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"Wunschdenken" – Moskau zur Behauptung angeblicher Übereinkunft mit USA über New START

Eine angebliche Übereinkunft in den Verhandlungen zu New START wies der russische Vizeaußenminister Rjabkow am Dienstag zurück. Ein Ergebnis sei angesichts der US-Position noch vor den US-Wahlen unwahrscheinlich. Auch der Kreml sah am Mittwoch kaum Fortschritte.
"Wunschdenken" – Moskau zur Behauptung angeblicher Übereinkunft mit USA über New START© Andrew Caballero-Reynolds/AFP

Der russische Vizeaußenminister Sergei Rjabkow bezeichnete ein von den USA gefordertes Einfrieren taktischer Waffen als Bedingung für eine Verlängerung des Abkommens als "unannehmbar" für Moskau. "Dies ist ein inakzeptabler Vorschlag", so Rjabkow gegenüber TASS zu dem Vorschlag, den der US-Sondergesandte des Präsidenten für Rüstungskontrolle, Marshall S. Billingslea am Dienstag vorgebracht hatte.

Billingslea, der US-Sonderbeauftragte für Abrüstungsfragen, behauptete, die US-Regierung sei bereit, den im Februar 2021 auslaufenden Vertrag New START über die Kontrolle von Atomwaffen für eine gewisse Zeit zu verlängern, wenn Russland zusage, sein Arsenal taktischer Atomwaffen zu begrenzen.

Laut Billingslea gebe es eine "grundsätzliche Einigung" auf "höchster Ebene" der Regierungen der Russischen Föderation und der Vereinigten Staaten, dass Washington New START für einen gewissen Zeitraum verlängern würde, wenn Russland sein Atomwaffenarsenal einfrieren würde.

"Wir sind in der Tat bereit, den New START-Vertrag für eine gewisse Zeit zu verlängern, vorausgesetzt, dass sie im Gegenzug einer Begrenzung oder einem Einfrieren ihrer Atomwaffenarsenale zustimmen. Wir sind bereit, dasselbe zu tun", so Billingslea bei einer Videokonferenz, die von der Heritage Foundation organisiert wurde. "Wir haben einen Kompromiss vorgeschlagen: Stimmen Sie mit uns dem Einfrieren zu, und wir werden den Neuen START-Vertrag um eine gewisse Zeit verlängern".

Billingslea deutete zugleich an, dass Rjabkow angeblich von den Wünschen des russischen Präsidenten abweiche.

Ich hoffe, dass diese Art von 'Gentlemen's Agreement' – diese Vereinbarung, von der wir glauben, dass sie auf höchster Ebene getroffen wurde – letztendlich durch ihr System durchsickern muss, so dass mein Gegenüber hoffentlich verhandlungsbefugt sein wird", sagte er der Heritage Foundation.

Billingslea sagte weiter, dass das Abkommen auch das Einfrieren von taktischen Trägern beinhalten sollte. Eine Übereinkunft zwischen beiden Ländern sei innerhalb kürzester Zeit umsetzbar.

"Wir sind bereit, diese Vereinbarung zu treffen, wir könnten sie sogar schon morgen treffen, aber Moskau muss auch den politischen Willen zeigen, dies zu tun", fügte Billingslea hinzu.

Unilaterales Wunschdenken

Laut dem russischen Vizeaußenminister ist Moskau die Forderung der USA nach einem Einfrieren der russischen taktischen Waffen seit langem bekannt und bleibt inakzeptabel. "Washington gibt Wunschdenken als gültig aus. Sie müssen die beiden russischen Dokumente, die sie in ihren Händen halten, unter die Lupe nehmen. Das sagt alles", so Rjabkow gegenüber Interfax.

RIA Nowosti zitiert Rjabkow mit den Worten: "Nicht weil wir gegen das Einfrieren sind, sondern weil wir uns mit Fragen der strategischen Stabilität als Ganzes befassen müssen." Er machte klar, dass in diesem Zusammenhang die Gesamtheit der strategischen Stabilität beachtet werden müsse und nannte dabei Fragen der Bewaffnung des Weltraums, der Raketenabwehrsysteme und andererkonventioneller Trägersysteme mit strategischer Reichweite.

Rjabkow merkte an, dass die USA und Russland "unterschiedliche Ansichten darüber haben, wie Rüstungskontrolle in der Zukunft aufgebaut werden soll":

Wir hatten die Gelegenheit, diese Ansätze in verschiedenen Formen in die USA zu bringen, unter anderem wurden sie auch Schwarz auf Weiß weitergegeben", sagte der stellvertretende russische Außenminister.

Seiner Meinung nach haben die Vereinigten Staaten keinen Grund, die Situation "als in einem Zustand hoher Dynamik" darzustellen.

Wenn die Amerikaner unseren Dokumenten, die wir ihnen gegeben haben, zugestimmt und sie akzeptiert hätten, hätte eine solche Vereinbarung morgen getroffen werden können. Aber unter den Bedingungen solcher Diskrepanzen kann ich mir nicht vorstellen, auf welcher Grundlage meine Kollegen in Washington solche Annahmen zulassen", erklärte Rjabkow.

Die angebliche Umsetzbarkeit innerhalb kürzester Zeit müsse der russische Vizeaußenminister enttäuschen, da Moskau nicht die Absicht habe, Washington ein Abkommen zu liefern, das zeitlich opportun an der Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten orientiert sei.

Wenn die Amerikaner ihren Vorgesetzten berichten müssen, dass sie angeblich vor ihren Wahlen eine Einigung mit Russland erzielt hätten, dann werden sie das nicht bekommen", so Rjabkow.

Der stellvertretende Vorsitzende des Verteidigungsausschusses in der Staatsduma, dem russischen Parlament, Juri Schwytkin, betonte gegenüber Interfax, dass der Vorschlag von Billingslea nicht konstruktiv sei. Wenn diese Erklärung umgesetzt würde, wären die Positionen der Vereinigten Staaten und Russlands insgesamt ungleich, so Schwytkin. Und fügte an, er gehe nicht davon aus, dass sich Moskau auf so etwas bei den Verhandlungen einlassen werde.

Dmitri Nowikow, erster stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für internationale Angelegenheiten der Duma, ist seinerseits der Ansicht, dass die Einführung neuer Rüstungsbeschränkungen im Rahmen der bestehenden Abkommen zwischen den USA und Russland möglich sei, jedoch nur zu gleichen Bedingungen.

"Was einige zusätzliche Bedingungen zur Rüstungsbegrenzung angeht - im Prinzip ist das keine schlechte Geschichte, allerdings sollte in diesem Fall das Prinzip der Gegenseitigkeit beachtet werden. Wenn Russland zusätzliche Verpflichtungen eingeht, fordern wir die USA auf, sich an den neuen Schritten zu beteiligen", wird Nowikow von Interfax zitiert.

Auch Kremlsprecher Dmitri Peskow bestätigte am Mittwoch, dass noch keine Einigung "in Beton gegossen" sei, obwohl der Kreml hoffe, dass das Abkommen verlängert werde. In der Tat gebe es zu diesem Thema Kontakte auf Expertenebene und auf höchster Ebene, bestätigte Peskow. Klare Vereinbarungen habe es bisher nicht gegeben.

Die Position der russischen Seite ist gut bekannt, sie ist konsequent. Und bisher würden wir nicht sagen, dass in dieser Frage konkrete Vereinbarungen getroffen worden sind", zitiert RIA Nowosti den Sprecher des russischen Präsidenten.

"Was das Verständnis für die Notwendigkeit der Verlängerung des New START-Vertrags betrifft, so hoffen wir, dass wir in dieser Hinsicht auf dem gleichen Weg sind", sagte Peskow laut Reuters bei einer Telefonkonferenz mit Reportern. "Wir verstehen, dass er verlängert werden muss, dass dies im Interesse unserer beiden Länder und der strategischen Sicherheit der ganzen Welt liegt.

Außenminister Sergei Lawrow sagte demnach ebenfalls am Mittwoch, Moskau sehe bislang keine Aussicht auf eine Verlängerung des Rüstungskontrollvertrages New START mit Washington, plane aber, die Gespräche fortzusetzen.

Die Trump-Administration braucht dringend einen außenpolitischen Erfolg vor den Wahlen Anfang November. Zu Beginn seiner Präsidentschaft hatte Donald Trump den Vertrag New START als "eine von mehreren schlechten Abmachungen, die von der [ehemaligen Präsident Barack] Obama-Regierung ausgehandelt wurden" verunglimpft. Später sollte dann China in ein solches Abkommen eingebunden werden – eine Forderung, die Washington offenbar zwischenzeitlich hintangestellt hat.

Sollte das New START-Abkommen nicht verlängert oder auf gemeinsamer Basis neu abgeschlossen werden, gäbe es erstmals seit Jahrzehnten gar kein Abkommen mehr, das den Bestand an strategischen Atomwaffen überhaupt noch begrenzt. Im vergangenen Jahr hatte man in Washington, D.C. einseitig den INF-Vertrag über die atomare Abrüstung im Bereich der Mittelstreckenraketen aufgekündigt. Im Frühjahr dieses Jahres kündigten die USA den Ausstieg aus dem Open-Skies-Abkommen mit Russland an.

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