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Schicksal des in Donezk gefangenen Kroaten: Lebenslänglich oder Todesstrafe?

Der mutmaßliche kroatische Söldner Vjekoslav Prebeg, der in den Reihen der ukrainischen Streitkräfte gekämpft hat, wurde im April von Angehörigen der Volksrepublik Donezk festgenommen. Während er auf seine Verhandlung wartet, sucht Kroatien nach Verhandlungsoptionen.
Schicksal des in Donezk gefangenen Kroaten: Lebenslänglich oder Todesstrafe?Quelle: www.globallookpress.com © www.imago-images.de

von Marinko Učur                     

Einem in Zagreb geborenen Söldner aus Kroatien droht lebenslange Haft oder die Todesstrafe wegen der durchgeführten "Ausbildung zur Ausübung terroristischer Aktivitäten", was nach Artikel 232 des Strafgesetzbuches der Volksrepublik Donezk strafbar ist, aber auch wegen seiner "Teilnahme als Söldner an bewaffneten Konflikten und Feindseligkeiten", was nach Artikel 430 desselben Gesetzbuches strafbar ist. So lautet es in der Anklageschrift. In derselben Anklage beschuldigt die Staatsanwaltschaft zwei weitere ausländische Söldner, und zwar den Schweden Mattis Gustafsson und den Engländer John Harding.

Unmittelbar nach der Anklage gegen Prebeg erhob die Staatsanwaltschaft der Volksrepublik Donezk auch Anklage gegen die Gruppierung Medwedi des "Asow"-Bataillons, die ebenfalls wegen kriminellen Zusammenwirkens angeklagt ist. Für sie wird auch die Todesstrafe gefordert. Anfang Juni verurteilte dasselbe Gericht, das laut Zagreb international nicht anerkannt ist, bereits den marokkanischen Staatsbürger Saadoun Brahim sowie die Briten Aiden Aslin und Shaun Pinner zum Tode. Prebeg wurde – wie auch den anderen, die bereits Berufungen gegen die Urteile angekündigt haben – ein Pflichtverteidiger zugewiesen.

Das offizielle Zagreb sieht sich aufgrund des blinden Gehorsams gegenüber den Granden der in Brüssel wie auch gegenüber Washington, D.C. selbstverschuldet plötzlich in einer ziemlich prekären Zwickmühle. Einerseits hat sich Kroatien mit Sanktionen gegen Russland energisch auf die Seite der Ukraine gestellt, andererseits versucht Kroatien fieberhaft, seinen Bürger auf diplomatischem Weg zu retten.

Unmittelbar nachdem bekannt wurde, dass gegen einen Söldner aus Kroatien Anklage erhoben worden war, erklärte das kroatische Außenministerium unter der Leitung von Gordan Grlić Radman, der kürzlich erst den Präsidenten der Russischen Föderation Wladimir Putin wegen der militärischen Sonderoperation einen "Kriegsverbrecher" nannte:

"Die Republik Kroatien verurteilt aufs Schärfste die Anklage gegen den kroatischen Staatsbürger Vjekoslav Prebeg durch die sogenannte Volksrepublik Donezk. Die Republik Kroatien weist die Anklage zurück und hält sie für unbegründet und unrechtmäßig, da sie gegen das Völkerrecht und internationale Konventionen zur Behandlung gefangener Zivilisten und Kriegsgefangener verstößt."

So heißt es in der Mitteilung des kroatischen Außenministeriums. Gleichzeitig spekulieren die Medien über das weitere Schicksal ihres Landsmannes und erinnern an die Todesurteile der Justiz der Volksrepublik Donezk gegen andere ausländische Kämpfer. "Ich bin auf das Schlimmste vorbereitet, hoffe aber auf das Beste", sagte der kroatische Freiwillige in seiner ersten Erklärung, nachdem er in die Hände von Kämpfern der Volksrepublik Donezk gefallen war. Im Bewusstsein des Ernstes der Lage, in der er sich als Gefangener befindet, behauptete er aber, er sei weder Söldner noch Mitglied des Asow-Regiments. Der Militäranalyst Igor Tabak ist sehr skeptisch über die Spielräume Kroatiens, etwas für die mögliche Freilassung seines Bürgers unternehmen zu können.

"Kroatien unterhält keine diplomatischen Beziehungen zu diesen Gebilden in Donezk und Lugansk, und deshalb sehe ich keine Möglichkeit, mit ihnen direkt darüber zu sprechen." Vjekoslav Prebeg wurde weder allein noch bei irgendeiner Art von Sabotage oder Überfall ohne Uniform erwischt, und daher ist seine Lage ziemlich klar, wenn diejenigen, die ihn als Mitglied der regulären ukrainischen Armee gefangen genommen haben, ein solches Recht einhalten wollten", betont Tabak.

"Ich habe es meinen Freunden im Donbass gesagt und sie gebeten, die kroatischen Gefangenen im Auge zu behalten. Ich glaube nicht, dass es ein Todesurteil geben wird, aber es wird eine Gefängnisstrafe geben, und das sollte diplomatisch gelöst werden. Eines Tages wird die Zeit für den Austausch von Gefangenen kommen", glaubt Asimow und zeigt in diesem Fall eine Portion Optimismus.

Božo Kovačević, ein Kenner der Angelegenheit aus dem Bereich internationale Beziehungen, stellt seine Sicht auf den Status dieses Kriegsgefangenen dar und gibt zu, dass alle Hoffnung in Bezug auf seine mögliche Freilassung fragwürdig ist:

"Formal und rechtlich hat Kroatien keine Möglichkeit, auf die Freilassung seines gefangenen Bürgers zu bestehen, da die Organisation, die ihn gefangen hält, international nicht anerkannt ist. Auf der anderen Seite besteht die Verpflichtung Kroatiens, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um sich um seinen Bürger zu kümmern, um seine etwaige Freilassung zu erzielen. In diesem Fall wird mit "guten Diensten" jener Partei gerechnet, mit der Kroatien einige Beziehungen unterhält und die wieder mit jenen in Kontakt steht, die diesen Menschen gefangen genommen haben."

Weiter erklärt Kovačević:

"Die Möglichkeiten sind hier jedoch sehr begrenzt, da es nur zwei Parteien gibt, die gewisse Beziehungen zu diesen abtrünnigen Republiken haben – das sind Russland und die Ukraine. Es stellt sich die Frage, inwieweit diese Entität im Donbass bereit ist, einer Rolle der Ukraine zuzustimmen. Mir scheint, dass die Russische Föderation der einzige diplomatische Kanal bleibt, aber es gibt auch einige Möglichkeiten, die nicht durch internationales Recht kodifiziert sind. Mit anderen Worten, es können juristische oder private Personen sein, die möglicherweise Einfluss auf jemanden in der Hierarchie der Behörden dieser Republiken im Donbass haben."

Die Lage ist sehr heikel, und bei solchen Gelegenheiten ist es offensichtlich am besten, wenn die Öffentlichkeit von allen Einzelheiten "verschont" wird, bis die fragwürdige "Befreiungsaktion" erfolgreich abgeschlossen ist. Die Hoffnung auf die Freilassung von Personen, denen schwere Anklagen vorgehalten werden, ist derzeit unbegründet. Und das Schicksal der beschuldigten ausländischen Söldner liegt immer noch in den Händen der Justiz und der Behörden der Volksrepubliken Donezk und Lugansk, die bisher kein Mitgefühl für jene zeigen, die mit Waffen in ihr Land kamen – bereit, die schlimmsten Verbrechen zu begehen.

RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

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