Meinung

Macron verkauft die Franzosen an Harris – und Washington gewinnt erneut

US-Vizepräsidentin Kamala Harris stattete dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron vergangene Woche einen Besuch im Élysée-Palast ab, um die Interessen ihrer jeweiligen Bürger auf dem Altar des von Washington diktierten Globalismus zu opfern.
Macron verkauft die Franzosen an Harris – und Washington gewinnt erneutQuelle: AFP © Ludovic Marin

Ein Kommentar von Rachel Marsden

Sollen die Franzosen einfach die Tatsache vergessen, dass die USA jetzt der ultimative Nutznießer sind, einer kürzlichen Aufkündigung eines 56 Milliarden Euro schweren Rüstungsvertrags, der mit einer Laufzeit von 50 Jahren zwischen Frankreich und Australien vereinbart worden war – alles nur, weil Joe Biden eingestanden hat, dass die Angelegenheit etwas "ungeschickt" war?

Vergangene Woche nahm Kamala Harris am Pariser Friedensforum teil, das im Jahr 2018 von Präsident Emmanuel Macron ins Leben gerufen wurde. Ein Großteil der westlichen Presse zeigten Harris und Macron lächelnd beim Fototermin vor dem Präsidentenpalast. Sie stellten Frankreichs versenktes U-Boot-Geschäft mit Australien, in das sich die USA kurzerhand dazwischen drängte, als einen kurzen, heftigen Platzregen dar, der mittlerweile weitergezogen ist. In Wirklichkeit kam die Angelegenheit jedoch eher einem wirtschaftlichen Tsunami gleich.

Macron stolzierte mit Harris einher, deren Popularität zu Hause mittlerweile auf 27,8 Prozent Zustimmung abgesackt ist, was gemessen an allen ihren Vorgängern einen historischen Tiefststand darstellt. Dies wird die Franzosen wahrscheinlich genauso beeindruckt haben, wie Harris die Amerikaner, ungeachtet dessen, was Macron in ihrer Anwesenheit zu vermitteln versuchte. "Die Franzosen sind sehr stolz, Sie zu Besuch zu haben", sagte Macron.

Wirklich? Nun, als jemand, der jeden Tag auf französischem Boden mit "Franzosen" in Kontakt steht, kann ich nicht sagen, dass jemandem hier groß aufgefallen wäre, dass Harris in der Stadt ist, geschweige denn vor "Stolz" auf ihre Anwesenheit platzte.

Macron’s Darbietung war erbärmlich. Nicht nur angesichts der leeren Rhetorik, die er Harris’ in den Hintern blies (nicht wortwörtlich, natürlich), sondern auch wegen der Bedeutung, die es für die französisch-amerikanischen Beziehungen im Allgemeinen hat. Jeder von uns kennt persönlich Scheidungspaare, die mehr Selbstachtung füreinander gezeigt haben, als Macron für sein Land mit 67 Millionen Bürgern gegenüber den USA, nachdem sich diese einen nicht unbedeutenden Teil des zukünftigen französischen Bruttoinlandsprodukts unter den Nagel gerissen haben.

Historisch gesehen schien sich Macron nie an der Idee zu stören, vor den amerikanischen Interessen den Bückling zu machen. Als Wirtschaftsminister unter dem ehemaligen Präsidenten der Sozialistischen Partei Francois Hollande genehmigte Macron den Verkauf nationaler nuklearer Kompetenz an General Electric, indem er die Energiesparte des französischen Industriekonzerns Alstom an den amerikanischen multinationalen Konzern verschacherte. Ein Schritt, den viele Franzosen als Teil eines anhaltenden Ausverkaufs von steuerfinanzierten Innovationen an US-Interessen betrachteten.

Macron und Harris scheinen nun zu versuchen, die totale Verarschung des französischen Volkes mit wenig mehr als der gemeinsamen Betonung ihrer ideologischen Gemeinsamkeit zu übertünchen. Und diese Ideologie kann am besten als "globalistisches Establishment" beschrieben werden.

Wenn Macron und Harris etwas gemeinsam haben, dann ist es letztendlich ihre gemeinsame Sicht auf eine Welt, die von den USA geführt und diktiert wird. Wobei die individuellen Interessen der amerikanischen Verbündeten und ihrer jeweiligen Bevölkerung immer in den Hintergrund gegenüber dem treten, was für die US-Eliten als am besten betrachtet wird (was sich, um es klar zu sagen, keineswegs automatisch mit den Interessen des amerikanischen Volkes deckt).

Sowohl Macron als auch Harris glauben an die Auferlegung einer US-zentrierten "moralischen Autorität" über den Rest der Welt und über jene Länder, die sie für weniger demokratisch halten als ihre eigenen. Dies, obwohl beide Regierungen eine heuchlerische medizinische Apartheid praktizieren und unter dem Vorwand von COVID-19 ihren eigenen Bürgern Verhaltensregeln vorschreiben, die sie zu befolgen haben, wenn sie ihre Arbeitsplätze und ihre Lebensgrundlage behalten wollen.

Macron hat in der Vergangenheit zwar die Notwendigkeit einer größeren französischen und europäischen Souveränität zum Ausdruck gebracht, jedoch keine Kohärenz zu diesem Thema gezeigt. Im jüngsten Beispiel dieser Art, als Macron sich vergangenen Monat am Rande des G20-Gipfels in Rom öffentlich mit Biden zusammensetzte, schien er sich alle Mühe zu geben, um zu unterstreichen, dass seine Vision von "europäischer Souveränität und europäischer Verteidigung völlig mit derjenigen der NATO kompatibel ist".

Ach ja? Ist Macron sicher, dass die NATO, die letztendlich dazu dient, bei gescheiterten US-geführten Militärinterventionen (normalerweise aufgrund von schleichender Ausweitung eines Einsatzes) die letztendliche Verantwortung für ein Versagen mit vorgehaltener Schrotflinte auf alle Verbündete zu verteilen, mit seinem ebenfalls erklärten Wunsch kompatibel ist, in Angelegenheiten der nationalen Sicherheit, einschließlich der Cybersicherheit und der Terrorismusbekämpfung, enger mit Russland zusammenzuarbeiten?

Warum ist er sich so sicher, dass die USA ein solches Verhalten Frankreichs ohne irgendwelche Strafmaßnahmen – ob offen oder verdeckt – einfach tolerieren werden? Man kann nicht erwarten, dass man sich mit wem man will verabreden darf, solange noch immer die Mutter das Sagen hat und man von ihrer Großzügigkeit abhängig ist. Dies scheint hier der Fall zu sein, da Macron selbst gegenüber Harris sagte, dass die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern "absolut entscheidend" sei. Dies würde auch Frankreichs gedämpfte Reaktion auf das U-Boot-Fiasko erklären.

Paris wird niemals unabhängig von Washington Entscheidungen treffen können, wenn es in Ländern wie der afrikanischen Sahelzone auf amerikanische Kooperation angewiesen ist. Die übermäßige Abhängigkeit von den USA bei Auslandsmissionen bedeutet auch, dass die beiden Länder schließlich an denselben Orten um Einfluss konkurrieren. Solange sich Frankreich gegenüber den USA wie ein Abhängiger verhält, wird Frankreich das Spiel immer verlieren.

Die Franzosen sind nicht dumm. Viele sind sich sehr bewusst, dass das Markenzeichen von Macron und Harris eines auf Washington zentrierten Globalismus, für den durchschnittlichen französischen Bürger genauso wenig vorteilhaft ist wie für den durchschnittlichen Amerikaner. Dass beide hier in Paris eine Show auf die Beine gestellt haben, die etwas anderes vermitteln sollte, ist eine Beleidigung der Intelligenz der kritisch denkenden Bürger beider Nationen.

RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Übersetzt aus dem Englischen.

Rachel Marsden ist eine Kolumnistin, politische Strategin und Moderatorin eines unabhängig produzierten französischsprachigen Programms, das auf Sputnik France ausgestrahlt wird. Ihre Webseite finden man unter rachelmarsden.com

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