Meinung

Gegen freien Diskurs: EU erstellt Aktionsplan gegen russisch-chinesische "Desinformation"

Die Jahre der Russland-Hysterie, geschürt durch das atlantische Establishment, haben endlich ihren logischen Endpunkt erreicht: Nicht gewählte Bürokraten in Brüssel versuchen jetzt wohl, im Namen der Wahrung ihrer Demokratie nun auch noch "Desinformation" zu sanktionieren.
Gegen freien Diskurs: EU erstellt Aktionsplan gegen russisch-chinesische "Desinformation"Quelle: www.globallookpress.com © Ralph Peters via www.imago-images.de

von Nebojsa Malic 

Gemäß dem sogenannten Europäischen Aktionsplan für Demokratie (EDAP) müsse die EU künftig "auf systematischere Weise die gesamte Werkzeugpalette ihres Instrumentariums zur Abwehr ausländischer Einmischungs- und Beeinflussungsoperationen einsetzen und diese weiterentwickeln – auch, indem sie den Tätern Kosten auferlegt".

"Mögliche Handlungsweisen hierfür reichen von der öffentlichen Identifizierung häufig verwendeter Techniken (um sie operativ unbrauchbar zu machen) bis hin zur Verhängung von Sanktionen nach wiederholten Vergehen."

So lautet ein Dokumentenentwurf, der Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL) zugespielt wurde, "zum Demokratie-Aktionsplan der Europäischen Kommission, der am Mittwoch veröffentlicht wird. (Hinweis der Redaktion: Der Artikel wurde vor der offiziellen Veröffentlichung des Aktionsplans verfasst.)

"Zum ersten Mal erwähnt die EU Sanktionen gegen Akteure, die Desinformationen verbreiten. Russland und China", heißt es in einem Tweet des RFE/RL-Redakteurs Rikard Jozwiak:

Der "Aktionsplan" wurde zusammengestellt von der EU-Kommission, dem Leitungsorgan des supranationalen Mega-Konstrukts EU. Darin wird behauptet, dass "bestimmte Drittländer (insbesondere Russland und China) gezielte Operationen zur Einflussnahme und Desinformationskampagnen rund um [COVID-19] in der EU" durchgeführt hätten, mit dem Ziel, "die demokratische Debatte zu untergraben, die soziale Polarisierung zu verschärfen und ihr eigenes Image aufzubessern". 

Im Ernst: Wie können es "bestimmte Drittländer" wagen, an der Verbesserung ihres eigenen Images zu arbeiten! Ist das Memo bei diesen nicht angekommen, dass ihr Image so sein sollte, wie es die Mainstream-Medien der EU und der USA stets verlautbaren? Zu welch absoluten Unverfrorenheiten manche Leute sich erdreisten – also wirklich!

Die EU-Kommission und ihr neuer "EDAP" scheinen von gewissen "Daten" der sogenannten East StratCom Task Force, einer Abteilung des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD), geleitet zu sein. Diese Abteilung behauptet, im Jahr 2020 "mehr als 500 Beispiele kremlfreundlicher Desinformation" entdeckt zu haben – und seit dem Jahr 2015 gar mehr als 10.000 Fälle.

Das ist übrigens dieselbe "Task Force", die Anfang dieses Jahres von namhaften britischen Wissenschaftlern – Forscher der Universität Manchester, welche just mit der Überwachung der Berichterstattung über Russland in den Medien beauftragt sind – wegen "Falschdarstellung" und "besonders problematischer" Methodik einschließlich "eklatanter Verzerrung" kritisiert wurde.

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Besonders harte Worte fanden die Professoren Stephen Hutchings und Vera Tolz für das Projekt EUvsDisinfo, jene Unterabteilung dieser Task Force, die sich darauf konzentriert, überall "russische Desinformation" zu suchen. Ihre Analyse zu EUvsDisinfo – so die Wissenschaftler – zeige, dass deren "Schlagzeilen und Zusammenfassungen nach der eigenen Definition des Begriffs durch das EastStratCom an Desinformation grenzen".

Das EastStratCom und seine Untereinheiten sind seit Jahren in diesem Geschäft tätig, – doch egal, wie oft ihnen ihre Propaganda um die Ohren fliegt, werden sie in den Machtkorridoren in Brüssel weiterhin als die Heilsboten schlechthin behandelt.

Das Feld der "Bekämpfung der Desinformation des Kreml" ist seit dem von den USA unterstützten Putsch in der Ukraine 2014 und der darauffolgenden Hysterie über die "russische Aggression" innerhalb der NATO zu einer unglaublich lukrativen Branche geworden. Die US-Wahl 2016 und die 'Russiagate'-Verschwörungstheorie – (schließlich entlarvt, wenn auch wieder vergeblich) – haben die diesbezüglichen Finanzierungsetats durch die Decke und in den Orbit schießen lassen.

Hunderte selbsternannte Experten sprangen in die Reihen der Freiwilligen, um einem Schwamm gleich die Millionen aufzusaugen, welche die Regierungen der USA und der EU-Länder im Kampf gegen die Bedrohung durch ein so willkommenes Phantom regnen lassen. Mehr als einmal führten die Filialen für angebliche Anti-Desinformation auch gleich noch eigene Desinformationskampagnen durch. Nur ein Beispiel: Die US-Firma New Knowledge fälschte während einer Sonderwahl des US-Senats die Existenz "russischer Bots" im Dienste einer der Parteien – nur um später den Senat über die von ihr vorgetäuschte Gefahr zu informieren!

Alumni von New Knowledge werden heute noch immer als respektable Forscher der "Desinformation" in einer Medienlandschaft zitiert, die nur allzu willig diese Geschichten gierig verschlingt.

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All dies geschieht natürlich im Namen des Schutzes der "demokratischen Debatte", wobei alles verboten wird, was über den sich stetig verengenden Radius des Diskurses hinausgeht, wie er von dessen Machthabern definiert wird.

Obwohl die neuen Regeln der EU theoretisch auch auf Körperschaften und Individuen in den USA angewandt werden könnten, erscheint das praktisch eher unwahrscheinlich. Wahrscheinlich wird man die Definitionen so anpassen, dass westliche staatliche Medien per definitionem davon ausgenommen werden – so wie es Anfang des Jahres Unternehmen vormachten, die im Bereich der sozialen Medien ihre Milliarden verdienen.

Obwohl das Silicon Valley anscheinend sowohl am Kahlschlag der Meinungsfreiheit in den USA als auch an dieser schlechten Parodie der EU auf die Meinungsfreiheit mitschuldig ist, sollte man dort nicht zu stolz sein auf die technologische Tyrannei, die man so mit aufgebaut hat. Denn die von der EU beschlossenen Maßnahmen beinhalten auch ein hartes Durchgreifen gegen Online-Plattformen, die "wegen mangelnder Transparenz bei der Verwendung von Algorithmen zur Verbreitung von Online-Inhalten kritisiert werden", ebenso beim Sammeln "riesiger Mengen persönlicher Daten" von ihren Nutzern. Kommt Ihnen das irgendwie bekannt vor?

Der so genannte "Digital Services Act" empfiehlt Regeln für "mehr Verantwortlichkeit für die Art und Weise, wie Online-Plattformen Inhalte moderieren, und auch für Werbung und für algorithmische Verfahren". Vielleicht wird von EU-Kommissaren zuallererst jemand wegen angeblicher "russischer Desinformation" heimgesucht – doch seien Sie versichert: Es wird niemand mehr zu Ihrer Verteidigung da sein, wenn Sie an der Reihe sind. Doch wer wird schon Einspruch gegen all das erheben, wenn dies doch alles im Namen der Verteidigung der Demokratie geschieht?

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Über den Autor: Nebojsa Malic ist ein serbisch-US-amerikanischer Journalist, Blogger und Übersetzer, der von 2000 bis 2015 eine regelmäßige Kolumne für das Portal Antiwar.com schrieb und jetzt leitender Autor bei RT ist. Folgen Sie ihm auf Twitter @NebojsaMalic. Der Artikel wurde übersetzt aus dem Englischen und redaktionell überarbeitet.

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