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Polarwirbel auf der Sonne: Warum er Wissenschaftler ernsthaft verwirrt

Bilder des James-Webb-Teleskops der NASA haben einen riesigen Plasmawirbel enthüllt, der offenbar um den Nordpol der Sonne wirbelt. Der "solare Polarwirbel" stellt Sonnenforscher nun vor Rätsel.
Polarwirbel auf der Sonne: Warum er Wissenschaftler ernsthaft verwirrtQuelle: Gettyimages.ru © MARK GARLICK/SCIENCE PHOTO LIBRARY

Astronomen auf der ganzen Welt sind begeistert von einem neuen Video, das in den sozialen Medien die Runde macht. Darauf ist zu sehen, wie sich ein riesiger Teil der Sonne von ihrer Oberfläche löst und einen tornadoartigen Wirbel bildet. Das Phänomen wurde vom James-Webb-Teleskop der NASA aufgezeichnet und hat die Astronomen in Erstaunen versetzt. "Wir sprechen von einem Polarwirbel! Material von einer nördlichen Protuberanz hat sich soeben vom Hauptfilament gelöst und zirkuliert nun in einem massiven polaren Wirbel um den Nordpol unseres Sterns", schrieb die Weltraummeteorologin Tamitha Skov auf Twitter und teilte eine Videosequenz, die vom Solar Dynamics Observatory der NASA aufgenommen wurde und den seltsamen Wirbelwind zeigt.

"Die Bedeutung für das Verständnis der atmosphärischen Dynamik der Sonne oberhalb von 55° kann nicht hoch genug eingeschätzt werden!"

Andere Sonnenphysiker teilen Skovs Aufregung über das ungewöhnliche Phänomen. Aber was genau ist es und warum ist es so wichtig? Die Sonne ist der wichtigste Grund für das Bestehen des Lebens auf der Erde. Die Sonne, die wie ein Flammenball aussieht, gibt aufgrund der Kernfusion in ihrem Kern ständig Energie ab. Etwa 25 Prozent des Rests bestehen aus Heliumgas. Sie enthält auch sehr geringe Mengen an schweren Elementen, darunter Sauerstoff, Kohlenstoff, Neon und Eisen. Zwar versetzt die Erforschung der Sonne Astronomen immer wieder in Erstaunen, aber der Umstand, dass sich ein großer Teil der Sonne von ihrer Oberfläche gelöst und nun einen zyklonartigen Kreislauf um ihren Nordpol gebildet hat, hat die Wissenschaftler ganz besonders verblüfft.

Für sie stellt sich nun die Frage, wie es zu diesem Vorfall kommen konnte. Was war passiert? Im Wesentlichen schoss ein langer Plasmafaden –, das elektrisch geladene Gas, aus dem alle Sterne bestehen –, aus der Sonnenoberfläche heraus und bildete eine riesige Schleife, die als Protuberanz bezeichnet wird. Protuberanzen bestehen aus Wasserstoff und Helium und brechen in der Regel aus, wenn eine Struktur instabil wird und nach außen hin ausbricht, wobei das Plasma freigesetzt wird. Protuberanzen treten häufig auf und können sich über Hunderttausende von Kilometern in den Weltraum erstrecken, da sich das Sonnenplasma entlang verworrener Magnetfeldlinien windet. So sendet die Sonne elektromagnetische Strahlung aus, die gar die Kommunikation auf der Erde bedrohen kann. 

Seltsam ist jedoch, dass eine Protuberanz plötzlich auseinanderbricht und dann stundenlang in der Luft bleibt und um die Pole der Sonne herumwirbelt. Die Astronomen wollen daher nun untersuchen, ob der neu entstandene Polarwirbel am Nordpol der Sonne möglicherweise auch Auswirkungen auf den natürlichen Kreislauf der Erde haben könnte. Wie Skov und andere Forscher bemerkten, ähnelt der aus dem Vorfall resultierende Plasmazyklon nämlich einem Polarwirbel –, einer Art Tiefdrucksystem, das im Winter große Schleifen kalter Luft über den Polen der Erde bildet. 

Auf der Erde zeigen sich Polarwirbel als sogenannte Kaltluftwirbel, die sich in den Wintermonaten sowohl über der Arktis als auch über der Antarktis entwickeln. Sie drehen sich in die entgegengesetzte Richtung der Erde. Ein Polarwirbel ist ein Tiefdruckgebiet, das heißt eine Kaltluftzone. In der Regel hat diese einen Durchmesser von rund 1.000 Kilometer. Die Polarwirbel treten vorrangig im Winter auf, da dann größere Temperaturunterschiede entstehen. Obwohl sie an den Polen zu finden sind, können Polarwirbel Einfluss auf das restliche Wetter auf der Erde ausüben. Doch was bedeutet das nun für unsere Sonne? 

Scott McIntosh, ein Sonnenphysiker und stellvertretender Direktor am National Center for Atmospheric Research in Boulder, Colorado, sagte gegenüber Space.com, dass er zwar noch nie zuvor ein derartiges Verhalten von Sonnenplasma beobachtet habe. Allerdings, betonte er, sei es im Laufe eines jeden Sonnenzyklus normal, dass sich in der Nähe der 55-Grad-Breitengrad-Linie der Sonne – wo das seltsame Phänomen gesichtet wurde – vereinzelt sogenannte Filamente (Protuberanzen) lösten. Ein Sonnenzyklus ist ein elfjähriger Zeitraum, in dem die Aktivität unserer Sonne zwischen einer Phase der Ruhe und einer Phase gehäufter Sonnenflecken, Plasma-Ausbrüche und Sonnenstürme hin und her schwingt.

Filamente wie diese treten häufiger auf, wenn sich der elfjährige Aktivitätszyklus der Sonne auf das Sonnenmaximum zubewegt, die Zeit der höchsten magnetischen Aktivität der Sonne. Während des Sonnenmaximums verwirren sich die Magnetfeldlinien der Sonne und reißen mit hoher Frequenz, wodurch viele Sonnenflecken entstehen und große Plasmaströme weit in den Weltraum geschleudert werden. Das nächste Sonnenmaximum wird für das Jahr 2025 vorhergesagt. Daher hat die Sonnenaktivität in den letzten Monaten bereits kontinuierlich zugenommen.

Plasmafilamente stellen für sich genommen keine Gefahr für die Erde dar. Ausbrechende Filamente können jedoch zur Freisetzung riesiger, sich schnell bewegender Plasma- und Magnetfeldblasen führen, die als koronale Massenauswürfe (CMEs) bezeichnet werden. Wenn einer dieser elektrisch geladenen Brocken die Erde passiert, kann er Satelliten beschädigen, die elektrische Kommunikation stören, weit verbreitete Stromausfälle auslösen und dafür sorgen, dass farbenprächtige Polarlichter in viel niedrigeren Breitengraden als gewöhnlich zu sehen sind.

Glücklicherweise war das Filament vom 2. Februar nicht auf die Erde gerichtet und hat keinen CME ausgelöst. Dennoch sind nun weitere Forschungen erforderlich, um herauszufinden, wie und warum sich dieser seltene Sonnenwirbel gebildet hat und welche Folgen er gegebenenfalls haben könnte. Die Wissenschaftler vermuten zumindest, dass das Phänomen mit der Umkehrung des Magnetfelds der Sonne zusammenhängen könnte. Ähnlich wie auf der Erde spielen die Polarregionen der Sonne bei der Entstehung ihres Magnetfelds nämlich eine sehr große Rolle. 

"Einmal in jedem Sonnenzyklus bildet sich auf dem 55. Breitengrad ein Filament und beginnt, zu den Sonnenpolen zu wandern", erklärte McIntosh. "Doch das neu entdeckte verhält sich sehr merkwürdig. Es gibt eine große Frage nach dem 'Warum'. Warum bewegt er sich nur einmal in Richtung der Pole und verschwindet dann, um drei oder vier Jahre später auf magische Weise in genau derselben Region wieder aufzutauchen?" McIntosh wies auch darauf hin, dass es sich bei der von dem Phänomen betroffenen Region um ein Gebiet handele, das nicht direkt beobachtet werden kann, da die Wissenschaftler die Sonne nur von der Ekliptikebene aus beobachten können, also von der Umlaufbahn der Planeten aus.

Zwar könnte die laufende Mission "Solar Orbiter" der Europäischen Weltraumorganisation ESA den Wissenschaftlern einen gewissen Einblick gewähren, da sie Bilder der Sonne aus der Umlaufbahn des Merkurs aufnimmt. Doch McIntosh glaubt, dass es eine weitere Mission benötige, um die Vorgänge auf der Sonne vollständig zu verstehen. Vorgänge auf der Sonne bereiten immer wieder derartige Überraschungen. Da jene sich jedoch auch auf die Erde oder andere Aspekte des Sonnensystems auswirken können, behalten Wissenschaftler solche außergewöhnlichen Phänomene in der Regel genau im Auge. Weitere Details über den jüngsten Vorfall werden allerdings erst in den kommenden Monaten erwartet, wenn die Wissenschaftler den Vorfall eingehender untersuchen konnten.

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