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"Grill den Scheuer" mit neuer Frist – Folgen des gescheiterten Maut-Projekts für Bund weiter unklar

Der Streit um die gekippte Pkw-Maut zwischen Verkehrsminister Scheuer (CSU) und der Opposition geht in die nächste Runde. Scheuer brachte mehr als 20 Akten zur Sondersitzung am Mittwoch mit. Welche Forderungen möglicherweise auf den Steuerzahler zukommen, bleibt unklar.
"Grill den Scheuer" mit neuer Frist – Folgen des gescheiterten Maut-Projekts für Bund weiter unklar Quelle: www.globallookpress.com

"Grill den Scheuer" ist ein Spruch, den sich das Verkehrsministerium ausgedacht hat – für Bürger. Aber auch die Opposition nimmt den Minister zur gescheiterten Pkw-Maut und deren Kosten ins Gebet. Scheuer seinerseits brachte am Mittwoch zur Sondersitzung des Verkehrsausschusses ordnerweise Akten mit, die die Abgeordneten nun erst einmal sichten müssen – um dann zu entscheiden, ob sich ein Untersuchungsausschuss mit der Pkw-Maut befassen soll.

Im Zentrum steht die Frage, ob Scheuer die Verträge zu dem CSU-Prestigeprojekt voreilig abgeschlossen hat und damit Verantwortung trägt für Schadenersatzansprüche, die die eigentlich geplanten Betreiber nun geltend machen könnten – und die dann den Steuerzahlern auf die Füße fallen würden. Forderungen von bis zu 600 Millionen Euro an Schadensersatzforderungen stehen im Raum.

Unklar bleibt weiterhin, warum Verkehrsminister Scheuer dem Betreiber für den Fall eines negativen EuGH-Urteils eine derart hohe Entschädigung zugestanden hat.

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Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer war jedenfalls nicht zufrieden: "Wir sind leider heute nicht weitergekommen", sagte er nach der knapp zweistündigen Sitzung. Scheuer habe wichtige Fragen nicht beantworten können – vor allem, welche Forderungen auf den Bund zukämen. Der Minister habe die Chance verpasst, Transparenz herzustellen und politische Verantwortung zu übernehmen.

Im Gegenteil: Alle anderen sind Schuld, außer Minister Scheuer."

Der Minister selbst sieht das ganz anders. Die Verträge zur Erhebung und Kontrolle der Pkw-Maut mit den Firmen Kapsch und CTS Eventim hatte er schon ins Netz gestellt, und er komme dem Informationsbedürfnis des Parlaments auch weiterhin "vollumfassend" nach, sagte er:

Wir haben nichts zu verbergen."

FDP, Linke und Grüne hatten am Vortag über die Verträge hinaus auch Einsicht in interne Kommunikation und weitere Dokumente des Ministeriums gefordert – und zwar komplett seit Januar 2017. Ob die Ordner auf dem kleinen Rollwagen, den Scheuer am Mittwoch mitbrachte, nun ausreichend Informationen enthalten, um einen Untersuchungsausschuss abzuwenden, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Es waren 21 Aktenordner – zehn mit den bereits veröffentlichten Maut-Verträgen, elf weitere mit Kommunikation, Risiko-Bewertungen, Statusberichten und weiterem.

Im September, wenn die Unterlagen gesichtet seien und Forderungen der Betreiber wohl vorlägen, werde man die Lage noch mal neu bewerten, sagte Oliver Luksic von der FDP. Es sei "fair und der Sache angemessen", sich erst mal anzuschauen, was Scheuer geliefert habe.

Wenn wir den Verdacht haben, dass wir hier eine gefilterte Wahrheit bekommen, dass wichtige Unterlagen vorenthalten wurden, dass die Unwahrheit gesagt wurde, dann werden wir im September über einen Untersuchungsausschuss reden müssen."

Ähnlich äußerte sich Linke-Politiker Jörg Cezanne, der meinte, erst nach dem Studium der Unterlagen könne bewertet werden, ob damit tatsächlich Transparenz hergestellt werden kann.

Gleichwohl ist das Projekt der PKW-Maut in Verantwortung von Bundesminister Scheuer gescheitert. Unklar ist weiterhin, warum der Vertragsschluss ohne Not am 30.12.2018 ausgeführt wurde. Ob Alternativen zu diesem Vorgehen geprüft wurden, konnte ebenfalls nicht eindeutig dargelegt werden", so Cezanne.

Die AfD dagegen kritisierte es erneut als "völlig überzogen", jetzt schon einen Untersuchungsausschuss ins Spiel zu bringen. Verkehrspolitiker Dirk Spaniel befand, Scheuer habe die Fragen im Ausschuss "zufriedenstellend" beantwortet und weitere Aufklärung zugesagt. Es sei bisher kein Vertuschungsversuch zu erkennen.

Scheuer nutzte die Gelegenheit, um noch einmal ausführlich seine Sicht der Dinge darzustellen und die zahlreichen Vorwürfe zurückzuweisen. Dass er den Kontroll-Vertrag schon vor der bayerischen Landtagswahl im Oktober 2018 abgeschlossen habe, habe mit dem Wahlkampf nichts zu tun gehabt, sagte er.

Die Maut war zunächst ein Prestigeprojekt der bayerischen CSU, das sie gegen Widerstand der SPD und Bedenken in der CDU durchgesetzt hatte. Am 18. Juni kippte das EU-Gericht das Vorhaben – unter anderem, weil es Autobesitzer aus dem Ausland benachteilige. Geplant war, Inländer gleichzeitig bei der Kfz-Steuer zu entlasten, sodass sie insgesamt nicht hätten draufzahlen müssen.

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(dpa/ rt deutsch) 

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