Meinung

"Unser Norden ist der Süden" - Bilanz zum zehnjährigen Bestehen des Medienprojektes teleSUR

Anlässlich des zehnten Geburtstages des lateinamerikanischen Fernsehsenders und RT-Kooperationspartners Telesur ziehen viele Beobachter und Beteiligte Bilanz über dessen Arbeit. Angetreten war der Sender unter anderem mit dem Ziel den großen transnationalen Medienkonzernen Paroli zu bieten und eine andere Sicht auf Lateinamerika zu ermöglichen. In zwei Beiträgen bilanzieren Aram Aharonian und Ángel Guerra Cabrera das lateinamerikanische Medienprojekt - mit unterschiedlichen Ergebnissen.
"Unser Norden ist der Süden" - Bilanz zum zehnjährigen Bestehen des Medienprojektes teleSUR

Darüber, ob Telesur den eigenen Ansprüchen gerecht geworden ist, gehen die Meinungen allerdings auseinander. Wir dokumentieren von daher zwei Sichtweisen auf die bisherige Arbeit des Senders.

Der venezolanisch-uruguayische Journalist Aram Aharonian, Mitbegründer von Telesur und ehemals Vizepräsident des Kanals, sieht das "revolutionäre Projekt" in einer Krise. In einem Beitrag, den wir auszugweise auf Deutsch präsentieren, zieht er kritisch Bilanz.

Wesentlich positiver sieht der kubanische Journalist Ángel Guerra Cabrera die Entwicklung des Projekts. Den Sender beschreibt er als "wahrheitsgetreu", "rebellisch" und "sehr lateinamerikanisch".

Telesur: Fragen und Debatten über ein revolutionäres Projekt

Von Aram Aharonian

Telesur ist eines der wichtigsten Projekte in Lateinamerika und der Karibik im vergangenen Jahrzehnt gewesen, vorangebracht von der Bolivarischen Revolution und Präsident Hugo Chávez. Der Sender stellt vielleicht nicht nur in Lateinamerika den ersten ernsthaften Versuch der audiovisuellen Befreiung und medialen Dekolonisierung dar. In seinem ersten Jahrzehnt sind viele Fragen und Debatten über dieses revolutionäre Projekt aufgetaucht und sie haben in den vergangenen Wochen in den Sozialen Netzwerken zugenommen. Wir versuchen hier, sie zu umreißen:

– Telesur entstand als strategisches Projekt mit der Orientierung, der hegemonialen Botschaft des Nordens mittels der Schaffung eines mehrstaatlichen lateinamerikanischen Kanals entgegenzuwirken. Die Idee war, diesem jahrelang von Journalisten und Kulturarbeitern der Region gehegten Traum Gestalt zu geben, das Bild und die Stimme Lateinamerikas der ganzen Welt anzubieten und zugleich die Welt aus einer eigenen Perspektive zu sehen.

– Zum ersten Mal entwickelte sich ein mehrstaatlicher öffentlicher Raum im Fernsehen, um die lateinamerikanische Realität zu verbreiten. Diese Realität wurde von den großen Kommunikationsmedien der entwickelten Länder und auch von den kommerziellen Medien der Region größtenteils unsichtbar gemacht, verdeckt, übergangen oder heruntergespielt.

– In dem (zur hegemonialen Nachricht) alternativen Sender kamen neue Akteure auf den Bildschirm und diejenigen, die viele Jahre lang weder Stimme noch Bild hatten, fingen an, zu informieren und informiert zu sein

– Eine der Grundideen ist, dass Telesur Brücken zwischen den Völkern der Region schlagen könnte. Wie es in einem Dokumentarfilm des Senders heißt: Uns sehen heißt uns kennen, uns kennen heißt uns respektieren, uns respektieren heißt lernen, uns zu lieben und uns lieben ist der erste Schritt zu unserer Integration. Wenn die Integration das Ziel ist, dann ist Telesur das Mittel.

– Das Telesur-Projekt versuchte nicht, ein lateinamerikanisches oder linkes CNN zu machen, sondern das Fernsehen zu revolutionieren. Mit journalistischer Genauigkeit, Wahrhaftigkeit, Qualität und Unterhaltung, Information und Bildung der Bürger. Und mit dem Fernsehprojekt ging einher, was ich noch wichtiger finde: die "lateinamerikanische Fabrik der Inhalte", die neue Inhalte sicherstellt (die von der Voraussetzung ausgehen, uns mit unseren eigenen Augen zu sehen) – für Telesur und alle folgenden Sender. Dieses Projekt ist unbedingt erforderlich! Heute erlauben die Demokratisierungsprozesse der Kommunikation in unseren Ländern die Entstehung neuer Frequenzen … die im allgemeinen die selben Inhalte des Feindes wiederholen.

– Die Vorbereitungsdokumente des mehrstaatlichen Senders befassten sich mit der (vielseitigen, vielfältigen) Identität der Lateinamerikaner und stellten einige Besonderheiten fest: die Lässigkeit des Lateinamerikaners, sein umgangssprachlicher Gebrauch der Sprache und sein schräger Sinn für Humor.

– Telesur beweist, dass wir sehr wohl einen Sender mit großer Reichweite machen können, der unsere Eigenarten, unsere Realitäten, Kämpfe und Sehnsüchte zeigt. Der uns zeigt wie wir sind, in der ganzen Unermesslichkeit der ethnischen und kulturellen Verschiedenheit, in der ganzen Vielfältigkeit der Region. Leider wurde die Reichweite von Telesur dadurch begrenzt, dass er ein Satellitenkanal ist und weil entschieden wurde, dass er im Wesentlichen ein Informationsprogramm ist: Sein Zugang, der massiv zu werden drohte, wurde dadurch und vielleicht auch durch das Desinteresse oder mangelndes Bewußtsein, sie zu lösen, eingeschränkt.

– Wer sich am meisten an diese alternativen Nachrichten anpassen musste, war das spanische CNN. Dieser Kanal musste nach mehr als zehn Jahren des Verdeckens und Unsichtbarmachens von Schwarzen, Indigenen und sozialen Bewegungen anfangen, seine Agenda zu ändern, weil er nicht länger der Übermittler der einzigen Botschaft war (so übertrug CNN die indigene Zeremonie zur Amtseinführung von Evo Morales und konnte weder die Staatsstreiche in Honduras noch in Paraguay ignorieren etc.).

– Ein Telesur-Mitarbeiter wies darauf hin, dass der Sender mehr als 460 Millionen Zuschauer haben könnte … potenziell. Es ist schwierig (weil er über Kabel gesendet wird), die reale Anzahl der Menschen zu kennen, die einen Kanal sehen, der, weil er im Wesentlichen nachrichtlich ist, leicht zum Zapping-Opfer wird und kaum anfällig ist für ständige Loyalitäten, über die politisch Überzeugten und diejenigen hinaus, die ein bestimmtes Programm anschauen. Telesur wird in Venezuela über vier UHF-Kanäle gesendet, über fünf in Ecuador, über 13 Satelliten- und ein rundes Dutzend Kabelkanäle. Manchmal kommt er über transnationale Dienste per Abonnement.

– Mehrere Journalisten von Telesur haben auf Folgendes hingewiesen: a) es fehlt an Überzeugung, was Demokratisierung bedeutet, wie die Demokratisierung des Wortes und des Bildes sicherzustellen ist, so dass alle Protagonisten sind, ohne Notwendigkeit von Vermittlern; b) eine informative Agenda reagiert auf die von den hegemonialen Medien geschaffene (und ist damit abhängig von der Agenda des Feindes); c) wenn der größte Teil der Bilder in den Nachrichtensendungen von den transnationalen der Information produziert werden, können nur schwer Bilder der Ereignisse gezeigt werden, die unsere Völker, unsere Bewegungen einbeziehen; d) man zieht vor, weiterhin über die Präsidenten zu berichten, aber nicht im gleihen Maße über unsere Völker; e) der Sender müsste dazu dienen, die Erinnerung unserer Völker zu bewahren, nicht nur mit nostalgischen oder klagenden Dokumentarfilmen, sondern um zu wissen, welche Richtung wir einschlagen. Ein Volk, das nicht weiß, wo es herkommt, weiß schwerlich, wohin es geht.

– Oft wird aus dem Blick verloren, wer die Subjekte, die Protagonisten unserer Geschichten sein sollen. Und in der verrückten Idee des Wettbewerbs (in einer kapitalistische Dynamik), folgt man der Informationsagenda der hegemonialen Medien. Es sollten nicht nur die Anführer der sozialen Bewegungen interviewt, sondern ihr Kampf erläutert werden. Den wirklichen Protagonisten Stimme und Bild geben, ein demokratisches Fernsehen machen, in dem sich alle ausdrücken können, nicht nur die Repräsentanten. Wo die Leute sich mit den Geschichten identifizieren, die erzählt werden. Ein protagonistisches Volksfernsehen, sagte Chávez.

– Telesur wendet nicht seine eigene Formel an, uns mit unseren eigenen Augen zu sehen um Abbild, Spiegel unserer Menschen zu sein, und ahmt weiterhin das angelsächsische Format des Outfits und des Diskurses nach. Im Gegensatz dazu kommen heute die Moderatoren von CNN hemdsärmlig daher, bringen die Information im Plauderstil und erlauben sich sogar den Luxus eines humorvollen Tones. So rettet CNN unsere Untersuchung über die Lässigkeit des Lateinamerikaners, den umgangssprachlichen Gebrauch der Sprache und seinen Sinn für Humor ...

– Viele "Experten" kamen, um ihre Beratung anzubieten (vielleicht angezogen von der Möglichkeit, an Petrodollars ranzukommen), aber fast immer mit der Idee, dass alternative Kommunikation marginale Kommunikation bedeutet. Und worauf Telesur setzte, war, die Nachrichten massiv zu verbreiten, damit sie die großen Mehrheiten erreichen. Die Hegemonie streitig machen. Manche kamen mit guten Absichten, andere um zu verhindern, dass das Projekt Realität wird. Vielleicht glaubten sie, dass das, was sie in Europa nicht machen können, nicht wissen oder nicht wollen, in diesen unterentwickelten Ländern nicht gemacht werden sollte … Der Druck auf Chávez war groß. Und jetzt auf Maduro.

– Ein Berater-Komitee mit interessanten Vorschlägen wurde aufgelöst, um Beratern und Ausbildern kommerzieller europäischer Unternehmen Platz zu machen, mit enormen Kosten und Verlust des realen Sinnes des Senders.

– Zweifellos kann der Prozess der Digitalisierung des Fernsehens in unseren Ländern helfen, dass Telesur in die Plattformen des Digitalfernsehens einbezogen wird. Der Kanal könnte so mehr Zuschauer gewinnen. Aber es wäre wichtiger, dass die neuen Kanäle über die Inhalte von Telesur (und vieler anderer Sender der Region) verfügen um sie zu verbreiten, und so die kapitalistischen Zäune der Übertragungsrechte überwinden. Und dass Telesur diesen sich bildenden audiovisuellen Pool nutzt, um sich, wie es vorgesehen war, in ein wichtiges Fenster zur Verbreitung lateinamerikanisch-karibischer Inhalte zu verwandeln.

– Telesur ist keine Kette, wie die hegemomialen Medien gerne sagen, es ist ein Sender, der einem lateinamerikanischen Staatsbetrieb gleicht, der bürokratisiert wurde, indem er darauf bestand, Modelle zu kopieren, das Berater-Komitee durch die kostspielige Beratung europäischer kapitalistischer Unternehmen zu ersetzen und die redaktionelle Linie mit Parolen zu verwechseln.

– Auch wurde das Team, das anfangs gebildet wurde und von Telesur-Mystik erfüllt war, aufgelöst und ersetzt durch Profis von Privatmedien, die ihre Kultur, ihre Unarten und ihr Desinteresse für das Projekt mitbrachten.

– Die "Angst", dass Telesur sich in ein Propaganda-Medium verwandelt, gab es von Anfang an, als wir das geplante Projekt bei verschiedenen Foren vorstellten. Der Kongressabgeordnete der Republikaner für Florida, Connie Mack, hat es gewagt, Telesur als "Bedrohung für die USA" zu qualifizieren, denn, laut ihm "versucht der Sender, das Machtgleichgewicht in der Region zu kippen" - das war noch vor der ersten Sendung. Und das Repräsentantenhaus autorisierte am 20. Juli 2005 die US-Regierung "Radio- und TV-Übertragungen zu starten, die den Venezolanern eine Quelle genauer, objektiver und vollständiger Nachrichten bieten". Sie demonstrierten damit eine ungeheure koloniale Arroganz.

– Offensichtlich gab das ursprüngliche Projekt keinen Raum, dass es zu einem Propagandakanal werden konnte, noch diente es der politischen Agenda einer Regierung. Aber gefangen im Syndrom der Belagerung hat seine Leitung zweifellos nicht ausgewogen über jedes Land der Region informiert und oftmals war es mehr ein Kanal Venezuelas für das Ausland als ein lateinamerikanischer Sender.

– Jedes Medium hat eine redaktionelle Linie, sei es staatlich, öffentlich, privat, oder kommunitär. Kein Medium ist objektiv, unparteiisch oder neutral, auch wenn es oft so tut, sich als objektiv tarnt, um seine politischen, wirtschaftlichen und/oder religiösen Interessen aufzudrücken. Telesur hat auch seine sehr wohl definierte redaktionelle Linie, aber versteht nicht gut, was die "Schlacht der Ideen" bedeutet. Oftmals erscheint es parolenhafter, propagandistischer als es sein sollte. In jedem Medium entscheiden die Chefs über welche Themen berichtet wird, welche die Schwerpunkte und die Quellen sind, die genutzt werden. Es gibt nicht allzuviele Möglichkeiten, andere Themen vorzuschlagen, wenn die Agenda keine eigene, sondern in erster Linie reaktiv und gegen die hegemoniale Agenda gerichtet ist.

– Es gibt nicht nur eine einzige Sichtweise, eine einzige Lesart. Aber es gibt eine Entscheidung, Lateinmamerika mit lateinamerikanischen Augen zu sehen, die Prozesse sichtbar zu machen, die unsere Völker erlebten (und erleben), die Information zu kontextualisieren, einen anderen – anti-hegemonialen – Blick zu haben als die kommerziellen Medien, die europäischen und US-amerikanischen TV-Sender und Agenturen, als die Einheitsnachricht und das Einheitsbild – auf dem Weg, eine neue Hegemonie zu schaffen, wie Antonio Gramsci vorgeschlagen hat. Leider ist der internationale Diskurs voller Losungen und Tiefschläge gegen den Sinngehalt und es mangelt an Rationalität. Auch mandelt es an Diskussionen von Ideen, an der Schaffung neuer Subjektivitäten und Vorstellungen, die beim Aufbau neuer Demokratien und Gesellschaften helfen.

– Jahrzehntelang haben wir lateinamerikanische Nationalisten und/oder Linken uns der ständigen Anklage gewidmet. Wir haben Doktorwürden in Anklagerei und Heulerei erlangt. Selten haben wir Alternativen zu den Auflagen der neoliberalen Regimes aufgezeigt. Wir haben uns damit zufrieden gegeben, anzuklagen und die Opferrolle anzunehmen. Das ändert sich seit einigen Jahren. Jetzt wird der Bürger in vielen unserer Länder zum Subjekt (statt zum Objekt) der Politik, er ist sich seiner Rechte bewusst und begreift die Notwendigkeit, von der Etappe von mehr als 520 Jahren des Widerstands überzugehen in die Etappe des Aufbaus neuer Gesellschaften, die auf der partizipativen Demokratie basieren, in der der Bürger Protagonist ist.

– Und der Fehler ist, eben diese Realitäten nicht darzustellen. Es gibt viel zu informieren über das, was wir tun, planen, träumen. Es ist dringend notwendig, eine eigene informative und poltische Agenda umzusetzen, ohne Zeit damit zu verlieren, ständig auf die Kampagnen des Feindes zu reagieren. Reaktiv zu sein statt proaktiv gibt dem Feind enorme Vorteile, der die Themen und Spielregeln diktiert. Reaktiv zu sein heißt Komplize des Feindes zu sein.

Der vollständige Beitrag ist bei Alai erschienen

 

Telesur, ein wahrheitsgetreuer, rebellischer, sehr lateinamerikanischer Sender

Von Ángel Guerra Cabrera

Als Telesur im Juli 2005, also vor zehn Jahren, auf Sendung ging, war das ein klarer Ausdruck des Windes der Rebellion, der Unabhängigkeit, Einheit und Integration, der gleich einem Hurrikan südlich des Rio Bravo blies. Die Gründung des Senders war zugleich eine dringende Notwendigkeit der neuen Epoche. Diese Epoche war in unserem Amerika mit der Verstärkung der sozialen Kämpfe und eines kritischen Denkens eröffnet worden, die ihre Wurzeln in der reichen historischen und kulturellen Tradition von Jahrhunderten haben. Diese Traditionen wurden nun wiederbelebt.

Telesur sollte zum Mittel der bis dahin nicht existierenden Kommunikation werden, die diese Realitäten in unserer Region und der Welt bekannt macht. Zugleich sollte der platte, kriecherische und verlogene Diskurs der neoliberalen Globalisierung bekämpft werden, der von einer Handvoll gigantischer multimedialer Konsortien weltweit verbreitet wird. Ihre fünf regionalen Klone (Televisa, Clarín, El Tiempo, El Mercurio) sind allesamt Komplizen des internationalen Finanzkapitals und vor allem des US-amerikanisch geprägten Einheitsdenkens, das aufgezwungen werden soll.

Bedeutende Volksbewegungen, massive Aufstände wie der Caracazo (1989) und die indigene Rebellion in Chiapas (1994) brachen gegen die Politiken des Washingtoner Konsens seit Ende der 1980er Jahre in Lateinamerika und der Karibik los. Schon in den 90er Jahren schafften sie es in einigen ihrer Länder, ein neues Aufgebot von Anführern in die Präsidentschaft zu bringen.

Auch wenn Männer und Frauen mit sehr wertvollen Führungsqualitäten zu dieser Gruppe gehören, ragt unter ihnen Hugo Chávez heraus - durch seinen einzigartigen Elan, seine unerschöpfliche Energie, Kühnheit, strategische Vision und die Fähigkeit, Initiativen zu schaffen und sowohl in seinem Land als auch auf regionaler und internationaler Ebene Bündnisse zu schmieden.

Genau auf Initiative und mit der ganzen Unterstützung des Comandante Chávez wurde Telesur als mehrstaatlicher lateinamerikanisch-karibischer Sender geboren - vier Monate vor der Niederlage von Alca in Mar del Plata, dem Wendepunkt des Kampfes für die zweite Unabhängigkeit unserer Völker. Aktuell, bereits als multimediale Plattform, gehören Argentinien, Bolivien, Kuba, Ecuador, Nicaragua, Urugay und Venezuela dazu. Das Motto war bereits von Beginn an "Unser Norden ist der Süden", damit wird nicht nur die Eigenschaft als Stimme der Kämpfe, der Kultur und der Geschichte Lateinamerikas und der Karibik unterstrichnen, sondern der aller Völker der Erde, wenn auch besonders die der sogenannten dritten Welt.

Es ist lehrreich festzustellen, wie der Sender mit einer kleinen Belegschaft motivierter, kreativer Personen und einer klugen Leitung (seit 2011 in den Händen von Patricia Villegas), mit mehr Willen und politischer Entschlossenheit als materiellen und technischen Mitteln, dieses ursprüngliche Motto mit immer größerer Wirksamkeit umgesetzt hat. Dabei kommt mir "Radio Habana Cuba" in den Sinn, das unter vergleichbaren Bedingungen entstand, um ähnliche Notwendigkeiten zu erfüllen, und das ich als sein Vorbild betrachte. Man muss auch unterstreichen, dass Telesur einen großen Teil der wertvollsten und engagiertesten Intellektuellen unserer Region und anderer Breiten als freiwillige Mitarbeiter um sich versammelt hat. Der Sender genießt Anerkennung und hat die Fähigkeit, dies noch zu erweitern. Es fehlt noch an Beteiligung von mehr Personen aus der Karibik, einschließlich der englisch- und französischsprachigen Staaten, deren Kulturen so wichtig sind für die Bildung der Identität Unseres Amerika.

Wenn ich nach einen Moment gefragt würde, in dem der Sender wie eine Sonne gestrahlt hat, würde ich auf die außergewöhnliche nachrichtliche Berichterstattung über den Putsch in Honduras gegen Präsident Manuel Zelaya (2009) und den Volkswiderstand dagegen hinweisen. Sie verhinderte, dass die hegemonialen Medien – wie es ihre Gewohnheit war – ihre Erzählweise über dieses so wichtige Ereignis aufzwangen. Auf andere Ereignisse, wie den nachfolgenden parlamentarischen Putsch in Paraguay gegen Präsident Fernando Lugo und die alten und neuen versuchten Staatsstreiche gegen die Präsidenten Evo Morales und Rafael Correa, die schwerwiegenden Akte der Destabilisierung gegen die Regierungen von Argentinien und Brasilien, auch wie über den Friedensprozess in Kolumbien, erhielten und erhalten die Telesur-Zuschauer ebenso einen anderen Blick. Dies zwingt zum ersten Mal Medien wie den spanischen CNN dazu, weniger schräg zu informieren, wenn auch nicht weniger banal, denn das liegt irreparabel in seinen Genen. In den vergangenen zwei Jahren sticht die sehr genaue Information über den schwierigen und komplexen Kampf des chavistischen und bolivarianischen Venezuela mit Präsident Maduro an der Spitze hervor, das durch den Wirtschaftskrieg und an allen Fronten angegriffen wird.

Was Kuba betrifft hat Telesur fortlaufend berichtet. Das hat uns ermöglicht, die entschiedene und hervorragende Führung von Raúl Castro in einer neuen Phase der Kubanischen Revolution wahrzunehmen und über den durchdringenden Blick von Fidel auf die Welt von Heute auf dem Laufenden zu sein. Auch viele andere Seiten der kubanischen Realität, die von der Medienmafia verschwiegen oder verdreht werden, können wir so verfolgen.

Ereignisse wie die Entstehung und Weiterentwicklung von Alba, Unasur, Celac und Petrocaribe, die sogenannten Amerikagipfel, die herausragende Arbeit über die imperialistischen Interventionen in Libyen und Syrien, die Berichte über die Bewegung Occupy Wall Street, die massiven Proteste gegen die Polizeimorde an Afroamerikanern in den USA, die imperialistische Intervention in der Ukraine und der würdige Kampf des griechischen Volkes gegen die Finanzdiktatur der deutschen Banken hinter dem Gesicht von Frau Merkel und den Kürzeln der Europäischen Union – all dies wäre ohne die wahrheitsgetreue Berichterstattung von Telesur entweder gar nicht oder nur in verzerrten Versionen zu den Zuschauern gekommen. Ebenfalls von großer Bedeutung ist die Abdeckung der Außenpolitik Chinas und Russlands und des Denkens und der Handlungen ihrer politischen

 

Führer Xi Jinping und Wladimir Putin sowie der Brics im Allgemeinen gewesen. Über dies alles berichtet in Übereinstimmung mit dem beschleunigten Übergang von der Unipolarität zur aktuellen multipolarigen Welt. In diesem Kontext steht Telesur nicht allein. Es sind großartige ähnliche Initiativen alternativer Information entstanden, wie das russische RT, das chinesische CCTV oder das iranische Hispan TV.

Derart latino-karibisch verwurzelte Initiativen von hoher professioneller Qualität und internationaler Wirkung wie das Programm "De Zurda"8, meisterhaft geleitet von Víctor Hugo Morales und mit der unersetzlichen Beteiligung von Diego Armando Maradona, sind denkwürdig. Ebenso die in Argentinien produzierten Programme über die lateinamerikanische Kultur und die Dokumentarfilmreihe. Unter ihnen ragen die Filme von Oliver Stone und Roberto Chile über Hugo Chávez heraus, aber es ist schon eine Produktion von einer solchen Vielfalt und Qualität, dass sie eine gesonderte Würdigung verdient und das ist nicht Gegenstand dieses Beitrages.

Die Dokumentarfilme von Paco Ignacio Taibo über lateinamerikanische und karibische soziale und revolutionäre Kämpfer sind von hoher filmischer und inhaltlicher Qualität. Auf diese Weise hat Telesur bereits ein Filmgut geschaffen, das zu Material von großem Wert für die Zuschauer und auch unverzichtbar für die Universitätslehre geworden ist.

Zehn Jahre, die nicht fruchtbarer hätten sein können. Die Ankündigung vieler weiterer Jahre, in denen die sehr komplexe Weltkonjunktur und die schweren Kämpfe Unseres Amerika in der Verteidigung seiner Souveränität und Einheit und des "Buen Vivir" von unserem Sender fordern, seine Anstrengungen zu verdoppeln.

Dieser Beitrag erschien bei Cubadebate

Dieser Artikel ist zuerst auf amerika21.de erschienen. Er wird im Rahmen einer Content-Partnerschaft auf rtdeutsch.com publiziert.

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