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Global Times: Moskau kann auf die NATO-Erweiterung reagieren, auch über ein türkisches Veto hinaus

Moskau kann sich nicht einzig und allein auf ein mögliches türkisches Veto gegen den Beitritt Schwedens und Finnlands zu der Militärallianz verlassen. Deshalb begegnet der Kreml der sechsten Runde der NATO-Erweiterung mit multilateralen Maßnahme, so die chinesische Zeitung Global Times.
Global Times: Moskau kann auf die NATO-Erweiterung reagieren, auch über ein türkisches Veto hinausQuelle: www.globallookpress.com © IMAGO/Dwi Anoraganingrum

Der NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat verkündet, sollten es Finnland und Schweden nicht schaffen, die Forderungen der Türkei zu erfüllen, so sei es unwahrscheinlich, dass sie auf dem NATO-Gipfel am 28. Juni für eine Mitgliedschaft in der Allianz infrage kommen. Manche glauben, dass die entscheidende Stimme der Türkei eine neue Runde der NATO-Erweiterung zum Scheitern bringen könnte. Allerdings kann Moskau nicht alles auf ein türkisches Veto setzen und wehrt sich daher mit multilateralen Maßnahmen gegen die sechste Runde der NATO-Erweiterung.

Der Kreml hat seinerseits eine strenge Warnung ausgesprochen, dass eine erneute Runde der Erweiterung der westlichen Militärallianz ernste Folgen mit sich bringen würde. Einerseits wurden Finnland und Schweden gemahnt, die Situation nicht falsch einzuschätzen, und Moskau betonte, dass die "falsche Entscheidung" dieser beiden Länder die regionalen Spannungen verschärfen und ihre Sicherheit in keiner Weise verbessern würde. Auf der anderen Seite wurde seitens des Kremls betont, dass die Stationierung von militärischer Infrastruktur der NATO an der russischen Nordwestgrenze unweigerlich zu einer Reaktion Moskaus führen würde. Russland sei dann gezwungen, seine Land-, See- und Luftstreitkräfte in der Ostseeregion zu verstärken, und "über den nicht-nuklearen Status des Baltikums kann nicht gesprochen werden."

Ferner hat Moskau weitere Schritte zur Stärkung der Rolle der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) unternommen. Mitte April hielt die OVKS unter der Führung Russlands eine Sitzung des Militärausschusses ab, um "einen Meinungsaustausch über die politisch-militärische Lage zu führen und die Koordinierung gemeinsamer Maßnahmen zur Bekämpfung militärischer Bedrohungen zu vereinbaren." Bei dem Treffen wurde beschlossen, in diesem Herbst gemeinsame OVKS-Übungen in Kasachstan, Kirgisistan und Tadschikistan abzuhalten. Am 16. Mai trafen sich die Staats- und Regierungschefs der sechs OVKS-Mitgliedsstaaten im Kreml, um einzelne Themen zu besprechen, wie etwa die Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten und die Verbesserung des kollektiven Sicherheitssystems. Darüber hinaus verkündete der Präsident der Russischen Föderation die wichtige Botschaft, dass momentan "eine Vertiefung der Zusammenarbeit mit den traditionellen Partnern in der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) und der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) erforderlich ist." Zudem schlug er vor, der GUS einen Beobachterstatus in der OVKS einzuräumen.

Drittens widmet sich Russland verstärkt der Interaktion mit der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit. In der Rolle des Vorsitzenden der SOZ im Jahr 2020 sprach sich Russland für ein gemeinsames Treffen der Verteidigungsminister der Mitgliedsstaaten der SOZ, der GUS und der OVKS aus. Im September desselben Jahres hielten die drei Organisationen dann ihre erste gemeinsame Anti-Terror-Übung ab: "Kaukasus 2020". Nach dem vollständigen Abzug der US- und NATO-Truppen aus Afghanistan fand am 17. September 2021 das erste Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der SOZ- und OVKS-Mitgliedsstaaten statt, bei diese Politiker sich über die Lage in Afghanistan austauschten. Vor kurzem traf der Generalsekretär der OVKS, Stanislaw Sas, mit dem Generalsekretär der SOZ, Zhang Ming, zusammen. Bei diesem Treffen wies er auf die "Bedeutung des Aufbaus eines gemeinsamen Sicherheitsraums" hin. Einige Analysten sind der Ansicht, dass die Zusammenarbeit zwischen der OVKS und der SOZ in Zukunft auch auf weitere Bereiche ausgedehnt werden könnte. Und zwar vor allem dann, wenn sich der Konflikt zwischen Russland und den USA mit Europa verschärft, und es zu einer erneuten NATO-Erweiterung kommt.

Ferner hat Moskau die umfassende Entwicklung der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) in Angriff genommen. In Anbetracht der beispiellosen wirtschaftlichen und finanziellen Sanktionen des Westens misst Russland der Rolle der EAWU zunehmend Bedeutung bei. Am 25. Februar dieses Jahres hielten die Premierminister der Mitgliedsstaaten der Eurasischen Wirtschaftsunion eine Beratung zur wirtschaftlichen Lage und zur Stärkung der Kooperation ab, bei der sie auch eine Reihe von Maßnahmen zur Stabilisierung des Binnenmarktes vorstellten. Am 27. Mai fand eine Sitzung des Obersten Rates der Eurasischen Wirtschaftskommission (EAWK) , des obersten Organs der EAWU, statt, auf der erklärt wurde, dass "die Eurasische Wirtschaftsunion ihre geoökonomischen Konkurrenzvorteile ausbauen sollte."

Während Russland das Beste aus diesen Gegenmaßnahmen macht, ist das Land zugleich mit Faktoren konfrontiert, welche diese Maßnahmen eindämmen sollen. Die USA bemühen sich, die zentralasiatischen Staaten auf ihre Seite zu ziehen. Gleich nachdem Russland die militärische Sonderoperation in der Ukraine eingeleitet hatte, veranstalteten die USA am 1. März ein C5+1-Außenministertreffen mit den fünf zentralasiatischen Ländern per Videokonferenz.

Die Seiten vereinbarten eine verstärkte Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wirtschaft und Sicherheit, insbesondere in den Bereichen Handel, Investitionen, Energie, Wissenschaft und Technologie. US-Außenminister Antony Blinken warf sogar die Frage nach einer Errichtung von US-Militärstützpunkten in Zentralasien auf, erhielt jedoch keine Antwort. Anfang März stattete eine usbekische Delegation unter der Leitung des Außenministers einen Besuch in Washington ab. Am 11. April verkündete Biden bei einem Treffen mit dem kasachischen Botschafter in den USA, dass die Vereinigten Staaten auch weiterhin eine konstruktive Zusammenarbeit mit Nur-Sultan bei aktuellen Themen der bilateralen und regionalen Agenda anstreben würden.

Neben dieser gehäuften Interaktion im diplomatischen Bereich verstärken die USA und die zentralasiatischen Staaten auch ihre wirtschaftliche Kooperation zunehmend. Usbekistan und die USA arbeiten auf den Gebieten der wirtschaftlichen Entwicklung, der Modernisierung der Landwirtschaft und der Gesundheitsfürsorge eng zusammen. In letzter Zeit zeigen beide Seiten großes Interesse am gemeinsamen Bau der Eisenbahnlinie "Mazar-e-Sharif-Kabul-Peshawar". Im vergangenen Jahr stiegen die US-Investitionen in Kasachstan um 45 Prozent, und inzwischen sind mehr als 700 amerikanische Unternehmen in Kasachstan tätig.

Aber auch die EU und Japan bewegen sich aktiv auf Zentralasien zu. Am 10. März begann Usbekistan mit der Realisierung des "Mehrjahresrichtprogramms für eine erweiterte Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und Usbekistan in den Jahren 2021–2027". Im Rahmen dieses Programms stellt die EU dem zentralasiatischen Land von 2021 bis 2024 unentgeltliche Hilfe in Höhe von 83 Mio. EUR für gemeinsam entwickelte Kooperationsprojekte, für technische Hilfe, zur Unterstützung der Zivilgesellschaft und zur Förderung der Menschenrechte bereit. Am 15. April hielt der japanische Außenminister Yoshimasa Hayashi eine Online-Sitzung mit den Außenministern der fünf zentralasiatischen Länder ab. Die Europäische Union und Japan sind heute die wichtigsten Verbündeten der Vereinigten Staaten, daher liegt das Ziel einer verstärkten Zusammenarbeit mit Zentralasien auf der Hand.

Und nicht zuletzt sollte ebenfalls berücksichtigt werden, dass Meinungsverschiedenheiten zwischen der OVKS und den eurasischen Ländern bezüglich der Haltung zur Krise zwischen Russland und der Ukraine bestehen. An der 11. Sondersitzung der UN-Generalversammlung am 2. März stimmten Georgien und Moldawien für den Resolutionsentwurf zur Verurteilung Russlands; Kasachstan, Tadschikistan und Kirgisistan enthielten sich der Stimme, während Armenien, Aserbaidschan, Usbekistan und Turkmenistan nicht an der Abstimmung teilnahmen. Zudem sprachen sich Kasachstan und andere Länder gegen die Stationierung von OVKS-Truppen in der Ukraine aus. Kasachstan wiederum erklärte gegenüber den Medien, dass sich das Land weder an den Sanktionen beteiligen, noch dabei helfen werde, sie zu umgehen.

Sofern die Spannungen zwischen Russland und der Ukraine nicht nachlassen, werden die Vereinigten Staaten sicherlich verstärkt versuchen, die zentralasiatischen Staaten zu bestechen und auf ihre Seite zu ziehen, um den strategischen Sicherheitsraum und die Einflusssphäre Russlands weiter einzuschränken. Die zentralasiatischen Staaten werden weiterhin eine polyzentrische und ausgewogene Außenpolitik verfolgen, die sich an ihren eigenen Interessen orientiert. Doch insgesamt hat Russland im Großmachtspiel, das sich in Zentralasien abspielt, nach wie vor eindeutige Vorteile, und sein Einfluss übersteigt den der westlichen Länder bei weitem. Dies hat verschiedene Gründe, die in der Geschichte, der Geopolitik, den nationalen Interessen und den regionalen Eigenheiten und Normen liegen. Und es wird nicht möglich sein, diese Situation in der Zukunft kurzfristig zu ändern.

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Übersetzung aus dem Russischen.

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