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Neonazis und Antifaschisten – Chemnitz in der ausländischen Presse

Oft führt Abstand zu einem Ereignis, zu einem weiteren Blickwinkel, zu schärferer Analyse und Einordnung. Die Demonstrationen in Chemnitz haben auch außerhalb Deutschlands zu einem Echo geführt. Wir haben einige Stimmen aus der ausländischen Presse gesammelt.
Neonazis und Antifaschisten – Chemnitz in der ausländischen PresseQuelle: AFP

Mit Besorgnis betrachtet auch die ausländische Presse die Demonstrationen in Chemnitz. Teilweise sind die Kommentare aber auch von eigenen Themen und Perspektiven gefärbt.

Mit kaum verhohlener Schadenfreude weist Robert Hardman von der Daily Mail darauf hin, dass die ausländerfeindlichen Ausschreitungen nicht in Brexit-Großbritannien, sondern in Deutschland, dem Herzen des "offenen und freundlichen" Europas, stattfanden. Nicht Großbritannien sei rückwärtsgewandt und nationalistisch, sondern die EU, besonders Deutschland, aber auch die Mitgliedsstaaten Ungarn und Polen.

Der Guardian sieht die Proteste als Ergebnis einer verfehlten Flüchtlingspolitik, aber auch verschleppter Probleme innerhalb Deutschlands. Das Gebiet der ehemaligen DDR trug am schwersten an der Last der Wiedervereinigung. Arbeitslosigkeit ließ die Menschen dort desillusioniert zurück. Gleichzeitig habe es die damalige DDR-Führung verpasst, demokratische Strukturen zu fördern und sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen. Dies habe die Hemmschwelle zu faschistischen Ideen herabgesetzt.

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"Strategie der Spannung"

Le Mondesieht in Deutschland hingegen eine extreme Rechte am Werk, die seit Monaten eine "Strategie der Spannung" fahre, die Verbrechen von Ausländern thematisiert und Bundeskanzlerin Merkel vorwirft, 2015 die Grenzen für Flüchtlinge geöffnet zu haben. Sie wirft der Regierung weiterhin vor, dieses Phänomen zu relativieren und nutze jeden Vorfall, um ihre Botschaft zu festigen.

Während von den Protestlern immer wieder zu hören ist, dass sie sich um ihre Sicherheit sorgen, werden die Proteste von der New York Times zur Systemfrage erklärt. Im Interview vergleicht Benjamin Jahn Zschoke von "Pro Chemnitz"die Situation mit den Montagsdemonstrationen von 1989 oder den Protesten nach der Ermordung des Studenten Benno Ohnesorg im Jahr 1965.

Bei der Lektüre fällt auf, dass die Berichterstatter häufig in ein bewährtes Schwarz-Weiß-Muster fallen, wenn es um die Beschreibung der Demonstranten geht. Obwohl nur ein Teil der Demonstranten aus gewaltbereiten Hooligans und Rechtsextremen bestand, sprechen fast alle ausländischen Zeitungen verallgemeinernd von den Protestierenden als "Rechtsextremen." Die Gegner der Aufmärsche wurden automatisch zu Antifaschisten oder Linksorientierten gemacht.

Die Nachrichtenagentur TASS berichtete von einem Zwischenfall, fokussierte sich jedoch auf einen Russen, der bei den Protesten verletzt worden ist. Die Komsomolskaja Prawda spricht von den Demonstranten als dem armen Rand der "einfachen, harten Arbeiter, die die westliche 'Toleranz' mit Verwirrung betrachten. Die Menschen forderten, die Migrationspolitik der Regierung zu ändern oder zumindest unter die strenge Kontrolle der Flüchtlinge zu bringen, die das Land überschwemmten."

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