

Da weder die Erklärungen von Wissenschaftlern wie die des Kriminologen David Wilson noch die Beschwichtigungen von Bürgermeister Khan an den Ursachen der wachsenden Verbrechen etwas ändern werden, muss bald eine neue Deutung dafür her. Der zunehmend verunsicherten Gesellschaft des Vereinigten Königreichs muss erklärt werden, weshalb die herrschenden Eliten diese schreckliche gesellschaftliche Entwicklung nicht stoppen können.

Die Lösung liegt auf der Hand. Sie ist einfach und schlägt viele Fliegen mit einer Klappe. Seltsam ist nur, dass man in London noch nicht darauf gekommen ist: Die Russen sind nämlich an allem schuld! Der böse Putin kann nicht gestoppt werden. Es sei denn, die Regierung ihrer Majestät gäbe mehr Geld für die dringend notwendig Aufrüstung aus. Daher ist es selbstverständlich, dass die Ausgaben für Bildung und Soziales in diesen Krisenzeiten hinten anstehen müssen.

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