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Anonyme Quellen statt Belege: New York Times bastelt weiter an Kopfgeld-Geschichte

Die russische Regierung habe den Taliban Geld für die Tötung von US-Soldaten angeboten, hieß es aus "anonymen Quellen" vor wenigen Tagen in den New York Times. Nun legt die US-Zeitung nach, um die erhobenen Beschuldigungen zu untermauern – auf Basis anonymer Quellen!
Anonyme Quellen statt Belege: New York Times bastelt weiter an Kopfgeld-GeschichteQuelle: www.globallookpress.com

von Kani Tuyala

Die von der New York Times (NYT) in die Welt gesetzte Verschwörungstheorie, wonach angeblich die russische Regierung Kopfgelder für die Tötung US-amerikanischer und britischer Soldaten in Afghanistan ausgesetzt habe, ist jetzt um eine Facette reicher. Zunächst war behauptet worden, die russische Geheimdiensteinheit habe in Afghanistan den Taliban Geld angeboten, wenn sie britische und US-Soldaten umbringen. Keine Frage, dass man sich dabei allein auf "anonyme Quellen" stützte.

Am vergangenen Sonntag berichtigte dann John Ratcliffe, als Direktor der nationalen Nachrichtendienste der oberste US-Geheimdienstchef, dass der Artikel der New York Times "inakkurat" sei und weder US-Präsident Trump noch dessen Vize Pence zu diesem Bericht gebrieft worden seien. Genau dies aber hatte die NYT in ihrem Artikel behauptet. Der zum fraglichen Zeitpunkt noch kommissarisch eingesetzte Geheimdienstchef und bis vor wenigen Wochen noch US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell, stritt ebenfalls jegliche Kenntnisnahme ab:

Ich habe nie davon gehört. Und es ist widerlich, wie Sie weiterhin Geheimdienste politisieren. Sie verstehen eindeutig nicht, wie Roh-Informationen verifiziert werden müssen. Das Weitergeben von Teilinformationen an Reporter aus anonymen Quellen ist gefährlich, weil Leute wie Sie es zum politischen Vorteil manipulieren. 

Auch der Taliban-Sprecher Zabihullah Mudschahid wies die Behauptungen als Unsinn zurück. Nach Angaben von Mudschahid habe man keinerlei Beziehungen zu "irgendeinem Geheimdienst", also auch nicht zum russischen. Dies änderte jedoch nichts daran, dass der NYT-Artikel bei US-Demokraten und den transatlantischen Partnern voller Dankbarkeit auf wohlwollend unkritischen Boden fiel.

Es waren womöglich die große Resonanz auf den Originalartikel, ein in die Defensive gedrängter Trump und diverse offene Fragen im eigenen Artikel, welche die NYT nun dazu veranlassten, am Dienstag einen zweiten Teil ihrer Räuberpistole ihren Lesern nachzureichen.

Diesmal will man neue Informationen erhalten haben, nämlich "elektronische Daten, die große Finanztransfers von einem Bankkonto, das vom russischen Militärgeheimdienst kontrolliert wird, auf ein mit den Taliban verbundenes Konto zeigen". Das angeblich von US-Spionen aufgedeckte Geschäft soll nun "den Verdacht erhärten", dass Russland den Militanten in der Tat Kopfgelder angeboten habe – wie von der NYT letzte Woche behauptet.

Doch auch bei der Fortsetzung des Originalartikels setzt man auf die üblichen Methoden, die eine Verifizierung der Behauptungen so gut wie unmöglich machen.

Diesmal wären es "drei Beamte, die mit dem Geheimdienst vertraut sind", die der NYT die Informationen zugesteckt haben sollen. Zu diesen Quellen gehören ebenfalls "Analysten aus anderen Geheimdiensten", die demnach bestätigten,  "dass die Transfers höchstwahrscheinlich Teil eines Kopfgeldprogramms waren".

Zudem werden einige lokale und nicht näher benannte afghanische Beamte zitiert, denen zufolge mehrere Personen, die öfter Geld über ein islamisches Bankensystem transferieren, "verdächtigt werden, Teil eines Rings von Mittelsmännern" zwischen Russland und "mit den Taliban verbundenen Militanten" zu sein.

Die New York Times erwähnt gleich selbst, worum es ihr mit dem nun erschienenen zweiten Artikel eigentlich geht:

Die Abhörmaßnahmen untermauerten die aus den Gesprächen gewonnenen Erkenntnisse und trugen dazu bei, eine frühere Uneinigkeit zwischen Geheimdienstanalytikern und Behörden über die Zuverlässigkeit der Personen zu verringern. Die Enthüllungen untergraben zudem die Behauptung von Beamten des Weißen Hauses, dass sich die Geheimdienste zu unsicher waren, um Präsident Trump zu informieren", heißt es nun.

Außerdem seien die Informationen auch in einem Artikel vom 4. Mai erschienen, nämlich im World Intelligence Review der CIA. "Mehreren Beamten" zufolge seien die Informationen als "solide genug erachtet" worden, um an "die breitere Geheimdienstgemeinschaft weitergegeben zu werden".

Allein die Tatsache, dass die US-Zeitung nun über neue Indizien verfügen will, soll also ausreichen, um die eigene Behauptung zu stützen, dass US-Präsident Trump – entgegen eigenen Aussagen – doch über die ominöse Kopfgeld-Geschichte informiert worden sei. Schließlich hätten dies auch "zwei Offizielle" behauptet.

Diese selbstreferenzielle Argumentation zieht sich durch den gesamten Artikel. So beschrieben laut NYT namentlich nicht näher genannte "afghanische Beamte in dieser Woche eine Abfolge von Ereignissen, die sich mit dem Bericht der (anonymen) Geheimdienstinformationen deckte".

Die afghanischen Beamten hätten demzufolge den Journalisten darüber berichtet, dass mehrere Geschäftsleute, die über das islamische Banksystem ("Hawala") Geld überwiesen hätten, in den vergangenen sechs Monaten in Afghanistan verhaftet worden seien. Die Männer würden "verdächtigt, Teil eines Rings von Mittelsmännern zu sein, die zwischen dem russischen Geheimdienst, bekannt als GRU, und militanten Taliban-Kämpfern operierten".

Eine halbe Million Dollar wurde in dem Haus eines der Männer beschlagnahmt, fügte ein Provinzbeamter hinzu. Die New York Times hatte zuvor berichtet, dass die Sicherstellung einer so ungewöhnlich großen Menge an Bargeld bei einer Razzia ein erstes Teilchen in dem Puzzle sei, das die Ermittler zusammensetzen", schreiben die Autoren des Artikels.

Basierend auf einer eigenwilligen und anonymisierten Indizienkette gilt offensichtlich auch diese – neu in die Welt gesetzte – Geschichte für die Journalisten der Times offensichtlich als glaubwürdig genug, um die zuvor publizierten Anschuldigungen gegenüber dem Kreml und US-Präsident Trump zu untermauern. Praktischerweise gilt ihnen Trump ja ohnehin bereits als "Putins Marionette". In etlichen transatlantischen Kreisen wird den Journalisten somit nur allzu gerne Glauben geschenkt werden. Beweise sind da gar nicht mehr nötig.

Interessant ist auch die Tatsache, dass man zwar neue Behauptungen und massive Anschuldigungen in die Welt setzt, dabei aber auf Nummer sicher geht und nicht mehr "nur" auf die Taliban, sondern – mit Verweis auf "anonyme US-Offizielle" – nun sogar auf "eng mit den Taliban verbundene afghanische Kriminelle" und dubiose "Militante" als Bezugsquelle verweist. Die entsprechenden Behauptungen zu überprüfen, dürfte praktischerweise geradezu unmöglich sein.

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