International

"Nicht ganz dicht" - US-Atomsarg droht Pazifik zu verseuchen

Ein undichter oberirdischer Betonbunker für hochradioaktiven Atommüll auf einem Atoll der Marshallinseln droht, den Pazifischen Ozean zu verseuchen. Forderungen der lokalen Bevölkerung stoßen auf taube Ohren. Die US-Administration weist jede Verantwortung von sich.
"Nicht ganz dicht" - US-Atomsarg droht Pazifik zu verseuchenQuelle: AFP © US DEFENCE NUCLEAR AGENCY

Die beiden Atolle Bikini (Pikinni) und Eniwetok (Āne-wātak) sind Teil der pazifischen Marshallinseln. Im Zweiten Weltkrieg wurden sie zunächst von den Japanern, später dann von den US-Streitkräften besetzt. Das Bikini-Atoll wählten Letztere für ihre ersten Atomwaffentests nach dem Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki.

Noch immer wirkt die Inselgruppe wie der Inbegriff des Südseetraums. Türkisfarbenes Wasser, malerische Lagunen und gleißend weiße Sandstrände. Doch auf den zweiten Blick lauert überall der unsichtbare Tod. Das gesamte Gebiet diente den US-Streitkräften einst als nukleares Testgelände.

Insgesamt fanden zwischen 1946 und 1958 auf den Bikini- und Eniwetok-Atollen 67 Atombombenversuche mit einer Gesamtsprengkraft von etwa 214 Megatonnen statt. Der verheerendste Test ("Castle Bravo") fand demzufolge 1954 statt. Mit 15 Megatonnen besaß der thermonukleare Sprengkopf die tausendfache Sprengkraft der Hiroshimabombe. Der radioaktive Niederschlag soll demnach um die halbe Welt, "bis nach Australien, Europa und in die USA" gegangen sein.

101.498 Kubikmeter durch Plutonium verseuchtes Material hinterließen die US-Streitkräfte demnach als Vermächtnis auf den Marshallinseln. Mit bloßem Auge zeugt noch heute auf Runit, einer kleinen Insel des Eniwetok-Atolls, ein düsteres und bizarres Bauwerk von den verheerenden Atombombentests – der oberirdische "Runit Dome" aus dem Jahr 1979.

Ende der 1970er-Jahre wurden demnach Nuklearabfälle und atomar verseuchter Müll von sechs verschiedenen Inseln des Enewetak-Atolls hierher transportiert und in einem in Folge eines Atomtests aus dem Jahr 1958 entstandenen Krater gelagert. 4.000 US-Soldaten waren an der Aktion beteiligt, und es dauerte drei Jahre, bis sie abgeschlossen war.

Da der Betonsarg als vorübergehende Lösung gedacht gewesen sei, wurde der Untergrund demnach nicht versiegelt. Einmal unter der Kuppel begraben, wurde die Suche nach einem sogenannten "Endlager" jedoch nicht weiter verfolgt. 85.000 Kubikmeter nuklearen Abfalls sollen auf Runit Island unter der Betonkuppel mit einem Durchmesser von 115 Metern, von den Einheimischen "das Grab" genannt, lagern.

Jack Ading, der das entsprechende Gebiet im Parlament der Marshalls vertritt, nennt die Kuppel eine "Monstrosität".

Es ist mit radioaktiven Verunreinigungen gefüllt, zu denen Plutonium-239 gehört, eine der giftigsten Substanzen, die der Mensch kennt", erläuterte dieser.

Nichts ist für die Ewigkeit, und auf Runit Island währt die Ewigkeit besonders kurz. Bereits im Jahr 2013 ergaben Untersuchungen des US-Energieministeriums, dass die Betonkuppel Risse aufgrund von Verwitterung aufweise. Ein Bericht der Los Angeles Times schürte jüngst die Befürchtung, dass der Dome radioaktives Material in den Boden und das umgebende Wasser freisetzen könnte – wenn dies nicht schon längst geschehen ist.

Mit einer Höhe von acht Metern und einem Betondeckel von knapp 50 Zentimetern versehen, befindet sich die 73.000-Kubikmeter-Kuppel auf Höhe des Meeresspiegels. Doch auch die Marshallinseln sind von einem steigenden Meeresspiegel bedroht. Demzufolge sei "der Betonsarg vom Zusammenbruch durch steigende Meeresspiegel und andere Auswirkungen des Klimawandels bedroht". Tropenstürme stellen ein enormes zusätzliches Risiko  dar.

Es [die Kuppel, Anm. d. Red.] war das Ergebnis von US-Atomtests und dem Hinterlassen großer Mengen an Plutonium. Jetzt geht es allmählich unter, als Folge des Anstiegs des Meeresspiegels durch Treibhausgasemissionen von Industrieländern unter der Führung der Vereinigten Staaten", warnt Michael Gerrard, Direktor des Sabin Center for Climate Change Law an der Columbia University, der die Kuppel besuchte.

Die zuvor teilweise zwangsevakuierte indigene Bevölkerung der Marshallinseln leidet bereits seit Jahrzehnten unter den Auswirkungen der atomaren Verseuchung und des nuklearen Niederschlags. Tausende von Toten gehen auf das Konto der Atomtests. Fehlgeburten, deformierte Neugeborene und tödliche Krankheiten sind die Regel und nicht die Ausnahme. Die über die genauen Vorgänge im Dunklen gelassenen Inselbewohner erfuhren auch nicht, dass die US-Streitkräfte im Jahr 1958 130 Tonnen kontaminierten Bodens von Atomtests in Nevada auf die Marshallinseln verschiffen ließen.

Ebenso wenig erfuhren sie, dass die US-Regierung ein Dutzend Biowaffentests auf dem Atoll durchführen ließ, "einschließlich Experimente mit einem aerosolen Bakterium, das dazu bestimmt war, feindliche Truppen zu töten".

Im Jahr 2000 überreichte das Staatsoberhaupt der Marshallinseln dem US-Kongress eine Petition, in der weitere Projekte zur Dekontamination, ein umfassenderes Entschädigungsprogramm und bessere Gesundheitsmaßnahmen gefordert wurden. Doch der Petition wurde kein Gehör geschenkt. Infolge dessen beschritt insbesondere die vertriebene Bevölkerung des Bikini-Atolls den Klageweg. Ihre Klagen wurden jedoch im Jahr 2010 vom Obersten Gerichtshof der USA abgewiesen.

Die US-Administration weist jede Verantwortung für den Betonsarg und die nukleare Kontamination mit dem Argument von sich, dass sich die Kuppel auf dem Gebiet der Marshallinseln befinde und daher deren Regierung verantwortlich sei.

Ich frage mich, wie kann es sein, dass die Kuppel uns gehört? Wir wollen sie nicht. Wir haben sie nicht gebaut. Der Müll darin gehört nicht uns. Es gehört ihnen", empörte sich demnach Hilda Heine, die Präsidentin der Republik der Marshallinseln, während eines Interviews in ihrem Präsidentenamt im September.

Mehr zum Thema - "Aus militärischer Sicht kein Sinn": Warum die USA Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki abwarfen

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.