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Trotz Warnungen aus Ankara: Joe Biden will Völkermord an Armeniern offiziell anerkennen

Einem Bericht der "New York Times" zufolge will der US-Präsident Joe Biden am kommenden Samstag offiziell den Völkermord an den Armeniern als solchen anerkennen. Das wäre ein historischer Schritt, der die Beziehungen zwischen den USA und der Türkei weiter belasten könnte.
Trotz Warnungen aus Ankara: Joe Biden will Völkermord an Armeniern offiziell anerkennenQuelle: AFP © Karen Minasyan

Sollte Biden seine Ankündigung umsetzen, wäre er der erste amtierende US-Präsident, der die Tötung von 1,5 Millionen Armeniern durch das Osmanische Reich während des Ersten Weltkriegs offiziell als Völkermord anerkennt. Der frühere Präsident Ronald Reagan hatte 1981 in einer Erklärung zum Holocaust auch auf den "Völkermord an den Armeniern" hingewiesen. Der Schritt, den Biden laut Berichten in der New York Times unternehmen will, wäre deutlich offizieller und würde zudem symbolträchtig am armenischen Völkermord-Gedenktag erfolgen, der jedes Jahr am 24. April stattfindet.

Die Türkei hat auch Biden bereits gedrängt, dieses Massaker während des Ersten Weltkriegs nicht als Völkermord einzustufen. In einem Interview mit dem türkischen Sender "Habertürk" sagte der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu am Dienstag: "Aussagen, die keine rechtliche Bindung haben, werden keinen Nutzen haben, sondern den Beziehungen schaden." Und er fügte noch hinzu:

"Wenn die Vereinigten Staaten die Beziehungen verschlechtern wollen, liegt die Entscheidung bei ihnen."

Als Präsidentschaftskandidat hatte Biden bereits versprochen, den Völkermord als solchen anzuerkennen. Am Mittwoch schickte eine parteiübergreifende Gruppe von Abgeordneten des Repräsentantenhauses, angeführt vom demokratischen Abgeordneten Adam Schiff aus Kalifornien, dem US-Präsidenten einen Brief, in dem sie ihn aufforderten, dieses Versprechen nun einzulösen.

Auf die Frage nach diesem Brief während der Pressekonferenz am Mittwoch sagte die Pressesprecherin des Weißen Hauses Jen Psaki, der Präsident werde "am Samstag mehr über den Gedenktag zu sagen haben".

Alle US-Präsident seit Jimmy Carter haben zwar öffentliche Erklärungen abgegeben, mit denen sie der Gräueltaten an Armeniern während des Ersten Weltkriegs gedachten, sich aber dennoch davor gedrückt, die Tötungen explizit als Völkermord zu bezeichnen. In einer Erklärung zum jährlichen Gedenktag im vergangenen Jahr bezeichnete der damalige Präsident Donald Trump die Massaker als "eine der schlimmsten Massengräuel des 20. Jahrhunderts".

Neunundvierzig US-Bundesstaaten und Dutzende von Ländern, darunter US-Verbündete und NATO-Mitglieder wie Frankreich, Deutschland und Kanada, haben die Morde bereits als Völkermord anerkannt. Im Jahr 2019 hatten in den USA sowohl das Repräsentantenhaus als auch der Senat Resolutionen verabschiedet, die das Massaker als Völkermord bezeichnen. Die Vertreibungen samt Tötungen, die im April 1915 begannen, als die Türkei Armenier auf Todesmärsche aus der Region Ostanatolien in die syrische Wüste zwang.

Die Türkei hat jegliche Charakterisierung der Massaker als "Völkermord" bis heute stets zurückgewiesen, auch wenn Wissenschaftler und Historiker das weithin als unbestreitbare Tatsachen betrachten. Es gibt Augenzeugenberichte von Überlebenden und von Diplomaten Berichte aus erster Hand über Massengräber, die dort Tötungen gesehen und dokumentiert haben. Trotz der Beweise und der Einhelligkeit unter den Gelehrten haben es US-Präsidenten bisher stets vermieden, die Morde als Völkermord zu bezeichnen, vermutlich auch aus Angst, die Türkei zu verärgern – ein Land, das in Washington, D.C. lange Zeit zu Recht als wichtiger NATO-Verbündeter angesehen wurde.

Nicht lange nach seinem Amtsantritt versprach Biden, dass sich seine Außenpolitik auf die Menschenrechte konzentrieren werde. Kritiker weisen jedoch darauf hin, dass Biden dieses Versprechen bereits bei einer Reihe von Themen – von Flüchtlingen bis hin zu den Beziehungen zu den Golfstaaten – nicht einhalte.

Die Spannungen zwischen den USA und der Türkei nahmen bereits zu, bevor Biden das Weiße Haus betrat, und es wurde erwartet, dass sich dieser Trend nach seiner Amtsübernahme noch beschleunigen werde.

Der türkische Angriff auf die von den USA unterstützten Kurden in Syrien sowie der Kauf von Raketenabwehrsystemen S-400 in Russland haben die Beziehungen zwischen den beiden Ländern belastet. Obwohl Trump den türkischen Präsidenten Erdoğan als "Freund" bezeichnete, verhängte bereits seine Regierung im Dezember wegen des S-400-Deals Sanktionen gegen die Türkei. Im Wahlkampf bezeichnete Biden Erdoğan als "Autokraten", was zu einer Verurteilung durch die türkische Regierung führte. Obwohl Biden mittlerweile fast 100 Tage im Amt ist, hat er noch nicht einmal mit Erdoğan gesprochen.

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