Meinung

Das erzwungene Ende von RT DE Productions zeigt die Angst der EU vor alternativen Ansichten

RT DE und seine in Berlin ansässige Produktionsfirma RT DE Productions bezogen keine parteipolitische Positionen zu innenpolitischen Themen. Sie informierten ihr Publikum umfassend und gaben auch alternativen Meinungen eine Tribüne. Genau das störte das Propagandamonopol des politischen Establishments der EU.
Das erzwungene Ende von RT DE Productions zeigt die Angst der EU vor alternativen Ansichten

Von Andrew Korybko

Das neunte antirussische Sanktionspaket der EU hat das Unternehmen RT DE Productions, das Inhalte für RT DE liefert, gezwungen, seine Aktivitäten in der EU einzustellen. Diese Entwicklung ist ein Schlag für den unabhängigen Journalismus in Deutschland. RT DE wird vermutlich weiterhin von Moskau aus operieren, aber das Fehlen einer Präsenz vor Ort in Deutschland wird seine Arbeit erschweren.

In diesem Zusammenhang sollten Beobachter bedenken, dass der deutschsprachige Kanal von RT seine englischen und anderen Pendants ergänzt. Er verbreitet alternative – nicht dem Mainstream entsprechende – Inhalte, die das Publikum dazu bringen sollen, "mehr zu hinterfragen", wie es in seinem Motto heißt. Indem sie RT DE Productions zur Schließung zwingt, festigt die EU ihre Kontrolle über die Berichterstattung zu heiklen Themen wie dem Ukraine-Konflikt. Das folgt dem Trend, dass sich der globale Westen unter Führung der USA vor unseren Augen in eine "liberale" Diktatur verwandelt.

Die Rede- und Pressefreiheit, die als einer der wertvollsten westlichen Werte überhaupt gepriesen wird, wird im westlichen Block nur selektiv geschützt, nämlich dann und nur dann, wenn es "politisch opportun" ist. In den Fällen, in denen die geteilten Informationen und Ansichten dem "offiziellen Narrativ" zuwiderlaufen, haben Journalisten es zunehmend schwer, ihre Arbeit zu verrichten. Die Reichweite ihrer Inhalte wird eingeschränkt, und/oder sie werden gezwungen, ganz zu schließen.

Alle, die in Deutschland die Inhalte von RT DE konsumieren, machen dies als mündige Bürger und freiwillig, weil sie ihr Spektrum an Quellen zum besseren Verständnis des Ukraine-Konflikts und anderer sensibler Themen erweitern wollen. Niemand zwang sie je zum Besuch der RT-Webseite oder zum Anschauen von RT-Videos. Das neunte EU-Sanktionspaket ist auch eine Strafe für deutsche Freidenker.

Da Deutschland das bei Weitem mächtigste Land der EU ist, hat das deutsche Volk das Potenzial, über seine demokratischen Prozesse bedeutende Veränderungen auf dem gesamten Kontinent herbeizuführen. Es muss dazu Kandidaten wählen, die den die Welt bereits durchdringenden Geist des Wandels verkörpern. Darin liegt der unausgesprochene Grund, warum das deutsche politische Establishment versucht, RT DE zum Verstummen zu bringen. Es befürchtet, dass ein gesteigertes Bewusstsein im Volk allmählich zu weitreichenden Veränderungen führen könnte.

Weder RT DE Productions noch RT DE nahmen parteipolitische Positionen zu innenpolitischen Themen Deutschlands ein. Sie informierten und informieren ihr Publikum der journalistischen Pflicht folgend umfassend und klammern dabei – anders als der mediale Mainstream – alternative Analysen der Ereignisse nicht aus. Das deutsche politische Establishment fühlt sich sehr unwohl dabei, da vollständige Berichterstattung und eine freie Debatte die Konsolidierung seiner Macht und die angestrebte Verwandlung der EU in eine liberale Diktatur bedroht. 

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock schwor Ende August letzten Jahres:

"Wenn ich den Menschen in der Ukraine das Versprechen gebe: 'Wir stehen zu euch, solange ihr uns braucht' – dann will ich das auch halten. Egal, was meine deutschen Wähler denken, aber ich will den Menschen in der Ukraine liefern."

Diese Erklärung war der bisher deutlichste Beweis für die Entwicklung der EU unter deutscher Führung zu einer "liberalen" Diktatur.

Wenige Monate später folgte Bundeskanzler Olaf Scholz mit einem inoffiziellen Manifest in der Zeitschrift Foreign Affairs. In seinem Artikel "Die globale Zeitenwende: Wie sich ein neuer Kalter Krieg in der multipolaren Ära vermeiden lässt" schlug der deutsche Regierungschef vor, das Vetorecht der EU-Mitgliedsstaaten bei der Abstimmung außenpolitischer Maßnahmen abzuschaffen.  Deutschland führt den Block an, der jeden politischen Widerstand von Ländern wie Ungarn und Polen in der EU neutralisieren will.

Diese Äußerungen von Baerbock und Scholz, die unterschiedliche Ebenen der geplanten Diktatur Deutschlands repräsentieren, fügen der Soft-Power-Konsequenz des neunten Sanktionspakets im Zusammenhang mit der erzwungenen Schließung von RT DE Productions einen entscheidenden Kontext hinzu. Indem das deutsche politische Establishment den Betrieb von RT DE unmöglich macht, hofft es, den organischen Anstieg der Gegenbewegung zu diesem beunruhigenden Trend zu bremsen.

Die EU hatte zwar immer schon Züge einer "liberalen" Diktatur, aber sie zeigten sich bis vor Kurzem nicht so offen und totalitär. Als Russland im Februar 2022 seine militärische Spezialoperation in der Ukraine begann, nachdem die NATO die Integrität seiner nationalen Sicherheitslinien dort verletzt hatte, begann eine neue Phase des geopolitischen Ukraine-Konflikts. Das hat das diktatorisch orientierte Establishment Deutschlands und der EU opportunistisch ausgenutzt, um sein davon unabhängiges und schon lange erträumtes Szenario beschleunigt umzusetzen.

Die falschen Vorwände der nationalen Sicherheit, die die EU-Anführer angesichts ihrer konsequenten Angstmacherei vor Russland künstlich fabrizierten, dienen dazu, die Massen zu manipulieren. So will man eine stillschweigende Zustimmung des Volkes zu etwas erlangen, dem es sonst nur ungern zugestimmt hätte. Eine zunehmende Zahl von Menschen fing in den letzten Monaten an, dieses Spiel zu durchschauen und zu erkennen, dass sie von den Eliten gegen ihre objektiven gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Interessen an der Nase herumgeführt wird. Die Augen öffneten sich nicht zuletzt dank alternativer Informationsquellen wie RT DE

Die USA haben ihre zuvor schwindende unipolare Hegemonie über die EU auf Kosten des gesamten Blocks erfolgreich restauriert. Die europäische Wirtschaftskrise, die durch die Umsetzung des von Washington vorgeschriebenen antirussischen Sanktionskurses verursacht wurde, hält die Europäer im US-amerikanischen Lager. Die New York Times gab es kürzlich zu: Während das Wirtschaftswachstum der USA in den letzten drei Monaten des Jahres 2022 mit 2,9 Prozent höher ausfiel als erwartet, droht der EU 2023 eine schwere Rezession.

Dass die russische und die US-amerikanische Wirtschaft wachsen, während die Hälfte der EU voraussichtlich in eine Rezession abrutschen wird, ist eine objektive Tatsache, die nicht lange verschwiegen werden kann. Ihr Bekanntwerden könnte dazu führen, dass mehr Europäer und insbesondere Deutsche bei den nächsten Wahlen alternative politische Kräfte unterstützen. Dem versuchen die deutschen und europäischen Machthaber zuvorzukommen, unter anderem, indem sie RT DE Productions zur Schließung zwingen.

Sie verrechnen sich jedoch vermutlich: Die Büchse der Pandora haben sie selbst geöffnet, gegen die eigenen Interessen, indem sie den Forderungen aus Washington nach antirussischen Sanktionen nachkamen. Die politischen Trends sind in Gang gesetzt, die Räder des Uhrwerks lassen sich nicht mehr stoppen. Die Schließung von RT DE Productions kann allenfalls das Tempo der Prozesse reduzieren, aufhalten kann sie sie jedoch nicht: Die Prozesse sind unumkehrbar und werden unweigerlich zu Veränderungen führen.

Andrew Korybko ist ein in Moskau ansässiger US-Politologe, der sich auf die US-Strategie in Afrika und Eurasien sowie auf Chinas Belt-and-Road-Initiative, Russlands geopolitischen Balanceakt und hybride Kriegsführung spezialisiert hat. Seine Analysen erscheinen regelmäßig auf RT DE. Die vorliegende, aus dem Englischen übersetzte Stellungnahme zum angekündigten Ende der Produktionsfirma von RT DE ist in seinem Blog erschienen. 

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