Meinung

Taiwans Präsidentin in den USA: Dieser Besuch wird nur Chaos bescheren

Die Präsidentin Taiwans beschleunigt den Untergang ihres eigenen Traums von der Unabhängigkeit der Insel von China. Letztendlich wird der Besuch von Tsai Ing-wen in den USA für niemanden positive Ergebnisse bringen.
Taiwans Präsidentin in den USA: Dieser Besuch wird nur Chaos bescheren© AP Photo/Yuki Iwamura

Von Bradley Blankenship

Die taiwanesische Staatschefin Tsai Ing-wen reiste am vergangenen Mittwoch zu Besuchen in Guatemala und Belize ab, buchte jedoch auch Zwischenhalte in New York und Los Angeles. Dies geschieht zu einer Zeit, zu der eine andere zentralamerikanische Nation, Honduras, die diplomatische Beziehungen zur Volksrepublik China, das heißt zu Festlandchina, aufgenommen hat und die sogenannte Republik China – der offizielle Name, der de facto für die Insel verwendet wird – diplomatisch fallen ließ. Damit bleiben nur noch 13 von 193 UN-Mitgliedsstaaten, die Taiwan als souveräne Nation anerkennen.

Gerüchte, Tsai könnte sich mit dem Sprecher des US-Repräsentantenhauses Kevin McCarthy in Kalifornien treffen, wurden von Peking scharf kritisiert. Zhu Fenglian, Sprecherin des Büros für Taiwan-Angelegenheiten in Peking, erklärte: "Wenn Tsai mit dem Sprecher des US-Repräsentantenhauses McCarthy zusammenkommt, wird dies eine weitere Provokation sein, die ernsthaft gegen das Ein-China-Prinzip verstößt, Chinas Souveränität und territoriale Integrität untergräbt und den Frieden und die Stabilität in der Straße von Taiwan gefährdet."

Darüber hinaus haben die jüngsten Reisen parlamentarischer Delegationen aus Tschechien und Deutschland nach Taiwan in China Empörung ausgelöst, während der Besuch von Nancy Pelosi in Taipeh vom vergangenen Jahr noch frisch in Erinnerung ist. Während des Besuchs der ehemaligen Sprecherin des US-Repräsentantenhauses führte China eine groß angelegte militärische Übung durch, mit der praktisch die gesamte Insel umzingelt wurde. Und in den Tagen unmittelbar nach der Abreise Pelosis drang China in von Taiwan beanspruchte Hoheitsgewässer ein.

In seiner offiziellen Reaktion brach Peking verschiedene Kanäle des Dialogs und der Zusammenarbeit mit Washington ab, einschließlich der Klimagespräche, die zwischen den beiden großen Volkswirtschaften im Gange waren. China sah im Besuch Pelosis im Grunde nicht die boshafte Handlung einer unabhängigen US-Regierungsgewalt – der Legislative –, sondern eine direkte Stellungnahme der Bundesregierung. Peking war der Ansicht, die Regierung von Präsident Joe Biden hätte eingreifen können, um die provokative Reise Pelosis zu unterbinden, hat sich jedoch dagegen entschieden.

Selbst wenn McCarthy ein Republikaner ist und Biden Demokrat, hat China immer noch das Gefühl, dass Biden die Macht hätte, ein Treffen mit Tsai zu verhindern. Immerhin ist er der oberste "Honcho", der Präsident der Vereinigten Staaten. Wenn das Treffen von Tsai mit McCarthy stattfinden sollte, dann wird Peking wahrscheinlich das Tempo beschleunigen, mit dem es in Taiwans diplomatischen Beziehungen "wildert" und somit die Führung von Tsais Demokratischer Fortschrittspartei (DPP) weiter isolieren.

Wie wir im Fall Honduras gesehen haben, das seine diplomatischen Beziehungen von Taipeh nach Peking verlagerte, und auch bei Nicaragua, das zusammen mit Peking ein Freihandelsabkommen formuliert hat, brauchen die zentralamerikanischen Länder wirtschaftliche Mittel, um sich zu entwickeln. Aus reiner Notwendigkeit könnten Länder wie Guatemala, Belize und sogar Haiti in naher Zukunft bereit sein, sich Peking zuzuwenden – oder sich wünschen, sie hätten dies getan, bevor sie das taiwanesische Oberhaupt empfangen haben. Meiner Meinung nach ist die Aufregung über die Besuche von Tsai in den oben genannten Ländern vielleicht etwas zu dramatisch, gemessen an den Ergebnissen, die diese Treffen liefern werden.

Peking hat immer noch die Möglichkeit, Washington dort zu treffen, wo es am meisten wehtut – im Wirtschafts- und Handelsbereich –, indem es die US-Lieferketten stört, die stark mit China verzahnt sind. Diese Option war schon immer auf dem Tisch, wurde aber nicht einmal dann genutzt, als Pelosi Taiwan besuchte, denn es würde auch China schaden. Aber wenn Peking das Gefühl hat, weit genug gedrängt worden zu sein, bleibt ein solcher Schritt nicht außerhalb des Bereichs des Möglichen.

Die meisten US-Amerikaner könnten Taiwan nicht auf einer Weltkarte finden, daher ist es höchst unwahrscheinlich, dass die meisten von ihnen wissen, wer Tsai ist. Sie ist jedoch eine zutiefst polarisierende Figur für Menschen mit etwas politischem Feingefühl, und deshalb wird ihr Besuch wahrscheinlich nicht auf allgemeine Zustimmung stoßen. Stattdessen wird er viele nur noch wütender machen, noch mehr spalten und Zwietracht sähen. Ein flüchtiger Blick auf die US-Politik der vergangenen Jahre zeigt, dass dies derzeit nicht das ist, was die USA brauchen. Und tatsächlich wurde vor dem Hotel von Tsai in New York ein großer Protest inszeniert.

Letztendlich wird der Aufenthalt des taiwanesischen Oberhaupts in den USA für niemanden positive Ergebnisse bringen. Tatsächlich wird er wahrscheinlich den Niedergang der verbleibenden diplomatischen Deckung der Insel beschleunigen und gleichzeitig die USA und ihre Bevölkerung in Mitleidenschaft ziehen. Tsai, die Agentin des Chaos, geht einfach auf eine Reise der Eitelkeit, während sie damit den Untergang ihres Traums von der "Unabhängigkeit Taiwans" beschleunigt. Und es scheint auch, dass politische Gruppen in Taiwan eine ähnliche Ansicht vertreten.

Übersetzt aus dem Englischen.

Bradley Blankenship ist ein in Prag lebender US-Journalist, Kolumnist und politischer Kommentator. Er hat eine Kolumne bei CGTN und ist freiberuflicher Reporter für internationale Nachrichtenagenturen, darunter die Nachrichtenagentur Xinhua. Er twittert unter @BradBlank_.

Mehr zum Thema Taiwan verliert weiteren Verbündeten: Honduras will diplomatische Beziehungen zu China aufnehmen

RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.