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Interview: Nachdem sie IS-Peiniger in Deutschland wiedertraf, flüchtete sie zurück in den Irak

Ashwaq Haji Hamid, ein 19-jähriges jesidisches Mädchen, das sich nach ihrer Flucht nach Deutschland ein relativ gutes Leben aufgebaut hatte, lebt nun wieder in einem Flüchtlingslager im Irak. Im Interview erklärt sie, warum und wie der IS sie entführte, versklavte und sie entkam. Außerdem schildert sie, wie sie ihrem Peiniger ausgerechnet in Deutschland auf offener Straße wieder begegnete.
Interview: Nachdem sie IS-Peiniger in Deutschland wiedertraf, flüchtete sie zurück in den Irak

"Ich suche kein schönes Leben, ich suche Sicherheit und ich würde überall hingehen, wo es sicher ist", erklärt Ashwaq auf die Frage des Interviewers, warum sie nun wieder im Irak sei in einer so miserablen Lage, anstatt in Deutschland zu leben.

Es ist unvorstellbar grausam, was dem jesidischen Mädchen Ashwaq Haji Hamid und ihrer Familie passiert ist. Sie war 2014 als 15-jähriges Mädchen von Mitgliedern der Terrororganisation IS in der Region Sindschar im Irak entführt worden, zusammen mit über 70 Familienmitgliedern. Besonders jesidische Menschen wurden vom IS verfolgt, versklavt und ermordet. Ashwaq endete als Sexware, wie alle jesidischen Mädchen ab acht Jahren, die der IS ergriffen hatte.

"Die schlimmste Zeit in meinem Leben war der Moment, als sie mich von meiner Familie getrennt haben. Das ist das Schlimmste, was mir in meinem ganzen Leben passiert ist. Wir waren Mädchen, als wir verhaftet wurden, und 77 Personen wurden in unserem Haus verhaftet, Schwestern, Brüdern, Cousins und Cousinen, ich meine, es gab keine einzige Person mehr, die nicht entführt wurde", erzählte Hamid.

Sie versuchte ihren Entführer Abu Hamam davon zu überzeugen, sie freizulassen, aber dieser soll ihr gesagt haben, dass er "Befehle" erhalten habe, wonach jesidische Frauen verheiratet werden müssten.

Im Oktober konnte sie entkommen. Sie und andere Sex-Sklavinnen hatten ihren Peinigern Schlafmittel ins Essen gemischt, wie es auch in früheren Medienberichten dazu heißt. Im Sommer 2015 kamen sie, ihre Schwester, ihr Bruder und ihre Mutter über ein Programm nach Deutschland und wollten bestmöglich versuchen, alles Erlebte hinter sich zu lassen und ein neues Leben zu beginnen, vor allen Dingen in Sicherheit.

Im Interview vom Freitag in einem Flüchtlingslager im Bezirk Sheikhan beschreibt Ashwaq, wie ihr damaliger Peiniger vom IS ihr in ihrer neuen Heimat in Baden-Württemberg auflauerte. Sie sagt, dass sie den Täter zum ersten Mal 2016 auf dem Heimweg von der Schule in Stuttgart getroffen und er sie bis nach Hause verfolgt hätte. Weil sie es aber für unmöglich hielt, dass er tatsächlich in Deutschland sein könnte, glaubte sie erst, sie würde sich irren. Im Februar dieses Jahres traf sie ihn wieder. Vor einem Netto-Supermarkt in Schwäbisch Gmünd sprach ihr ehemaliger Entführer sie dann sogar an.

"Bist Du Ashwaq?", soll er gefragt haben.

"Ich sah ihn an und sagte: 'Nein, ich bin nicht Ashwaq.' Er trug eine Sonnenbrille, also nahm er sie ab und sagte mir: 'Doch, ich weiß, Du bist Ashwaq und ich kenne Dich.' Nachdem er seine Sonnenbrille abgenommen hatte, war ich schockiert und zitterte innerlich, wusste aber nicht, was ich tun sollte! Ich dachte nur daran, ihn loszuwerden und vor ihm zu fliehen. Ein IS-Typ in einem Land in Europa, wo es Freiheit für alle gibt, war für mich nicht zu glauben. Er hätte mich wieder entführen können und niemand würde etwas über mich wissen."

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Hamid sagt, dass sie die Angelegenheit der Polizei berichtet habe, sich aber dazu entschied, in den Irak zurückzukehren, da sie glaubte, dass diese keine angemessene Reaktion gezeigt habe.

Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe bestätigte Ruptly, dass sie an dem Fall gearbeitet habe, aber es sei "nicht möglich, eine bestimmte Person zu identifizieren".

Die dortigen Beamten fügten hinzu, dass sie das Mädchen weiter befragen wollten, aber dass sie Deutschland verlassen habe. "Dennoch untersuchen wir weiterhin Verbrechen nach dem Internationalen Strafgesetzbuch", fügte das Büro hinzu.

Wie die Schwäbische schreibt, habe die Stadt Schwäbisch Gmünd Ashwaq angeboten, sie bei der Suche "nach einer neuen, anonymen Wohnung" zu unterstützen. Das habe sie aber abgelehnt. Der SWR zitiert zudem Zemfira Dlovani, die stellvertretende Vorsitzende des Zentralrats der Jesiden in Deutschland:

"In der Tat kam jetzt raus, dass weitere Mädchen, die bei diesem Peiniger waren, ihn wohl auch erkannt haben […]."

Ashwaq soll den deutschen Behörden angeboten haben, sie anzurufen, denn nach Deutschland wolle sie nicht zurückkehren. Die Bundesanwaltschaft erklärte aber, dass eine Zeugenbefragung im Ausland nicht möglich sei.

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