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Britischer Ex-Botschafter legt nach: "Ein Typ von Propaganda, entwickelt von Lügnern"

Der ehemalige Botschafter Craig Murray hat sich in den vergangenen Tagen als analytischer Kritiker der offiziellen britischen Version im Fall des ehemaligen Doppelagenten Skripal präsentiert. Nun widmet er sich entsprechenden propagandistischen Winkelzügen.
Britischer Ex-Botschafter legt nach: "Ein Typ von Propaganda, entwickelt von Lügnern"Quelle: Reuters

Der nach wie vor über exzellente Kontakte verfügende britische Historiker, Menschenrechtler und Botschafter a.D. in Usbekistan, Craig Murray, argumentierte bereits wenige Tage nach dem Anschlag auf den ehemaligen Doppelagenten Sergej Skripal, dass die mit dem Fall befassten Chemiker nicht in der Lage seien, den mutmaßlich zum Einsatz gekommenen chemischen Kampfstoff "Nowitschok" als solchen zu identifizieren oder gar nach Russland zurückzuverfolgen. Die Wissenschaftler müssten dafür zumindest über eine eindeutig zuzuordnende Vergleichssubstanz verfügen.

In seiner Einschätzung beruft sich Murray unter anderem auf Dr. Robin Blake, den Leiter des britischen Laboratoriums für chemische Kampfstoffe in Porton Down. Dieser hatte im Jahr 2016 einen wissenschaftlichen Artikel veröffentlicht, in dem er unter anderem darlegte:

In den letzten Jahren gab es oft Spekulationen darüber, dass in den frühen 1970er Jahren als Teil des so genannten Foliant-Programms eine vierte Generation von Nervengasen, Nowitschoks, in Russland entwickelt wurde; dies mit dem Ziel, einen Kampfstoff zu finden, der defensive Gegenmaßnahmen unterlaufen würde. Informationen über diese chemischen Verbindungen waren in der Öffentlichkeit sehr spärlich, die meisten kamen von einem russischen Dissidenten und Militärchemiker mit dem Namen Wil Mirsajanow. Es wurde jedoch nie eine unabhängige Bestätigung über Struktur oder Eigenschaften von solchen chemischen Verbindungen veröffentlicht.

Blake ist nicht nur Leiter des aktuell die Todesumstände Skripals untersuchenden Laboratoriums Porton Down, sondern ebenfalls ein ehemaliger Kollege des Chemiewaffenexperten Dr. David Kelly, der nachwies, dass es sich bei der Behauptung, im Irak seien Massenvernichtungswaffen vorhanden, um eine inszenierte Lüge handelte. Kelly kam daraufhin im Juli 2003 unter mysteriösen Umständen ums Leben.

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Kompromissformeln können Leben retten

Nun beruft sich Ex-Botschafter Murray auf "Kontakte ins Foreign and Commonwealth Office", denen zufolge die in Porton Down tätigen Wissenschaftler erheblichem Druck ausgesetzt worden seien, um das gewünschte Ergebnis eines "Nervengases aus russischer Produktion" zu erzielen. Die verärgerten Chemiker wiesen die Anmaßung vonseiten der Politik jedoch zurück, so dass man sich im Ergebnis auf eine Kompromiss-Formulierung geeinigt habe. Demnach werde seither von einem Nervenkampfstoff "eines Typs, wie er von Russland entwickelt wurde" gesprochen.

Eine vorsätzlich spitzfindige Formulierung also, die auf der Tatsache beruht, dass der Nachweis einer russischen Urheberschaft für die verwendete Substanz eben nicht zu erbringen ist. Ein Schlupfloch, um diese dennoch bewusst suggerieren zu können, sollte jedoch offen bleiben.   

Wie der ehemalige Botschafter ebenfalls darlegt, handelt es sich bei "Nowitschok" nicht etwa um eine spezifische chemische Verbindung. Die Russen experimentierten vielmehr mit einer ganzen Reihe von Nowitschok-Verbindungen. Die Familie der Nowitschok-Nervengifte basiert zudem auf Ausgangsstoffen, wie sie auch in Insektiziden und Düngemitteln vorkommen und folglich frei verkäuflich sind.

Bei dem mutmaßlich verwendeten "militärischen" Nervengas handelte es sich daher, wenn man bei der Formulierung bleiben möchte, um einen "Typ" der chemischen Verbindung und nicht um "den Nowitschok-Nervenkampfstoff", als welcher die mutmaßlich zum Einsatz gekommene Substanz nun ihr Mediendasein fristet. Murray illustriert dies an einem anschaulichen Beispiel:

Diese Substanz ist 'ein Nowitschok'. Sie ist von diesem Typ. Genauso wie ich auf einem Typ Laptop schreibe, der in den USA entwickelt, aber in China hergestellt wurde.

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Suggestivformulierung wurde auch Teil der "gemeinsamen Erklärung"

Nicht ohne Grund verwendeten die britische Premierministerin May, deren Botschafter bei den Vereinten Nationen oder auch deren Außenminister Boris Johnson allesamt die suggestive Formulierung eines chemischen Kampfstoffs "von dem Typ, wie er von Russland entwickelt wurde".

Man Beachte: Entwickelt, nicht gemacht, produziert oder hergestellt", präzisiert der ehemalige Diplomat und Historiker.

Es sei daher auch kein Zufall, dass die entsprechende Formulierung ebenfalls Eingang in die "gemeinsame Stellungnahme" Großbritanniens, Deutschlands und Frankreichs fand, wie sie etwa von Regierungssprecher Steffen Seibert über dessen Twitterkanal verbreitet wurde:

Der Einsatz eines militärischen Nervenkampfstoffes eines Typs, wie er von Russland entwickelt wurde, stellt die erste offensive Anwendung eines solchen Nervengiftes in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg dar.

Anleitung gibt's über Amazon

Zu den verbalen Fallstricken gesellt sich zudem die Tatsache, dass die Briten, neben etlichen anderen Staaten, Varianten des Kampfstoffs synthetisch selbst hergestellt haben könnten. Dies behauptet zumindest der Militärchemiker Wil Mirsajanow, der am Nowitschok-Programm beteiligt war:

Die Briten könnten das [die chemische Substanz] problemlos synthetisiert haben und zwar auf Basis der Formeln meines Buches, das ich im Jahr 2008 veröffentlichte.

Es ist zumindest schwer vorstellbar, dass die verantwortlichen britischen Kreise nicht über einen Amazon-Zugang verfügen. Der ehemalige Botschafter zieht daher ein ernüchterndes Fazit:

Es handelt sich um sorgfältig formulierte Propaganda eines Typs, entwickelt von Lügnern.

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