Meinung

Schattenkrieg zwischen Iran und Israel eskaliert: Nach Sabotageakt in Natanz schlägt Iran zurück

Prowestliche Kräfte Irans wollen so schnell wie möglich einen Deal mit den USA, um ihre Chance bei den bevorstehenden Wahlen zu erhöhen. Die Iranische Revolutionsgarde bewies jedoch, dass man den Westen nur mit Abschreckung zur Anerkennung der Rechte Irans bewegen kann.
Schattenkrieg zwischen Iran und Israel eskaliert: Nach Sabotageakt in Natanz schlägt Iran zurückQuelle: AFP © Thomas Coex

von Seyed Alireza Mousavi

Das in israelischem Besitz befindliche Schiff "Hyperion" war am 13. April in der Nähe der Vereinigten Arabischen Emirate unter Raketenbeschuss geraten. Unweit der Küste bei Fudschaira in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) im Persischen Golf sollen Iraner eine Rakete auf das israelische Schiff abgefeuert haben. Mit einer bewaffneten Drohne wurden am 14. April am Flughafen der nordirakischen Stadt Erbil stationierte US-Truppen angegriffen. Am selben Tag wurde Press TV zufolge auch im Nordirak ein "sicheres Haus" angegriffen, das vom israelischen Geheimdienst Mossad genutzt worden sei. "Unbekannte Widerstandsgruppen haben das sichere Haus des Mossad im Nordirak angegriffen, dabei wurden mehrere israelische Agenten getötet", berichtete der iranische Sender. Die konservative israelische Zeitung Jerusalem Post und der Sprecher der Regionalregierung in der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak dementierten jedoch die Nachricht, während die iranische Regierung den möglichen Vorfall nicht kommentierte.

Am 20. April erschütterte eine gewaltige Explosion ein Raketenlager in Israel. Bisher gibt es keine Berichte über Opfer. Die Explosion habe sich während eines "Routinetests" der Fabrik Tomer für fortschrittliche Waffen ereignet, in der Raketentriebwerke, Ofeq-Aufklärungssatelliten und verschiedene Raketentypen entwickelt werden. Während israelische Medien von einem routinemäßig Raketentest ausgingen, behauptet ein iranischer Sicherheitsexperte, dass ein mutmaßlich von Iran beauftragter Agent das Raketenlager infiltriert habe, um die Tanks von Festbrennstoff und Explosivmitteln zu sprengen.

Am 21. April ertönten Sirenen in der südlichen israelischen Provinz Negev, wo sich die israelische Atomanlage Dimona befindet. Wie das israelische Militär mitteilte, sei eine Rakete aus Syrien in der Nähe einer israelischen Atomanlage eingeschlagen. Eine Boden-Luft-Rakete sei aus syrischem Gebiet auf einen israelischen Kampfjet abgefeuert worden, der kurz zuvor nach Darstellung der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte angeblich Ziele in Syrien angegriffen hatte. Die Hintergründe bleiben allerdings unklar. In diesem Zusammenhang fragte die Jerusalem Post, warum Syrien eine Rakete in Richtung Dimona abgefeuert habe. Wenn es stimme, dass die Rakete nicht absichtlich auf dieses sensible Gebiet abgefeuert worden sei, warum ist sie dann überhaupt in Südisrael eingeschlagen? Die Israelischen Selbstverteidigungsstreitkräfte räumten derweil ein, dass israelische Luftverteidigungen syrische "Flugabwehrraketen" nicht in der israelischen südlichen Provinz Negev nahe der geheimen Nuklearanlage Dimona abfangen können. Der Vorfall, der die heftigste Verschärfung des Konflikts zwischen Israel und Syrien seit Jahren darstellt, deutet auf eine iranische Beteiligung an dieser Operation hin.

Die jüngsten Attacken und mutmaßlichen Sabotageakte auf US- und israelische Ziele erfolgten in letzten Tage nach der iranischen Drohung, sich für die Explosion in der Nuklearanlage von Natanz zu rächen. Auf die iranischen Anlagen in Natanz in der zentraliranischen Provinz Isfahan war unlängst ein verdeckter Anschlag verübt worden, der zum vorläufigen Ausfall der Stromversorgung in der Anlage führte. 

Inmitten der Verschärfung der asymmetrischen Kriegführung zwischen Iran und Israel findet die neue Gesprächsrunde zur möglichen Rückkehr der USA zum Atomdeal 2015 zwischen Iran und den Großmächten. Die USA stiegen 2018 einseitig aus dem Abkommen aus und verfolgten unter Trump-Regierung eine Politik des "maximalen Drucks", die sich bereits als gescheitert erwiesen hat. Als Reaktion auf den Rückzug Washingtons aus dem Abkommen im Jahr 2018 hat Iran die Verpflichtungen des Abkommens für sein Atomprogramm seit 2019 schrittweise rückgängig gemacht. Nach dem Sabotageakt in Natanz reicherte Iran in einem gewagten Schritt zum ersten Mal Uran bis auf 60 Prozent U-235 an, um damit unter anderem zu zeigen, dass der mutmaßliche israelische Angriff auf die Atomanlage Natanz die Position der iranischen Unterhändler bei den jüngsten Gesprächen über das Atomprogramm in Wien nicht geschwächt habe. 

Bei der neuen Verhandlungsrunde besteht Iran darauf, dass das Land zu seinen Verpflichtungen aus dem Atomdeal zurückkehren werde, wenn die USA ihre Sanktionen gegen Iran vollständig und einmalig aufheben. Iran lehnte damit das Angebot der US-Amerikaner ab, durch gegenseitige Schritte zur Aufhebung der Sanktionen zu gelangen.

Nach der vom Obersten Führer Irans Ali Chamenei konzipierten neuen Strategie würde Iran erst dann zur vollständigen Einhaltung des Atomdeals zurückkehren, wenn die iranische Regierung überprüft hat, ob alle Sanktionen ordnungsgemäß aufgehoben worden sind. Die Aufhebung der Sanktionen bedeutet für Iran faktisch, dass die Islamische Republik in der Lage sein sollte, ihr Öl unter normalen Bedingungen zu verkaufen und ihr Geld zu erhalten.

Seit der Wiedereinführung der US-Sanktionen sind Finanzabwicklungen mit Iran kaum möglich. Westliche Länder hatten Iran auch vor dem Ausstieg der ehemaligen US-Regierung aus dem Atomdeal beim Zahlungsverkehr durch internationale Banken Steine in den Weg gelegt, indem sie durch völkerrechtswidrige Sekundärsanktionen oder Sanktionen in anderer Kategorie wie angebliche "Menschenrechtsverletzungen" Freihandels- und Geschäftsbeziehungen Irans zu anderen Ländern blockierten. 

Aus Iran hört man allerdings unterschiedliche Stimmen. Der iranische Präsident Hassan Rohani, der den prowestlichen Kräften nahesteht, sagte vor Kurzem, dass es in kurzer Zeit möglich sei, die Aufhebung der Sanktionen durch USA zu überprüfen. Die konservativen Kräfte, die der Iranischen Revolutionsgarde nahestehen, gehen hingegen davon aus, dass die Überprüfung der Aufhebung aller US-Sanktionen mindestens sechs Monate dauern würde. Vorher werde Iran keinen Schritt zur Rückkehr zu seinen Verpflichtungen im Rahmen des Atomdeals von 2015 vornehmen. In Iran steht die Präsidentschaftswahl bevor, und die Beliebtheit von Präsident Rohani, der immer für "Dialog" mit dem Westen plädiert, bei der Bevölkerung hat seit dem Ausstieg Trumps aus dem Atomdeal 2018 einen Tiefpunkt erreicht.

Insofern versuchen die prowestliche Kräfte, so schnell wie möglich einen Deal mit den USA zu erreichen, um damit ihre Chancen bei der bevorstehenden Wahl zu erhöhen. Tatsache ist jedoch, dass die Konservativen und Sicherheitskräfte unter Führung der Iranischen Revolutionsgarde in letzter Zeit bewiesen haben, dass Iran den Westen nur durch Abschreckungsmaßnahmen zur Anerkennung seiner Rechte bewegen kann. Insofern gehen die Atomverhandlungen in Wien mit den Operationen der iranischen Sicherheitskräfte in der Region einher, wo Israel und Iran sich darum bemühen, ihren Einfluss zu erweitern. 

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