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Vertrauen ist gut, Kontrolle ... – Bespitzelung von Angestellten in Deutschland weit verbreitet

In immer mehr deutschen Firmen werden die Angestellten überwacht, ob durch Ortungssysteme oder Videokameras. Eine Gesetzesreform für mehr Schutz der Arbeitnehmer wurde 2013 von der Bundesregierung blockiert, seither herrscht Unklarheit. Die Behörden sind überlastet.
Vertrauen ist gut, Kontrolle ... – Bespitzelung von Angestellten in Deutschland weit verbreitetQuelle: www.globallookpress.com

Dürfen Chefs per GPS-Gerät Bewegungsprofile ihrer Mitarbeiter anlegen lassen? Oder sie permanent per Videokamera beobachten lassen? Während Arbeitnehmern dadurch Stress entsteht, sehen Arbeitgeber sich durch Verstöße oder den Verdacht auf einen solchen zur Überwachung veranlasst. Die zuständigen Behörden jedenfalls sind derart überlastet, dass eine Kontrolle unzulässiger Überwachung von Arbeitnehmern nicht stattfindet.

Immer mehr Fälle von Datenschutzverletzungen landen bei den zuständigen Landesbeauftragten. Laut einer Umfrage von netzpolitik.org haben Betroffene und Betriebsräte in sieben Bundesländern Fälle von fragwürdigem GPS-Tracking in Firmenfahrzeugen gemeldet. Dabei ist das Speichern von Bewegungsdaten durch Arbeitgeber nicht erlaubt. Nach dem Urteil der Landesdatenschutzbehörde Nordrhein-Westfalen dürfen die Positionsbestimmungen der Firmenwagen durch GPS "nicht zur lückenlosen Verhaltens-und Leistungskontrolle von Beschäftigten genutzt werden".

Datenschutzrechtlich unproblematisch ist es demnach, wenn die Ortung beispielsweise zur Standortbestimmung mit dem Ziel erfolgt, weitere Aufträge zu einer standortnahen Zieladresse vergeben zu können. Auch die Erfassung der Arbeitszeit kann mittels eines Ortungssystems zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses erfolgen, allerdings in Abwägung mit den Grundrechten und Grundfreiheiten der betroffenen Beschäftigten.

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Allein zur Verhaltens- und Leistungskontrolle dürften die Daten nicht erfasst werden. Nur in Ausnahmefällen, wie beispielsweise bei Geldtransportern oder Rettungsfahrzeugen, könne eine permanente Standortkennung angemessen sein, heißt es seitens des saarländischen Datenschutzzentrums. Eine Einwilligung der betroffenen Beschäftigten auch nicht notwendig.

Mit der immer leichter verfügbaren Technik scheint sich auch Videoüberwachung am Arbeitsplatz immer weiter zu verbreiten. Behörden in sechs Bundesländern hatten laut netzpolitik.org jeweils von mehreren Fällen berichtet. Nach Angaben der Datenschutzbehörde NRW ist der "Umfang von Videoüberwachung am Arbeitsplatz in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen".

Und das hat auch einen gesundheitlichen Effekt auf die Beschäftigen:

Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedeutet die Installation von Kameras im Betrieb oftmals einen Stressfaktor, weil sie sich nicht sicher sein können, wieweit sie einer Überwachung unterliegen.

Dabei ist Dauerüberwachung juristisch kaum zu rechtfertigen. Eine Firma, die misstrauisch war und sich so gegen Diebstähle von Beschäftigten schützen wollte, jedoch keinen begründeten Verdacht hatte, musste die Kameras an den Arbeitsplätzen entfernen. Im Grunde ist die Dauerüberwachung von Mitarbeitern und die Speicherung der Aufzeichnung nicht erlaubt.

Andererseits hat das Bundesarbeitsgericht im Jahr 2018 geurteilt, dass Arbeitgeber Aufnahmen aus einer dauerhaften Videoüberwachung durchaus verwerten dürfen, um sie im Fall eines Diebstahls zu nutzen. In dem konkreten Fall hatte ein Arbeitgeber seine Geschäftsräume permanent videoüberwachen lassen und die Dateien gespeichert. Nachdem eine Inventurdifferenz festgestellt wurde, hat er die sechs Monate alten Aufzeichnungen durchgesehen und dabei eine Unterschlagung durch eine 450-Euro-Kraft bemerkt, die er daraufhin fristlos entließ. Das Bundesarbeitsgericht bewertete dies – und damit sowohl die Videoüberwachung als auch die nachträgliche Auswertung, also die Aufbewahrung – als zulässig.

Gewerkschafter und Juristen melden jedoch Bedenken an. Zum einen komme dieses Urteil einer Art "Lizenz zur Dauervorratsspeicherung" gleich, wie der Arbeitsrechtsexperte Prof. Dr. Peter Wedde erklärt.

Zum anderen fehlt es in dem Bereich an Kontrollen von Arbeitgebern. So hätten diese seit Einführung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) im Mai 2018 gerade einmal "eine Handvoll Bußgelder wegen unzulässiger Überwachung" erhalten, im Großteil der Fälle erhalten die Firmen eine Verwarnung und müssen die Überwachungstechnik deinstallieren.

Laut dem Bundesbeauftragten für Datenschutz Ulrich Kelber hat das damit zu tun, dass die Behörden vor allem seit Einführung der DSGVO überfordert und personell unterbesetzt sind.

Reform des Arbeitnehmerdatenschutzes bleibt aus

Ein Hauptproblem sieht Alexander Fanta von netzpolitik.org jedoch bei der Politik, die die Rechtslücke nicht schließt. Zuletzt sei eine entsprechende Gesetzesinitiative zur Privatsphäre von Beschäftigten unter einer schwarz-gelben Regierungskoalition im Jahr 2013 gescheitert.

Gegen deren Änderungsvorschläge hatten damals Aktivisten der Online-Plattform Campact Unterschriften gesammelt. Die Arbeit der Gruppe wurde jüngst enorm erschwert, da ihr der Status als gemeinnützige Organisation aberkannt wurde. Seither steht ein Gesetz zum Datenschutz und dem Schutz der Privatsphäre von Arbeitnehmern aus, wodurch die Überwachung am Arbeitsplatz in der rechtlichen Grauzone stattfindet. Die derzeitige Regierungskoalition hat im im Koalitionsvertrag angekündigt, sich des Themas anzunehmen. 

Laut Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sollen Taten folgen: "Wir setzen uns dafür ein, die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten am Arbeitsplatz auch in Zukunft wirksam zu schützen." Solange dies aber ein Lippenbekenntnis bleibt, müssen Angestellte sich weiterhin fragen, ob ihnen der Vorgesetzte digital über die Schulter schaut, meint Fanta.

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