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Der Westen kann sich nicht entscheiden, ob er Afrika sanktionieren oder verführen soll

Beim Versuch Wege zu finden, um Russlands und Chinas Partnerschaften in Afrika wirksam entgegenzuwirken, geben sich Washington und seine westlichen Verbündeten nicht damit zufrieden, entweder Honig oder Essig einzusetzen – also greifen sie auf beides gleichzeitig zurück.
Der Westen kann sich nicht entscheiden, ob er Afrika sanktionieren oder verführen sollQuelle: www.globallookpress.com © Richard Mazzella/Keystone Press Agency

Eine Analyse von Rachel Marsden

Typischerweise bestand der westliche Modus Operandi darin, durch militärische Interventionen unter irgendeinem Vorwand eine Präsenz in einem Zielland zu errichten, in der Hoffnung, schließlich von einer militärischen in eine wirtschaftliche Präsenz überzugehen. Die jüngste Geschichtsschreibung deutet jedoch darauf hin, dass die westlichen Eliten diesen Übergang nie ganz geschafft haben, bevor ihre Pläne endgültig schiefgingen. Unfähig, den Hauptpreis – typischerweise die natürlichen Ressourcen eines Landes – in die Hände zu bekommen, wurden sie schließlich entweder rausgeschmissen, wie es bei Frankreich in Mali der Fall war, oder am Ende dazu gezwungen, die eigenen Verluste zu begrenzen, so wie es die USA in Afghanistan tun mussten.

Russland und China waren in der Lage, die Lücke, die durch fehlgeleitete westliche Militärabenteuer im Ausland geschaffen wurde, effektiv auszunutzen. Im Fall von Mali bot Russland der Übergangsregierung Militärhubschrauber, Radargeräte und Waffen an, zusätzlich zu Soldaten und Ausbildern. Berichten zufolge sollen diese im westafrikanischen Land operierenden Soldaten der privaten Sicherheitsfirma Wagner angehören, und obwohl sich Russland offiziell von dieser Gruppe distanziert, nutzt Moskau dieses Standbein nun in einer erweiterten Zusammenarbeit.

Der russische Außenminister Sergei Lawrow sagte während einer Pressekonferenz im vergangenen Mai, die er mit seinem malischen Amtskollegen Abdoulaye Diop abhielt:

"Wir haben den praktischen Aspekten der Organisation von Lieferungen von Weizen, Mineraldünger und Erdölprodukten aus Russland besondere Aufmerksamkeit geschenkt, die von den Menschen in Mali heute, unter den Bedingungen illegitimer westlicher Sanktionen, so dringend benötigt werden."

Frankreich und die USA sanktionierten das Land nach den aufgeschobenen Neuwahlen, die auf zwei Staatsstreiche folgen sollten. All diese Ereignisse fanden vor den Augen des französischen Militärs und der EU-Ausbildungsmission mit Sitz in der Hauptstadt Bamako statt.

Und jetzt schreitet Washington mit einem neuen Instrument voran, um afrikanische Länder zu bedrohen, die sich Washingtons Interessen widersetzen. Das "Gesetz zur Bekämpfung bösartiger russischer Aktivitäten in Afrika" richtet sich gegen afrikanische Regierungen, Beamte und Unternehmen, die mit Russland Geschäfte machen, was im Gesetzestext als "Manipulation" und "Ausbeutung" von Afrikanern zugunsten Russlands bezeichnet wird.

Der Plan ist im Geiste derselbe wie im "Gesetz zur Bekämpfung des russischen Einflusses in Europa und Eurasien" von 2017 oder im "Sanktionsgesetz gegen die Gegner Amerikas", das auf den Iran, Russland und Nordkorea abzielt, aber auch Indien bedroht aufgrund des Kaufs des russisches Raketenabwehrsystems S-400. Dasselbe Gesetz wurde dafür genutzt, den Bau der Nord Stream 2-Pipeline für den Transport russischen Gases nach Westeuropa unter Androhung amerikanischer Sanktionen zu behindern – und damit effektiv einen potenziellen neuen Markt für die Exporte von US-Flüssiggas zu erschließen.

Gleichzeitig hat die westliche G7-Allianz einen 600-Milliarden-Dollar-Plan zum Aufbau ausländischer Infrastruktur in Afrika und Lateinamerika vorgeschlagen, wobei Washington 200 Milliarden US-Dollar und die EU weitere 300 Milliarden US-Dollar zugesagt haben. Private Unternehmen sollen voraussichtlich ebenfalls mit an Bord kommen, um in die Projekte zu investieren. Was will man also in Zukunft tun? Einige dieser afrikanischen Länder erst sanktionieren und dann verlangen, dass sie westliches Geld annehmen? Wie umständlich.

Die Idee dahinter ist natürlich, dem BRI-Projekt von China etwas entgegenzusetzen, wenn auch ein Jahrzehnt zu spät und während noch hunderte Milliarden Dollar fehlen. Die Botschaft aber ist klar: Diese Länder können sich entweder mit Russland, China sowie anderen Gegnern der USA auseinandersetzen und mit Sanktionen zugeschüttet werden, oder sie können diese wunderbare Gelegenheit nutzen, Washington und seine westlichen Verbündeten ins eigene Land zu lassen, um dort schöne neue Dinge zu bauen.

Eine ewige Kritik der USA an China ist, dass es sein BRI-Projekt ausnutzt, um Länder in eine "Schuldenfalle" zu locken und ihnen Pekings Einfluss aufzuzwingen. Aber es ist nicht so, dass Washingtons Absicht gegenüber unterentwickelten Ländern rein altruistisch wäre. Man schaue sich zum Beispiel nur an, wie der von den USA finanzierte Marshall-Plan für das Europa nach dem Zweiten Weltkrieg dazu beigetragen hat, Scheinfirmen der CIA auf dem ganzen Kontinent zu gründen. Oder wie Washington Projekte der "Zivilgesellschaft" in unterentwickelten Zielländern finanziert, die am Ende als geheimdienstliche Operationen entlarvt werden, um die dortigen Regierungen zu untergraben. Ein solches Beispiel ist ein Twitter-ähnliches Social-Media-Projekt in Kuba, das von USAID finanziert und 2014 von Associated Press aufgedeckt wurde.

US-Präsident Joe Biden sagte auf dem G7-Gipfel in Deutschland, dass zu den Investitionsprojekten eine industrielle Produktionsanlage für Impfstoffe im Senegal, ein globales Unterwasser-Telekommunikationskabel am Horn von Afrika, neue Solarprojekte in Angola und eine Kernreaktoranlage in Rumänien gehören sollen. Aber bestenfalls holt er damit die 59 Milliarden US-Dollar ein, die China allein im vergangenen Jahr für sein Projekt ausgegeben hat, das 144 Länder umfasst.

Nur die Zeit wird zeigen, wie viel von Bidens Ankündigung reine Schaufenster-Dekoration und Marketing ist – eine berechtigte Frage, da dies das zweite Jahr in Folge ist, dass dieser Vorschlag auf einem G7-Gipfel eingereicht wurde, nur um ihn ein Jahr später ein wenig umbenannt und recycelt neu zu bringen, während in der Zwischenzeit nicht viel passiert ist.

So erklärte Biden, indem er all die warmen und verschwommenen Schlagworte erwähnte, die von ihm erwartet werden:

"Diese strategischen Investitionen sind Bereiche, die entscheidend sind für eine nachhaltige Entwicklung und gemeinsame globale Stabilität: Gesundheit und Gesundheitssicherung, digitale Konnektivität, Gleichstellung und Gerechtigkeit innerhalb der Geschlechter sowie Klima- und Energiesicherheit."

Aber das wahre Maß der G7-Initiative wird darin liegen, ob sie Washingtons bisherige Strategie - ausländische Nationen erst in Brand zu setzen, um danach einzuschreiten und beim Aufräumen zu helfen - erfolgreich ersetzen kann.

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RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Übersetzt aus dem Englischen.

Rachel Marsden ist eine Kolumnistin, politische Strategin und Moderatorin eines unabhängig produzierten französischsprachigen Programms, das auf Sputnik France ausgestrahlt wird. Ihre Webseite finden man unter rachelmarsden.com.

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