Meinung

Kommentar: Entweder Frieden oder das US-Imperium – man kann nicht beides haben

Viele sogenannte "Kriegsgegner" mögen die Vorstellung nicht, dass die USA ihre unipolare Vorherrschaft über Belange unseres Planeten verlieren sollten. Doch das US-Imperium muss gehen, wenn Frieden kommen soll – ebenso der auf Leichenbergen fußende westliche Lebensstil.
Kommentar: Entweder Frieden oder das US-Imperium – man kann nicht beides habenQuelle: Gettyimages.ru © Rick Loomis/Los Angeles Times

von Caitlin Johnstone

Vielen, die sich selbst als "Kriegsgegner" betrachten, behagt allerdings der Gedanke wenig, dass die USA ihre monopolare Vorherrschaft über globale Angelegenheiten verlieren könnten und sich die Chance bietet, eine Welt ohne US-Imperialismus aufzubauen.

Gerade in den letzten Tagen hat Israel Berichten zufolge den Südlibanon mit Streumunition und Geschossen mit weißem Phosphor angegriffen, den Gazastreifen bombardiert und Raketen auf Damaskus abgefeuert – denn Israel ist ein Staat, dessen Existenz von unaufhörlicher militärischer Gewalt abhängt.

Damit Israel weiterhin als der imperialistische Apartheidstaat bestehen kann, der er heute ist, muss er zu jeder Zeit und an allen Fronten Krieg führen – sowohl gegen seine Nachbarn als auch gegen die palästinensische Bevölkerung, gegen die er immer brutaler vorgeht. Wenn die Bombenangriffe aufhören, dann geht es auch mit Israel, wie wir es heute kennen, zu Ende. Denn die Bevölkerung Israels wird niemals die durch den Staat Israel verübte Unterdrückung, Tyrannei und die zahlreichen illegalen Landnahmen gutheißen.

Frieden und das heutige Israel sind daher zwei sich gegenseitig ausschließende Konzepte. Man kann Frieden haben oder das heutige Israel – beides geht nicht.

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Ein Land, das ohne unaufhörlichen Krieg nicht existieren kann, ist eigentlich gar kein Land: Es handelt sich dann um eine dauerlaufende Militäroperation, mit ein paar beigemischten Vororten und Schulen. Ein Land, das ohne ständigen Krieg nicht existieren kann, ist wie ein Haus, das ohne ständige Bauarbeiten nicht existieren kann: Wenn Ihr Haus Bauarbeiten benötigt, nur um nicht einzustürzen, würden Sie entweder die Art und Weise, wie es gebaut wird, völlig neu gestalten – oder Sie würden umziehen.

Das gilt für Israel – und in größerem Maßstab gilt es auch für die weltumspannende, imperiumartige oligarchische Weltordnung, die locker um die Vereinigten Staaten herum zentralisiert ist.

Dieses US-zentralisierte Imperium, zu dem auch Israel gehört, ist zum Überleben vollständig von endlosem Krieg abhängig.

Wenn militärische Gewalt ihre Werkzeugfunktion verlöre, mit dem die Machtstrukturen ihre Tagesordnungen umsetzen können, würde dieses Imperium notwendigerweise aufhören zu existieren – denn nichts würde die anderen Staaten mehr daran hindern, auf der Weltbühne ihre Souveränität auszuüben.

Währungen, Ressourcen und Handel würden sich auf einmal auf völlig anderen Bahnen bewegen.

Dies würde nicht nur das US-Imperium, sondern auch die eigentlichen Vereinigten Staaten, wie wir sie kennen, aus der Welt schaffen: Ohne die Fähigkeit, die Welt mit Tyrannei und Bestrafung an ihrer Tagesordnung auszurichten, wären die USA, falls sie dann überhaupt noch existieren sollten, überhaupt nicht mehr wiederzuerkennen. Denn was auch immer übrig bliebe, wäre gezwungen, eine völlig andere Art von Wirtschaft zu entwickeln: Die USA erlangten ihre wirtschaftliche Vorherrschaft nämlich mitnichten auf dem "freien Markt", wie einige fanatische Jünger des Kapitalismus es sich gern vorstellen, sondern fischten sie aus Flüssen von menschlichem Blut heraus.

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Die "Wirtschaft" der USA, wenn man sie überhaupt so nennen kann, wird nicht nur durch ein völlig undurchsichtiges Dickicht aus Verschuldung und bürokratischer Willkür von absoluter Gültigkeit aufrecht erhalten, sondern auch durch ein Petrodollar-Abkommen über Waffenproduktion und Militärbündnisse, durch endlose Massenakte der Brutalität – und durch die raffinierteste Propagandamaschine, die es jemals gegeben hat. Die Vereinigten Staaten von Amerika fußen auf Krieg, sind aus Krieg gebaut und werden durch Krieg aufrechterhalten. Wenn die Kriege enden, ist es auch mit dem Amerika, wie wir es kennen, vorbei.

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Ich weise erstens deshalb darauf hin, weil diejenigen von uns, die in irgendeinem Teil des um die USA zentralisierten Imperiums leben, sich wahrscheinlich bewusst sein sollten, dass die Lebensweise, an die wir gewöhnt sind, auf einem stetig wachsenden Berg menschlicher Knochen aufgebaut ist. Und zweitens weise ich auch deshalb darauf hin, dass meiner Ansicht nach für diejenigen, die sich nach eigener Behauptung Frieden wünschen, wichtig ist, sich absolut klar darüber zu sein, was sie sich wünschen:

Ein aufrichtiger Wunsch nach Frieden bedeutet, dass man sich das Ende des Abschlachtens von Menschen, die in anderen Teilen der Welt leben, mehr wünscht als die Aufrechterhaltung des eigenen Status quo.

Viele Menschen, die sich als "Kriegsgegner" bezeichnen, fühlen sich eigentlich nicht wohl bei dem Gedanken, dass die Vereinigten Staaten ihre Position der unipolaren Vorherrschaft über die Angelegenheiten unseres Planeten verlieren und dass sie dann die Chance auf eine Welt ohne US-Imperialismus ergreifen müssten. Wenn sich die Frage stellt, was Frieden wirklich ist und was er wirklich bedeutet, wollen viele der Menschen, deren Lebensstil von einem flutartigen Strom menschlichen Blutes getragen wird, eigentlich gar keinen Frieden.

Aber zumindest sollten sie dann in dieser Hinsicht ehrlich zu sich selbst sein, zumindest sollten sie sich eingestehen, dass sie sich unter ihrem Kriegsgegnermäntelchen mit Händen und Füßen an ein Paradigma klammern, dessen Baugrund, Ziegel und Mörtel nichts als ununterbrochener Massenmord ist.

Meditationen über den Frieden

Die verrückteste und zerstörerischste Art und Weise, wie wir dies tun, ist der Krieg, der durch denselben seltsamen kognitiven Drang nach der Form zu Lasten der Leere ermöglicht wird.

Frieden ist notwendigerweise ein Sprung ins Ungewisse. Wer Frieden wünscht, wünscht sich eine Welt, die anders ist als die, die jetzt existiert – und anders als alle, die jemals zuvor existiert haben. Wenn Sie dies wirklich wollen – wenn Sie sich innerlich auf der tiefsten Ebene, bis ins Mark tatsächlich mit Ihrer Realität auseinandergesetzt haben und Sie dies dann immer noch wirklich wollen – wird dies notwendigerweise auch Sie als Person verändern.

Und zwar wird es Sie zum Besseren ändern. Es wird Sie zu einem ganzheitlich ehrlicheren Menschen machen, weil Sie sich der Realität Ihrer Lebenssituation von Angesicht zu Angesicht gestellt – und trotzdem das höchste aller Interessen gewählt haben.

So wie unsere Lebensweise auf endlosem Krieg beruht, so wird unser Leben durch die ehrliche, bewusste Annahme aller mit dem authentischen Wunsch nach Frieden einhergehenden Konsequenzen verändert. Diese Transformation ist Teil der gleichen Bewegung wie unsere kollektive Transformation von einer selbstzerstörerischen Spezies zu einer Spezies, die harmonisch mit sich selbst und mit ihrem Ökosystem interagiert. An dieser inneren Transformation teilzunehmen, ist die höchste Berufung des Menschen.

Wir können nicht einfach so weitermachen wie bisher. Unsere Spezies wird entweder ihr Verhalten drastisch verändern – oder sie wird aussterben. Es ist an der Zeit, den Sprung ins Unbekannte zu wagen und eine Chance für den Frieden zu ergreifen. Seien Sie unter den Ersten, die diesen Sprung wagen.

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Caitlin Johnstone ist eine unabhängige Journalistin mit Sitz in Melbourne, Australien. Ihre Webseite finden Sie hier. Sie kann auf Twitter abonniert werden unter@caitoz

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