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Von Einschaltquoten und nationalem Stolz: Was Finanzquellen über das IOC verraten

Follow the money: Das IOC wird zunehmend zum Spielball nicht-olympischer Interessen. Der Blick in dessen Jahresbilanzen zeigt, dass es in der ersten Linie US-Gelder sind, die die olympische Flamme befeuern. In den Gremien gibt hingegen Europa den Ton an.
Von Einschaltquoten und nationalem Stolz: Was Finanzquellen über das IOC verratenQuelle: Reuters

Gibt es eine rationale Erklärung dafür, warum es oft ausgerechnet US-Amerikaner und Kanadier sind, die die russischen Athleten in Pyeongchang demonstrativ nicht begrüßen? Und warum ausgerechnet die Medien aus diesen Staaten die Anwesenheit der Russen selbst als einzelne Sportler nach der Suspendierung des russischen Olympia-Teams bedauern?

Spätestens nach dem IOC-Ausschluss zahlreicher unbelasteter russischer Spitzensportler, darunter mehrerer Olympiasieger von Sotschi, wird immer klarer, dass es hinter der Suspendierung der Russen abseits des vielbeschworenen Kampfes gegen das Doping noch so einige andere Motive gibt. Irgendetwas wiegt schwerer als selbst die Einhaltung des grundlegendsten rechtsstaatlichen Prinzips – jenes der Unschuldsvermutung.

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Doch was könnte das sein? Die Russen kritisieren das IOC, dieses habe im politischen Auftrag gehandelt - zu sehr trägt die Hysterie um das vermeintliche russische Staatsdoping Züge einer ausgeklüngelten PR-Kampagne, zu abenteuerlich die Anschuldigungen, zu dubios sind die "Kronzeugen". Der Wille, dadurch Druck auf die russische Gesellschaft und politische Führung auszuüben, ist offensichtlich. Für große Teile der politischen und sportlichen Eliten in vielen westlichen Staaten ist die Beschuldigung der Russen auch identitätsstiftend – wieder können die anderen als "das Böse" dastehen.

Das teuerste Fernsehen der Welt

Aber diese Ziele sind kaum messbar. Etwas belegen können nur die Zahlen. Und diese führen in die US-amerikanischen Haushalte – durch Fernsehgeräte und internetfähige Gadgets. Denn die milliardenschweren Einnahmen des IOC beruhen auf dem Verkauf der Übertragungsrechte – und die teuersten Verträge hat das Olympiakomitee ausgerechnet mit dem US-amerikanischen Hörfunk- und Fernseh-Netzwerk NBC (National Broadcasting Company) geschlossen. Im Jahr 2014 hat sich das IOC die Verträge mit NBC bis zum Jahr 2032 gesichert – für 7,75 Milliarden Dollar insgesamt oder auch 1,3 Milliarden pro Olympische Spiele. Zum Vergleich: In der letzten Olympia-Periode verdiente das IOC rund acht Milliarden US-Dollar, mit steigender Tendenz.  

Damit kommen aktuell bis zu 40 Prozent aller Erlöse der Olympiabewegung, deren Schirmherr das IOC ist, von einem einzigen US-amerikanischen Medienkonzern. Insgesamt macht der Verkauf der Übertragungsrechte 73 Prozent der IOC-Einnahmen aus. Ein anderer wichtiger Bestandteil sind Vermarktungsrechte der 13 olympischen Partner-Unternehmen im Rahmen eines TOP-Programms, das sich an olympische Sponsoren richtet. Das sind entweder US-amerikanische Konzerne wie Coca-Cola, McDonald's, P&G, Dow, General Electric, Visa und Intel oder global tätige Unternehmen mit US-Beteiligung wie das japanische Bridgestone. Sie bringen 18 Prozent der Erlöse in die IOC-Kasse. Der Rest speist sich überwiegend aus Ticketverkäufen und Merchandising-Artikeln mit Olympia-Symbolik.

Damit sind jene 78 Prozent der US-TV-Haushalte, die auf die Berichterstattung der NBCUniversal-Gruppe über die Olympischen Spiele eingestellt sind, die wichtigste tragende Säule der IOC-Finanzierung. Amerikaner beherrschen übrigens auch den europäischen Fernsehmarkt. Die Fernsehrechte für ganz Europa wurden für vier Spiele in den Jahren 2018 bis 2024 für 1,3 Millarden Dollar an den US-Medienkonzern Discovery verkauft – für 0,4 Milliarden pro Turnier. Das ist auch nicht wenig, wenn man bedenkt, dass die Austragungsorte von drei Olympischen Spielen in diesem Zeitraum nicht in Europa, sondern im fernen Asien liegen.

Statistiken belegen: Mit jeder Olympiade steigt die Anzahl der Haushalte, die die Olympischen Spiele verfolgen, eklatant an. Mehr Sendestunden, mehr Sendungen und begleitende Showprogramme kurbeln das Interesse des Publikums zusammen mit neuen technischen Möglichkeiten weltweit an.

Bei einer Verdopplung der Sendestunden gegenüber den Spielen in London hätte die Hälfte der Weltbevölkerung die Spiele in Rio verfolgt, das sei ein weiterer Wendepunkt in der Geschichte des olympischen Rundfunks - ist im jährlichen Bericht des IOC zum Jahr 2016 zu lesen.

Weltweite Spiele, nationales Ereignis

Dabei werden die Spiele durch so hohe Übertragungsraten in jedem Land und vor allem in westlichen Staaten zum wichtigsten nationalen Ereignis schlechthin. Die Teilnahme und Siege der eigenen Sportler sollen hierbei allerdings eine entscheidende Rolle spielen: Man freut sich offenbar der Medaillen, die den stolzen Gewinnern mit Hymne und Nationalsymbolik des eigenen Landes auf dem Olympia-Podium aufgezogen werden. Für zahlungskräftige IOC-Partner ist das auch der entscheidende Umstand in ihrer Marketingstrategie.

Die besten Athleten aus Kanada und der ganzen Welt haben uns Tag für Tag in Rio inspiriert und es war unser Privileg, diese Momente des Triumphes und des gemeinsamen Herzschlags mit so vielen Kanadiern zu teilen", zitiert das IOC Greg Stremlaw, den Exekutivdirektor von CBC Sports, im erwähnten Jahresbericht.

Bis zu 31 Millionen Kanadier konnten nach Schätzung des IOC die Berichterstattung aus Rio verfolgen. Ähnlich klingt auch Barbara Slater, die Sportdirektorin bei BBC

Wir sind unglaublich stolz darauf, Momente von nationaler Bedeutung wie diese großartigen Spiele einem möglichst breiten Publikum zugänglich zu machen.

Auch dieses Pathos wird mit Zahlen gestützt:45,24 Millionen britischer Zuschauer verzeichneten die Statistiken bei Olympia 2016 - eine Rekordquote bei Olympischen Spielen, die nicht in Großbritannien ausgetragen wurden.

Von nationaler Bedeutung spricht auch Marinho Neto, der Vorstandschef der Sportabteilung von Grupo Globo:

Wir nutzten die ganze Kraft unserer Content-Plattformen, um die Spiele zu einem wahrhaft nationalen Erlebnis zu machen, und das Ergebnis war historisch", sagte er nach den Spielen in Rio.

Und der größte Medienpartner der Spiele, der Vorstandschef der NBC Sports Group, Mark Lazarus, betont, dass man nur mit Olympischen Spielen ein "derart großes Publikum", darunter viele junge Menschen, aggregieren könne.

Immer ein Gewinn

Das IOC verdient nicht nur viel, sondern riskiert auch nichts, denn die ganzen Kosten tragen die NOCs – die Nationalen Olympischen Komitees, wobei diese im Gegenzug aus Einnahmen des IOC unterstützt werden. Als gemeinnützige Organisation gibt das IOC bis zu 90 Prozent seiner Einnahmen für die Organisation der Turniere und die Unterstützung des Sports in vielen Ländern der Welt aus. Aber auch die beim IOC verbliebenen zehn Prozent sollten bei Milliardenumsätzen für üppige Gehälter ihrer Funktionäre reichen.

Und in der Regel wechseln die Sportfunktionäre der internationalen Gremien eines Tages auch in die zahlreichen Tochterunternehmen, was für eine zusätzliche Verflechtung zwischen Sport, Wirtschaft und nicht zuletzt Politik sorgt. So ist der erste WADA-Chef, der seinerzeit auch für den Posten des IOC-Vorsitzenden kandidierte, der Kanadier Dick Pound, seit 2014 der Chef der Olympic Broadcast Services – eines IOC-Tochterunternehmens, das für die technische Umsetzung der Olympia-Berichterstattung zuständig ist.

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Die Krone von Sotschi

US-Amerikaner haben jedoch - gemessen an ihrem enormen Einfluss als praktische Finanziers des IOC - in seinem Exekutivkommittee eine relativ niedrige Vertretung. Dort spielen die Europäer die erste Geige - allein aus deutschsprachigen Ländern sollen 13 Mitglieder stammen. Es liegt deshalb die Vermutung nahe, dass die Angelsachsen bezüglich der Suspendierung der russischen Olympia-Mannschaft und des Ausschlusses der russischen Spitzensportler – auch mit Mitteln der exterritorialen US-Justiz - Druck auf die Europäer ausgeübt haben, um zu zeigen, wer der Herr im Hause ist.

Dass es dabei auch einen Zusammenhang zwischen millionenfachen TV-Einschaltquoten und den Erfolgen eigener Olympiamannschaften geben muss, ist eine Tatsache, die so klar wie banal ist. Der Druck auf den russischen Sport, zunächst durch Medien, dann durch die WADA und schließlich durch das IOC begann spätestens seit dem Olympia-Sieg der Russen bei den Winterspielen 2014 in Sotschi, als sie die größte Anzahl sowohl an Goldmedaillen als auch im Gesamtergebnis geholt hatten. Inzwischen fielen sie infolge einer Reihe von Suspendierungen vonseiten des IOC, im Zuge derer Russland insgesamt elf Medaillen verlor, auf Platz drei zurück. Der jüngste Freispruch von 28 russischen Athleten durch das internationale Sportschiedsgericht CAS macht den Weg zum ersten Platz in Sotschi wieder frei. Ein Tauziehen, das auch monetär gemessen werden kann.

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