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Chinas Weißbuch zur Verteidigungspolitik: Manifest für Frieden und gegen westlichen Hegemonismus

Peking hat am Mittwoch ein Weißbuch zu seiner Verteidigungspolitik vorgestellt. Dort wird unter anderem der Wille Chinas bekräftigt, niemals einen atomaren Erstschlag durchzuführen. Peking erklärt zudem seine Gegnerschaft zum Hegemonismus und Unilateralismus.
Chinas Weißbuch zur Verteidigungspolitik: Manifest für Frieden und gegen westlichen HegemonismusQuelle: Reuters

von Hasan Posdnjakow

Am Mittwoch hat der Staatsrat der Volksrepublik China ein Weißbuch mit dem Titel "Chinas nationale Verteidigung in der neuen Ära" veröffentlicht. Darin stellt die chinesische Regierung ihre außen- und verteidigungspolitischen Grundsätze vor. Das Dokument enthält wichtige strategische Leitlinien.

Eingangs beschreiben die Autoren, dass Menschen weltweit derzeit zu einer Gemeinschaft mit einem gemeinsamen Schicksal werden. Mit der Entwicklung der wirtschaftlichen Globalisierung, der Informationsgesellschaft und der kulturellen Diversifikation entstehe zunehmend eine multipolare Gesellschaft, in der Frieden, Entwicklung und bilateral vorteilhafte Kooperation unumkehrbare Trends seien. Dennoch gäbe es "prominente destabilisierende Faktoren und Unsicherheiten" hinsichtlich der globalen Sicherheitspolitik, womit vor allem die aggressiven Züge der Vereinigten Staaten gemeint sein dürften.

Das Dokument hält fest, dass die Verteilung von strategischer Macht zunehmend ausgeglichener verteilt ist. Das Streben nach Frieden, Stabilität und Entwicklung sei zu der universellen Hoffnung der internationalen Gemeinschaft geworden. Die Kräfte für den Frieden seien stärker als die Kräfte für den Krieg. Aber das internationale Sicherheitssystem werde untergraben durch einen anwachsenden Hegemonismus, durch Machtpolitik und Unilateralismus sowie durch immer wieder angeheizte regionale Konflikte und Kriege.

Konkret beschuldigt Peking die USA unter anderem damit, die "Konkurrenz zwischen großen Staaten" provoziert und vertieft, seine Verteidigungsausgaben signifikant erhöht sowie die "globale strategische Stabilität" unterminiert zu haben.

Die Entwicklungen in dem Großraum Asien und den Pazifik bewerten die chinesischen Strategen positiv. Die Staaten dieser Region seien zunehmend sich dessen bewusst, dass sie Mitglieder einer Gemeinschaft mit einem gemeinsamen Schicksal seien. Dialog und Beratung seien für sie mittlerweile die bevorzugten Mittel zur Lösung von Streitigkeiten. Daher sei der Raum ein stabiler Teil der globalen Landschaft. Die Shanghaier Kooperationsorganisation schaffe eine konstruktive Partnerschaft, die nicht den Charakter einer militärischen Allianz gegen einen auswärtigen Feind trage. Sie fördere die Kooperation zwischen den Mitgliedsstaaten in den Bereichen der Sicherheit und der Verteidigung. Es handle sich um ein "neues Modell der regionalen Sicherheitskooperation."

Probleme sieht Peking dagegen auf der chinesischen Insel Taiwan. Dort würden sich separatistische Extremisten, unterstützt durch ausländische Mächte, breitmachen. Dies sei die größte Bedrohung für die "friedliche Wiedervereinigung" des Landes. Zudem würden "auswärtige separatistische Kräfte", die für die "Unabhängigkeit Tibets" sowie für die Schaffung von "Ostturkistan" eintreten, oft Aktionen gegen China durchführen, was die nationale Sicherheit und die soziale Stabilität des Landes bedrohe.

Dennoch trete Peking für das Prinzip der "friedlichen Wiedervereinigung" ein und schlage als Lösung das bereits in Hongkong und Macau erfolgreich erprobte Modell "Ein Land, zwei Systeme" vor. Die chinesische Regierung fördere die Entwicklung friedlicher Beziehungen zwischen dem Festland und Taiwan.

Hinsichtlich der militärischen Strategie Chinas halten die Autoren fest:

Das sozialistische System Chinas, die strategische Entscheidung, den Pfad der friedlichen Entwicklung zu folgen, die unabhängige Außenpolitik des Friedens, sowie die besten kulturellen Traditionen – Frieden und Harmonie als Eckpfeiler zu betrachten – bestimmen, dass China eine nationale Verteidigungspolitik folgen wird, die ihrer Natur nach defensiv ist."

In Bezug auf die Streitigkeiten im Südchinesischen Meer erklärt Peking, diese durch Verhandlungen mit den Staaten, die direkt betroffen sind, "auf der Grundlage historischer Tatsachen und des Völkerrechts" lösen zu wollen. China verteidige die Freiheit der Schifffahrt sowie die Freiheit des Überflugs.

Auf unmissverständlicher Weise drückt die chinesische Regierung ihre Gegnerschaft zu der Neuaufteilung von ganzen Staaten aus, wie sie vom Westen gern gegen Opponenten konzipiert und angewandt wird:

China ist fest entschlossen und hat die Fähigkeit, die nationale Souveränität und territoriale Integrität zu verteidigen und wird nie die Sezession eines Teils seiner Territorien durch irgendjemand, durch irgendeine Organisation oder politische Partei … erlauben. Wir versprechen (in diesem Zusammenhang) nicht, den Einsatz von Gewalt auszuschließen, und behalten uns die Option vor, alle nötigen Maßnahmen zu ergreifen. Das ist mitnichten gegen unsere Landsleute in Taiwan gerichtet, sondern gegen die Einmischung von ausländischen Kräften und der sehr kleinen Anzahl (von taiwanesischen Separatisten). Die Volksbefreiungsarmee wird entschlossen jeden besiegen, der versucht, Taiwan von China zu trennen …"

Anklagen aus dem Westen, dass China eine aufstrebende expansionistische oder gar imperiale Macht ist, zurückweisend, erklärt das Dokument, dass das bestimmende Merkmal von Chinas nationaler Verteidigung sei, nie Hegemonie, Expansion oder Einflusssphären anzustreben:

Obwohl ein Land stark werden kann, wird Kriegslust zu seinem Verderben führen. Die chinesische Nation hat den Frieden immer geliebt. Seit dem Beginn der modernen Zeit hat das chinesische Volk unter Aggressionen und Kriege gelitten und den Wert von Frieden und das dringende Bedürfnis nach Entwicklung gelernt. Daher wird China niemals solche Leiden irgendeinem anderen Land zufügen."

Als weiteres Argument für die Friedfertigkeit Chinas führt das Dokument an, dass China sich von einem armen und schwachen Land zu der weltweit zweitstärksten Wirtschaft entwickelt hat, ohne militärische Expansion oder koloniale Ausbeutung zu praktizieren. Im Gegenteil habe China jeden möglichen Versuch unternommen, um günstige Bedingungen für seine eigene Entwicklung zu schaffen, indem es den Weltfrieden verteidigte. Zudem habe es angestrebt, durch seine eigene Entwicklung den Weltfrieden zu stärken. Peking drückt in dem strategischen Dokument seine Hoffnung aus, dass alle Länder den Pfad der friedlichen Entwicklung einschlagen und gemeinsam Konflikte und Kriege verhindern:

China verpflichtet sich, mit allen Ländern freundschaftliche Zusammenarbeit auf der Grundlage der fünf Prinzipien des friedlichen Zusammenlebens zu entwickeln. Es respektiert das Recht aller Völker, ihren eigenen Entwicklungsweg eigenständig zu wählen, und steht für die Beilegung internationaler Streitigkeiten durch gleichberechtigten Dialog, Verhandlung und Konsultation. China ist gegen die Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten, den Missbrauch der Schwachen durch die Starken und jeden Versuch, anderen den eigenen Willen aufzuzwingen. China befürwortet Partnerschaften statt Allianzen und tritt keinem Militärblock bei."

China stehe für die Gegnerschaft zu Aggressionen und Expansion und lehne den willkürlichen Einsatz oder die Drohung mit Gewalt ab.

Die Grundlage der chinesischen Militärpolitik sei:

Wir werden nicht angreifen, solange wir nicht angegriffen werden, aber wir werden sicherlich zurückschlagen, sollten wir angegriffen werden."

Im Gegensatz zu einigen westlichen Staaten, wie die Vereinigten Staaten oder Israel, bekräftigt China, seine Atomwaffen niemals zuerst einzusetzen:

China bekennt sich immer zu einer Atomwaffenpolitik, der zufolge bedingungslos zu keinem Zeitpunkt und unter keinen Umständen Atomwaffen zuerst zum Einsatz kommen und keine Atomwaffen gegen Nichtatomwaffenstaaten oder atomwaffenfreie Zonen eingesetzt werden oder damit gedroht wird. China befürwortet langfristig das vollständige Verbot und die vollständige Zerstörung von Atomwaffen. China führt mit keinem anderen Land einen nuklearen Rüstungskampf durch und hält seine nuklearen Fähigkeiten auf dem für die nationale Sicherheit erforderlichen Mindestmaß."

Das Dokument weist darauf hin, dass der Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt seit drei Jahrzehnten konstant unter zwei Prozent liegt. Da das Ziel, China friedlich wieder zu vereinen, noch nicht erreicht sei, und zudem China eines der Länder mit einer sehr komplexen Sicherheitslage sei, stehe China vor ernsten Herausforderungen seiner nationalen Souveränität. Daher, so die Autoren, werden Chinas Verteidigungsausgaben wie in den letzten Jahren moderat ansteigen, im Einklang mit der wirtschaftlichen Entwicklung.

Als Gründungsmitglied der Vereinten Nationen und ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates befürworte China unentwegt die zentrale Rolle der Vereinten Nationen für die internationale Politik und halte entschlossen das Völkerrecht und die Grundwerte der UN-Charta hoch. Peking stehe ein für den Multilateralismus und befürworte die Demokratie in den internationalen Beziehungen.

China tritt gegen Hegemonie, Unilateralismus und Doppelstandards ein und fördert Dialog und Konsultationen…"

Zudem kritisiert Peking das Wettrüsten. Stattdessen müsse man das globale strategische Gleichgewicht und die Stabilität bewahren.

Ausgiebig lobt das Dokument die militärischen Beziehungen zwischen China und Russland, die auf einem "hohen Niveau" sich entwickeln würden. Das fördere die umfassende strategische Kooperationspartnerschaft zwischen China und Russland, die eine wichtige Rolle bei der Erhaltung der globalen strategischen Stabilität spiele.

Abschließend bekräftigt Peking noch einmal seinen Glauben, dass "Hegemonie und Expansion dazu verurteilt sind, zu scheitern.

China wird weiterhin der friedlichen Entwicklung verpflichtet bleiben und mit allen Menschen aller Länder arbeiten, um den Weltfrieden zu verteidigen und die gemeinsame Entwicklung zu fördern."

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