Deutschland

Extremismus gegen Extremisten? Das Chemnitzer "Wir sind mehr"-Konzert gerät immer stärker in Kritik

Ein großes Konzert soll in Chemnitz ein "Zeichen gegen Rechtsextremismus" setzen. Doch die Texte einiger Bands sind selbst extrem und lassen auch Besucher am Sinn der Veranstaltung zweifeln. Es gibt immer mehr Kritik an der Veranstaltung – und Spott.
Extremismus gegen Extremisten? Das Chemnitzer "Wir sind mehr"-Konzert gerät immer stärker in Kritik© Screenshot: Facebook / Wir sind mehr

von Andreas Richter

Unter dem Motto "Wir sind mehr" sollte am Montagabend ein Konzert mehrerer Bands und Musiker ein "Zeichen gegen rechte Gewalt" setzen. Dabei waren unter anderem die Toten Hosen, die Mecklenburger Punkband Feine Sahne Fischfilet, die Chemnitzer Gruppe Kraftklub und die Berliner Hip-Hop-Formation K.I.Z.

Angeblich verfolgten 65.000 Menschen vor Ort das kostenlose Konzert, mehrere Sender übertrugen es direkt, der Livestream des Konzertes erreichte eine Million Klicks. Prominente Politiker hatten zum Besuch des Konzerts aufgerufen.

Schon im Vorfeld der Veranstaltung hatte es Kritik sowohl an der Veranstaltung selbst als auch an der politischen Unterstützung für das Konzert entzündet, da einige der teilnehmenden Formationen als linksradikal gelten. Feine Sahne Fischfilet etwa hatte in der Vergangenheit Lieder veröffentlicht, in denen unter anderem Gewalt gegen Polizisten verherrlicht wurde. Auch die Textzeile "Deutschland ist Scheiße, Deutschland ist Dreck!" stammt aus einem Lied der Band.

Nach dem Konzert konzentrierte sich die Kritik allerdings vor allem auf die Hip-Hopper von K.I.Z., deren Texte noch um einiges direkter und extremer sind. So heißt es im Song "Ein Affe und ein Pferd":

Ich ramm die Messerklinge in die Journalistenfresse.

Die Bild, die das Konzert ansonsten gelobt und unterstützt hatte, empörte sich über den Auftritt dieser Band:

Der K.I.Z.-Auftritt: symptomatisch: "Gegen rechts" dürfen auch Linksradikale und Gewalt-Verherrlicher ran!

Nun ist K.I.Z. bekannt dafür, Übertreibungen und Provokationen als Stilmittel einzusetzen, anders gesagt: Die meinen das wohl gar nicht so. Nur stellt sich zum einen die Frage, ob das den Zuhörern bewusst war, zum anderen, ob derartige Texte in einer derartig aufgeladenen Umgebung wie Chemnitz überhaupt vorgetragen werden sollten.

Mehr zum Thema - Fake News zu Chemnitz: Es gab keine Hetzjagd

Eine Chemnitzer Sozialdemokratin jedenfalls war für die Ironie von K.I.Z. nicht empfänglich, ihr trieb der Auftritt Tränen in die Augen, wie sie im Vorwärts  schrieb:

Als die Situation an unterschiedlichen Orten in der Stadt zu eskalieren drohte und auf unserer Demo eine Band mit ihren Songtexten und Ansprachen alles tat, um das Motto "Herz statt Hetze" ins Gegenteil zu verkehren, habe ich geweint ... Ich habe aber in dem Moment geweint, als mir bewusst wurde, dass Chemnitz zu einem bloßen Austragungsort im Kampf um die Deutungshoheit eines tragischen Ereignisses wurde.

K.I.Z. selbst zeigte sich von der Kritik unbeeindruckt und veröffentlichte am Tag nach dem Konzert eine Collage islamkritischer Magazintitel, kommentiert mit der oben zitierten Textzeile.

Auch die anderen teilnehmenden Musiker blieben von Spott und Kritik nicht verschont. Rockveteran Campino, Sänger der Toten Hosen, wurde von der Roten Fahne auf Twitter als "Pausenclown der Bourgeoisie" verspottet.

Andere Twitter-Nutzer beklagten – offenbar ernsthaft – das Fehlen sexueller Minderheiten auf der Bühne.

Auch wenn das Konzert insgesamt in den Medien als großer Erfolg verkauft wird, ist wohl eher Skepsis angebracht, wenn Konzerte Zeichen gegen etwas setzen sollen. Kaum jemand wird auf diese Weise von irgendetwas überzeugt werden, selbst wenn ihm die Musik gefällt. Es geht den Teilnehmern viel mehr um das Gefühl, auf der richtigen Seite zu stehen. Insofern sind solche Veranstaltungen eher quasireligiöse Rituale der Selbstvergewisserung.

RT Deutsch bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.