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"Existenzbedrohend" - Vize-Präsident des Taxi-Verbands zum ungleichem Wettbewerb mit Uber und Co.

Das Verkehrsministerium plant, die Personenbeförderung zu liberalisieren. Der Online-Fahrdienst Uber könnte zu den Gewinnern zählen. Taxifahrer wiederum sehen ihre Existenz bedroht. RT Deutsch sprach darüber mit dem Vize-Präsidenten des Deutschen Taxi- und Mietwagenverbands.
"Existenzbedrohend" - Vize-Präsident des Taxi-Verbands zum ungleichem Wettbewerb mit Uber und Co.Quelle: Reuters

Hermann Waldner ist Vize-Präsident des Deutschen Taxi- und Mietwagenverbandes und zugleich der Geschäftsführer von Taxi Berlin sowie der App taxi.eu. Für die Firma fahren insgesamt 6.500 Taxis (von den insgesamt 8.200) und 15.000 Taxifahrer in Berlin und Umland.

Herr Waldner, in Berlin haben am vergangenen Donnerstag über 1.000 Frauen und Männer aus dem Taxigewerbe demonstriert. Das Motto des Protestes war "Bleibt fair! Unsere Taxis Unsere Jobs = Deine Mobilität". Warum sind Sie vor das Verkehrsministerium in Berlin gezogen? 

Seit einigen Tagen ist ein Eckpunktepapier aus dem Verkehrsministerium in Umlauf, das die Modernisierung bzw. Liberalisierung des sogenannten Personenbeförderungsgesetzes konkret schildert. Und diese erwogenen und nun bekannt gewordenen Änderungen bringen für das Taxigewerbe sehr negative Sachen mit sich bzw. sie bedrohen es.

Was kritisieren Sie konkret an den bekannt gewordenen Plänen bzw. Erwägungen, denn Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) betont stets, dass noch nichts entschieden wurde?

Mit diesen Plänen bekämen Fahrdienstanbieter wie der US-amerikanische Online-Fahrdienst Uber uneingeschränkten Zugang zum Markt. Die nötige Erlaubnis zur Personenbeförderung wäre für jedermann zu bekommen. Zugleich aber müssten diese Fahrdienstanbieter jene Voraussetzungen nicht erfüllen, die ein jedes Taxiunternehmen zustande bringen muss. So hätten Taxiunternehmen einen festen Tarif, während die Mietwagenfirmen ihren Preis frei bestimmen könnten.

Unsere Fahrer müssen beispielsweise eine Ortskenntnisprüfung bestehen. Mietwagen dürfen derzeit nicht wie Taxis durch die Stadt auf Kundensuche herumfahren oder an Taxiständen warten, sondern müssen nach jeder Tour zu ihrer Firma zurückkehren. Schon jetzt wird das nicht von vielen eingehalten, und dieses Eckpunktepapier sieht nun vor, dass diese Hürde komplett wegfallen soll. 

Durch den Wegfall der sogenannten Rückkehrpflicht könnte jeder Mietwagenunternehmer in Städten taxiähnlichen Verkehr anbieten.

Die Taxifahrer betonten beim Protest, dass ihre Existenz bedroht sei. Wie konkret würden sich diese Pläne Ihrer Meinung nach auf die Branche auswirken?

Wissen Sie, Taxis sind Teil des öffentlichen Personennahverkehrs. Sie befördern Menschen zum Arzt oder ins Umland, dürfen nicht einfach die Fahrt verweigern. Zudem bestimmen die Betreiber den Preis für ihre Dienste nicht selbst, sondern sind an einen bestimmten Einheitstarif gebunden. Und der ist wiederum an die jeweilige Kommune gebunden. Zudem haben wir in den Autos Taxameter, was Mietwagen nicht haben. Auf der anderen Seite sind die Fahrer bei einem Berliner Mietwagen-Unternehmen angestellt, Uber kassiert dabei nur für die Vermittlung des Fahrpreises bis zu 25 Prozent. Diese Art der Personenbeförderung ist, anders als das Taxi, an keinen Tarif gebunden. 

Wir verlieren bereits jetzt Kunden, weil Uber die Taxifestpreise zur Abwerbung der Kunden unterbietet, aber nicht die gleichen Voraussetzungen erfüllen muss wie wir. Mit der Liberalisierung würde ein ungleicher Preiswettbewerb entstehen. Nebenbei bemerkt schwankt zudem bei Uber der Preis je nach Nachfrage: Wenn beispielsweise zu Silvester viele Bestellungen über die App kommen, kann der Preis für die Fahrt um ein Vielfaches nach oben gehen.

Sehen Sie schon jetzt Auswirkungen auf die Branche?

Ja, beispielsweise im Nachtgeschäft. In diesem Segment klagen die Taxi-Fahrer über Verdienst-Einbußen mit bis zu 30 Prozent. Und durch die Abschaffung der Rückkehrpflicht für die Mietwagen würden es noch mehr werden. 

Nicht nur Uber, dessen Fahrzeuge zur Zeit in Berlin, Düsseldorf, München und Frankfurt am Main unterwegs sind, drängt auf den kompletten Markt, sondern auch deutsche Autohersteller wie VW (E-Auto-Carsharing) oder Daimler und BMW (gemeinsamer Carsharing-Dienst) versuchen ebenfalls auf den Bereich der Personenbeförderung ihren Einfluss auszuweiten. Warum eigentlich? 

Die Autohersteller fürchten schon jetzt, dass sie in Zukunft weltweit mit Absatz-Problemen zu kämpfen haben werden. Sie versuchen nun selber Mobilität anzubieten, damit sie nicht später von Firmen wie Uber abhängig sind. Die könnte im Endeffekt denen dann vorschreiben, was sie zu bauen haben und sie dadurch in eine Abhängigkeit geraten. 

Was wünschen Sie sich von der Politik? 

Die Politiker bzw. diejenigen, die über Gesetzesänderungen entscheiden, sollen einfach auch mit Vertretern der Taxibranche reden, bevor sie Entscheidungen treffen. Wir verlangen, dass das Taxigewerbe als Teil des öffentlichen Nahverkehrs vor ungleichem Wettbewerb geschützt wird. Bei der derzeitigen vorgeschlagenen Gesetzesänderung würde das Taxigewerbe kaputt gehen. 

Wir haben keine Unternehmen mit Milliarden Börsenwert hinter uns. Viele von unseren Fahrern sind Ein-Mann-Betriebe. Die Existenz Zehntausender Familien ist von diesen Gesetzesänderungen bedroht und betroffen.

Vielen Dank für das Gespräch!

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