Deutschland

Koalitionsbruch? Debatte um Ende von Schwarz-Rot nimmt Fahrt auf

Die Große Koalition streitet mal wieder. Vordergründig geht es um die Frage, ob die SPD Kramp-Karrenbauer zur neuen Kanzlerin mitwählen würde. Tatsächlich aber ist die Debatte eher Teil der Vorbereitung des sich bereits abzeichnenden Endes der Koalition.
Koalitionsbruch? Debatte um Ende von Schwarz-Rot nimmt Fahrt aufQuelle: Reuters © Wolfgang Rattay

Die Debatte über ein vorzeitiges Ende der Großen Koalition von Union und SPD hat am Wochenende an Fahrt aufgenommen. Auslöser waren Spekulationen über eine bevorstehende Ablösung von Bundeskanzlerin Angela Merkel durch die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer.

Alexander Mitsch, Vorsitzender der konservativen Werteunion, hatte am Freitag letzter Woche einen baldigen Wechsel im Kanzleramt gefordert. Er erklärte, dass sich viele CDU-Mitglieder einen solchen Wechsel wünschten. Die neue Parteivorsitzende Kramp-Karrenbauer könne dann die "begonnene Politikwende, insbesondere beim Thema Einwanderung, dort praktisch umsetzen".

Die Große Koalition stehe ohnehin vor dem Ende, so Mitsch weiter:

Ich gehe davon aus, dass die SPD spätestens nach den Landtagswahlen im Osten panikartig die Koalition verlassen wird. Die CDU muss sich darauf vorbereiten und sollte proaktiv den Wechsel im Kanzleramt betreiben.

In einem Spiegel-Artikel am Wochenende, der sich ebenfalls mit einem möglichen Wechsel von Merkel zu Kramp-Karrenbauer und dem sich abzeichnenden Ende von Schwarz-Rot befasste, hatten mehrere SPD-Politiker in dem Artikel ausgeschlossen, einen solchen Personalwechsel an der Regierungsspitze mitzutragen.

Johannes Kahrs, Sprecher des als konservativ geltenden Seeheimer Kreises der SPD, sagte dem Spiegel:

Wenn Frau Merkel versuchen sollte, ihre Kanzlerschaft an Frau Kramp-Karrenbauer zu übergeben, gäbe es sofort Neuwahlen. Das wird niemand in der SPD mitmachen, allein wir Seeheimer würden Amok laufen. Die CDU hatte die Auswahl zwischen drei möglichen Vorsitzenden, und sie hat die Niete gezogen. Das hat die Union jetzt davon.

Den Juso-Vorsitzenden Kevin Kühnert zitiert das Magazin mit den Worten:

Würde Merkel abtreten, wäre das quasi die Aufkündigung der Geschäftsgrundlage dieser Regierung. Wir könnten eine solche Machtübergabe definitiv nicht mitmachen. 

Unionspolitiker reagierten gereizt auf diese und ähnliche Aussagen von SPD-Seite. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier nannte die Diskussion überflüssig. Man habe eine Kanzlerin, die Frage nach einem Wechsel stelle sich nicht. Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther erklärte gegenüber der Funke-Mediengruppe:

Ich kenne in Union und SPD niemanden, der über so ein Szenario ernsthaft nachdenkt.

Am Montag setzte sich die Debatte fort. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt warnte die SPD in der Bild:

Vertrauen gewinnt man mit guter Arbeit, nicht mit Diskussionen über das Ende der Koalition und der Flucht aus der Verantwortung.

Dobrindt beklagte auch einen "Linksruck" der Sozialdemokraten:

Die SPD arbeitet sich verdächtig nah an die Linkspartei ran. Das ist mehr als ein Linksruck, da ist eine Flucht nach links zu spüren.

Die Debatte um den Fortbestand von Schwarz-Rot ist zu großen Teilen eine Scheindebatte. Klar ist, dass Kramp-Karrenbauer noch in dieser Legislaturperiode einen Wechsel ins Kanzleramt plant und in der CDU-Zentrale und im Kanzleramt längst Planspiele laufen, wie dieser Wechsel am besten zu bewerkstelligen ist.

Allerdings wird sie ihren Wechsel ins Regierungsamt mit einem Koalitionswechsel verbinden wollen, entweder direkt zu Jamaika oder über Neuwahlen zu Schwarz-Grün. Die SPD wäre in einer solchen Konstellation als Koalitionspartner nicht mehr gefragt.

Die Große Koalition ist an den Basen von Union und SPD denkbar unpopulär. Als zähester Unterstützer dieser Verbindung muss neben der Kanzlerin die SPD-Spitze gelten, die angesichts schlechter Umfragewerte Neuwahlen fürchtet und die bei einem Ende von Schwarz-Rot selbst vor der Ablösung stehen dürfte.

Bei der derzeitigen Koalitionsdebatte geht es also eher darum, den sich abzeichnenden Bruch der Koalition im eigenen Sinne zu gestalten, um dabei vor der eigenen Anhängerschaft möglichst gut auszusehen. Vor diesem Hintergrund sind auch die verstärkten Versuche von SPD und Union zu verstehen, sich unter Rückbesinnung auf die eigene Tradition wieder stärker inhaltlich zu profilieren.

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