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Nach Hagia-Sophia-Konvertierung: Türkische Zeitschrift ruft zur Wiederbelebung des Kalifats auf

Ein türkisches Magazin hat mit einem provokativen Titelbild seiner jüngsten Ausgabe die Debatte über Radikalisierungstendenzen im Land erneut angeheizt. Das Cover richtete den Aufruf an die Massen, sich für eine Wiederbelebung des Kalifats zusammenzuschließen.
Nach Hagia-Sophia-Konvertierung: Türkische Zeitschrift ruft zur Wiederbelebung des Kalifats aufQuelle: Sputnik © BURCU OKUTAN

Die am Montag veröffentlichte Ausgabe der proislamischen Zeitschrift Gerçek Hayat wurde angesichts der bizarren Botschaft auf deren Titelseite kritisch aufgenommen. Sie schürte unter Kritikern die Sorge über aufkommende radikale Stimmungen in der türkischen Gesellschaft. Der Titeltext lautete:

Verbündet euch im Namen des Kalifats. Wenn nicht jetzt, wann dann? Wenn nicht du, wer dann?

Als Kernbeitrag wurde den Lesern der Ausgabe ein Interview mit dem türkischen regierungsnahen Kolumnisten Abdurrahman Dilipak angeboten. Das Blatt mit dem herausfordernden Appell erschien nur wenige Tage nach der historischen Umwandlung der ikonischen Istanbuler Sophienkirche in eine Moschee. Der Schritt sorgte international für massive Kritik.

Das Wort Kalifat, das ursprünglich eine neutrale Bezeichnung einer theokratischen islamischen Regierungsform gewesen war, erlangte infolge seiner Inanspruchnahme durch die Terrormiliz Islamischer Staat weltweit eine negative Bedeutung. Historisch gesehen gab es bis dato insgesamt vier große Kalifate. Das letzte war das im Jahr 1924 abgeschaffte Osmanische Reich. Die moderne Türkei wurde daraufhin von Kemal Atatürk auf den Ruinen dieses vierten Kalifats als moderne säkulare Republik gegründet, in der die überholten Institutionen ihres Vorgängers aufgelöst wurden.

Der Aufruf zur Wiederbelebung des Kalifats sorgte selbst in konservativen Kreisen in der Türkei für Empörung. Der Sprecher der türkischen Regierungspartei AKP, Ömer Çelik, bezeichnete den Artikel als einen Versuch des Magazins, die Grundprinzipien der Türkei infrage zu stellen. Es handele sich um eine "ungesunde Polarisierung", so der Politiker.

Manche Kritiker meldeten sich bereits vor der Publikation der umstrittenen Blattausgabe zu Wort. Als Reaktion auf die Vorschau der Zeitschrift, die Dilipak auf seinem Twitter-Account geteilt hatte, prangerte der Journalist İsmail Saymaz am Sonntag an, die Türkei sei kein Land, "das von einer Handvoll Radikaler regiert wird". Die Autoren der Zeitschrift seien sich laut Saymaz "nicht einmal bewusst, mit welcher Art von Feuer sie spielen".

Die türkische Rechtsanwaltskammer wertete die Botschaft der Zeitschrift ferner als Anstiftung zum Hass und Aufruf zum bewaffneten Aufstand gegen die Regierung in Ankara. Die Organisation erstattete Strafanzeige gegen Gerçek Hayat und forderte die Staatsanwaltschaft dazu auf, den Vorfall eingehend zu untersuchen.

Kemal Özer, Chefredakteur der Zeitschrift, wies die Anschuldigungen vehement zurück. Er warf seinen Kritikern vor, den Appell falsch interpretiert zu haben. Özer wörtlich:

Unsere Zeitschrift fordert, dass sich die Länder des Islam zusammenschließen, so wie Europa sich zusammengeschlossen und eine Union gegründet hat und auch andere Staaten ähnliche Bündnisse geschlossen haben. Unser Appell ist auf kein konkretes Land ausgerichtet.

Özers Erklärung scheint jedoch kaum Einfluss auf die kritische Wahrnehmung des Aufrufs genommen zu haben.

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