Meinung

TV-Kritik für Anne Will: Die App muss weg, es lebe die App

Ranga Yogeshwar gibt den Wissenschaftler, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger gibt die Nichtjuristin. Christiane Woopen gibt Ratschläge und Helge Braun gibt Wahlgeschenke. Aber was will Smudo eigentlich mit "luca"? Ein Enthüllungsdrama in fünf Akten.
TV-Kritik für Anne Will: Die App muss weg, es lebe die AppQuelle: www.globallookpress.com © Jürgen Heinrich

von Arthur Buchholz

Die große Ratlosigkeit – gibt es einen Weg aus dem Dauer-Lockdown? Das war das Thema der Gesprächsrunde um Anne Will. Selten war die Inszenierung einer Talkshow so gelungen wie an diesem Sonntagabend. Den Auftakt bestreitet  – wie immer glänzend besetzt – Helge Braun als der ruhige Erklär-Bär aus dem Kanzleramt, der mit Anne Will das Dilemma in beliebter Manier "Journalist fragt – Politiker antwortet nicht" präsentiert: Was vor kurzen noch nicht als möglich galt, geht jetzt ja doch.

Alle öffnen trotz gleichbleibender Fallzahlen wieder die Geschäfte, die Mutanten mutieren aber fröhlich vor sich hin und die dritte Welle muss jetzt jeden Moment kommen, wirklich: jetzt! Die Politik kann nur hinterherregieren. Vergessen ist das Kanzlerinnenwort, die Zeitspanne bis Mitte März sei "existenziell",  die Inzidenzzahl – ob jetzt 50 oder 35 oder mit Zusatzzahl 7 – juckt scheinbar auch niemanden mehr. 

Nächster Auftritt Schnelltest. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Ranga Yogeshwar sind sich sicher: Der Test bringt die Lösung für das vom Lockdown ermüdete Volk. Angeblich gäbe es ihn schon seit April letzten Jahres, aber erst jetzt fällt Politikern ein, ihn großflächig zu nutzen. Warum beim letzten Bund-Länder Gipfel davon noch keine Rede war, bleibt dem Zuschauer der Spannung halber verborgen. 

Aber erst der dritte Akt zeigt in klassischer Dramatik den Höhepunkt des Stücks an: Ranga Yogeshwar deutet an, da müsse jetzt etwas mehr kommen. Christiane Woopen, die Vorsitzende des Ethikrats legt vor, referiert von einer mehrgleisigen Strategie aus über massenhafte Schnelltests, Informationskampagne und (Achtung: Stichwort!) über eine neue App. Darauf zaubert Smudo seine neue App "luca" hervor, mit der alle Bürger endlich wieder das haben können, was sie wollen: Brot und Spiele, oder anders ausgedrückt: Kneipe und Konzert.

Gut, Smudos Erklärungen waren etwas wirr, aber kein Problem, denn Anne Will hat da zufällig ein Video zum Einspielen parat, das auch dem verschlafensten Zuschauer die Vorteile der App deutlich macht. Hurra, Deus ex machina! Voraussetzung ist natürlich, dass jeder diese App hat. Klar, die müsse dann auch an die Gesundheitsämter angeschlossen werden, das man müsse jetzt einfach mal machen. Leutheusser-Schnarrenberger als ehemalige Justizministerin will die schöne Stimmung da auch nicht mit kleinlichen Datenschutzbedenken verderben. Denn die Corona-Warn-App der Regierung war zwar sehr teuer, aber einfach nicht sexy genug für hippe Kneipengänger.  Dafür verkauft sich Smudo, den auch nur die älteren Semester noch wirklich kennen, in der Runde mit Turnschuhen und Cap hervorragend als Vertreter der jungen hippen Generation, die eh alles besser kann als die Regierung.

Doch so schnell darf sich noch nicht allgemeine Freude einstellen. Pro forma spielt Braun die beleidigte Leberwurst, denn die staatliche Corona-Warn-App biete doch bereits seit Langem diesen Schutz. Genauso war zu erwarten, dass Yogeshwar Smudo nun noch die Mängel und Kosten der App um die Ohren hauen darf. Sodann gibt es aber am Ende doch noch ein unerwartetes Wahlgeschenk, als sich Helge Braun von Anne Will dankenswert genötigt sieht, die Schnelltests kostenlos auszugeben. Dafür rutscht er für einen kurzen Moment von seinem beruhigenden Bass ins nervöse Falsett. 

Ebenfalls völlig unerwartet – aber wirksam – setzt Ranga Yogeshwar den inhaltlichen Schlusspunkt: Das Virus ist eine “never ending story”, die uns für immer begleiten wird. So werden Tragödien geschrieben. Und so werden uns die Apps und die Schnelltests erhalten bleiben, wenn wir (Originalton Anne Will!): unsere Grundrechte wieder haben wollen. Der Regisseur kann zufrieden sein. Eine gute Leistung des ganzen Ensembles. Gute Nacht!.

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