Deutschland

Mietenwahnsinn auch im sozialen Brennpunkt von Berlin: "Wir gehen hier nicht weg!"

Die Mietenexplosion in den deutschen Großstädten hat mittlerweile auch die sozialen Brennpunkte erreicht. So kämpfen jetzt auch Menschen in der Berliner Gropiusstadt gegen steigende Preise durch "Modernisierungen". Die Erfolgsaussichten sind ungewiss.
Mietenwahnsinn auch im sozialen Brennpunkt von Berlin: "Wir gehen hier nicht weg!"Quelle: www.globallookpress.com

36.000 Einwohner, davon rund 14.000 mit Migrationshintergrund, jeder Dritte lebt von Transferzahlungen wie Hartz IV, Arbeitslosengeld, Grundsicherung, jedes zweite Kind unter der Armutsgrenze – das ist die Gropiusstadt im Berliner Problembezirk Neukölln, dessen Norden jedoch seit einiger Zeit weltweit als "hip" gilt.

Die Folgen bekommen nun auch die Menschen in der Gropiusstadt (1962 - 1975 gebaut) zu spüren. "Hier leben viele, die durch die Gentrifizierung aus Nord-Neukölln verdrängt wurden", sagt Tony Pohl von der Fraktion der Linken in der Neuköllner Bezirksverordnetenversammlung (BVV).

Nun müssen sie ein zweites Mal um ihre Wohnungen fürchten.

Mit Modernisierung kann nahezu jede Miet-Erhöhung gerechtfertigt werden

Rund 250 Menschen kamen am Wochenende auf dem Lipschitzplatz zu einer Kundgebung zusammen. Das Wort, das den Bewohnern aus mehr als 90 Nationen Angst macht, heißt "Modernisierung". Unter diesem Deckmantel lässt sich nahezu jede Erhöhung rechtfertigen, die so genannte "Mietpreisbremse" ist völlig wirkungslos. So stiegen die Quadratmeter-Mieten in der Trabantenstadt von einst gut 4 Euro kalt auf mittlerweile rund 7 Euro, in einigen Fällen sogar auf 12 Euro.  

Ilona Vater von der Mieterinitiative "Löwensteinring 23/25" berichtet: "Hier geht es um insgesamt 99 Wohnungen. Die Gebäude bekommen eine Wärmedämmung, Fenster und Balkons werden erneuert. Und nicht nur in meiner Wohnung musste aus einer Wand Asbest entfernt werden." Der feuerhemmende Stoff wurde vor allem in den 1960er und 1970er Jahren verwendet, mittlerweile ist unstrittig, dass er krebserregend ist. Ilona Vater:

Am 28. Februar nächsten Jahres sollen die Arbeiten beendet sein. Dann steigt die Miete für unsere 76-Quadratmeter-Wohnung von bisher knapp 600 auf gut 770 Euro warm. Das ist eine Erhöhung von fast 30 Prozent. Mein Mann und ich sind Rentner, leben bestimmt nicht im Überfluss. Wo bleibt dann das Geld für einen Restaurant-Besuch, fürs Kino oder mal für ein Geschenk fürs Enkelkind?

Ähnlich geht es Edmund Kaul. Der 82-Jährige ist Gropiusstadt-Bewohner der ersten Stunde, zog vor 51 Jahren gleich nach der Fertigstellung des Löwensteinrings 23 ein.

Meine Wohnung ist identisch mit der von Familie Vater. Nach der Erhöhung geht mehr als ein Drittel meiner Rente für die Miete drauf", sagt der ehemalige kaufmännische Angestellte.

Er ist seit einem Jahr Witwer, lebt nun allein auf 76 Quadratmetern. "Ich würde auch in eine kleinere Wohnung ziehen. Doch die sind im Verhältnis ja noch teurer und kaum zu finden", klagt er. Das bestätigt auch Martin Schmidt aus dem Löwensteinring 44: "Auf eine Wohnung kommen mittlerweile 30 Bewerber. Und das in der Gropiusstadt, die noch vor ein paar Jahren niemanden interessiert hat."

"Deutsche Wohnen" ist in der Siedlung ebenfalls groß im Geschäft

Einer der größten Vermieter im Viertel ist die private "Gropiuswohnen". Sie besitzt 4.245 der rund 20.000 Wohnungen, die einst fast alle im städtischen Eigentum waren. Laut Tony Pohl von der Linken konnte die "Gropiuswohnen" ihren Jahresgewinn von 15,1 Millionen (2010) auf mehr als 20 Millionen Euro (2016) steigern. Die börsennotierte "Deutsche Wohnen" (bundesweit 163.000 Wohnungen), in der Gropiusstadt ebenfalls groß im Geschäft, mache jährlich 8.400 Euro Gewinn pro Wohnung, so der Sprecher einer Mieterinitiative. Ihre Forderung: Sofortiges Einfrieren der Mieten auf jetzigem Niveau, Stopp der Wärmedämmung, Abschaffung der Modernisierungsumlage auf die Mieter von künftig acht Prozent der Gesamtkosten.

Bewohner Martin Schmidt meint darüber hinaus. "Die Wohnungen hier sollten enteignet und anschließend in Genossenschaftseigentum überführt werden." Und der 82-jährige Edmund Kaul sagt kämpferisch: "1967 gab es sieben Geschäfte in der ganzen Gropiusstadt. Heute haben wir alle Einkaufsmöglichkeiten, U-Bahn-Anschluss, gute Ärzte und ein Krankenhaus. Wir gehen hier nicht weg!"

Mehr zum Thema - Tausche Wohnung! - Berlin probiert alles gegen Wohnungsnot und Miet-Wahnsinn

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.