Meinung

Skripal-Berichterstattung: Bild handelt sich eine Rüge vom Presserat ein

Die Bild-Zeitung handelt sich für ihre Skripal-Berichterstattung nun tatsächlich eine Rüge vom Presserat ein. Bild ist empört und keilt heftig zurück. Schlecht aussehen lässt den Presserat allerdings eine andere Entscheidung: ein "Freispruch" für den Spiegel.
Skripal-Berichterstattung: Bild handelt sich eine Rüge vom Presserat einQuelle: AFP

von Andreas Richter

Der Deutsche Presserat hat der Bild-Zeitung eine Missbilligung ausgesprochen. Die Zeitung habe mit ihrer am 13. März 2018 online veröffentlichen Überschrift "Nervengift-Anschlag in Europa – Wie weit geht Putin noch?" gegen die journalistische Sorgfaltspflicht verstoßen.

Zwar sei die als Frage formulierte Überschrift formal nicht als Nachricht zu werten, so der Presserat. Sie transportiere aber eine als Tatsachenbehauptung wahrzunehmende Aussage bezüglich der Urheberschaft in Bezug auf den Gift-Anschlag in Großbritannien. Und weiter:

Mindestens in diesem Punkt hätte die Redaktion ihren Lesern auch in der Überschrift deutlich machen müssen, dass die Schuldfrage noch nicht letztgültig geklärt ist. Dass eine offizielle Position der Bundesregierung oder weiterer Staaten anderes nahelegt, ist noch keine ausreichende Grundlage, eine Urheberschaft Russlands zur Tatsache zu erheben.

Bild schäumt. Die Entscheidung des Presserats sei eine "Witz-Entscheidung", so die Zeitung in einem Artikel über den Beschluss des Presserates. Dass dieser die Ausweisung russischer Diplomaten durch 29 westliche Regierungen nicht als Beleg für die angebliche russische Schuld gelten lässt, findet die Zeitung "völlig irre".

Der Bild gehen in ihrer Empörung die Pferde durch: "Verkehrte Welt! Russlands Darstellung der angeblichen Unschuld wird vom Presserat geglaubt, der von 29 demokratischen Staaten nicht", heißt es. Dabei hält der Presserat nur Russlands Schuld für nicht erwiesen, an keiner Stelle ist die Rede davon, dass Russland unschuldig sei. Und was diese 29 demokratischen Staaten so glaubwürdig machen soll, bleibt auch Geheimnis der Bild.

In einem Punkt allerdings muss man der Bild-Zeitung, nun ja, recht geben. Der Entscheidung des Presserates haftet tatsächlich etwas Bizarres an, betrachtet man sie zusammen mit der am selben Tag durch das selbe Gremium gefällten Entscheidung zum Spiegel. Denn in diesem Fall wies der Presserat die Beschwerde des Autors Paul Schreyer gegen den Spiegel-Titel "Todesgrüße aus Moskau" zurück:

Ein Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht gemäß Ziffer 2 des Pressekodex liegt nicht vor. Das Gremium weist darauf hin, dass die Lesart des Beschwerdeführers (…) zwar möglich, aber nicht zwingend ist. (…) Es ist vorliegend davon auszugehen, dass einem durchschnittlich verständigen Leser (…) die interpretationsoffene Gestaltung der Titelseite ausreichend bewusst ist, so dass ein solcher allein aufgrund der Schlagzeile nicht bereits zwingend eine eindeutige Klärung der Schuldfrage entnehmen wird.

"Interpretationsoffen" ist nun nicht unbedingt der Begriff, der sich dem Leser beim Betrachten des Titels als erstes aufdrängt. Im Gegenteil, dieser Titel ist ebenso als Tatsachenbehauptung zu sehen wie die vom Presserat beanstandete Bild-Überschrift. Ein ungerechtfertigter Freispruch für den Spiegel, Beschwerdeführer Paul Schreyer erkennt beim Presserat völlig zu Recht doppelte Standards.

Die vom Presserat ausgesprochene Rüge für die Bild-Zeitung war gerechtfertigt. Die jetzt bekannt gewordenen Entscheidungen zu Bild und Spiegel verdeutlichen aber, dass dieses Gremium an seine Grenzen stößt. Paragraph 1 der Satzung des Presserates nennt als seine Hauptaufgabe das "Ansehen der deutschen Presse" zu wahren. Angesichts der geballten Fehlleistungen der deutschen Presse gerade im Fall Skripal (neben Bild und Spiegel taten sich hier auch die Öffentlich-Rechtlichen Sendeanstalten besonders unrühmlich hervor) muss man einfach feststellen: Das ist schwerlich zu leisten, wenn Presse und Funk ihr Ansehen derartig gründlich selbst ruinieren.

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