Deutschland

Kritik an Neuregelung zum Familiennachzug: Unklare Kriterien und jahrelange Wartezeiten

Ab Mittwoch tritt die Neuregelung zum Familiennachzug in Kraft. Der Nachzug ist für die Gruppe der eingeschränkt Schutzbedürftigen auf 1.000 pro Monat begrenzt. Die Grünen sehen das Grundgesetz verletzt. Zudem seien jahrelange Wartezeiten zu befürchten.
Kritik an Neuregelung zum Familiennachzug: Unklare Kriterien und jahrelange Wartezeiten  Quelle: AFP © Louisa Gouliamaki

Zwei Jahre war der Familiennachzug von Angehörigen ausgesetzt, die in Deutschland einen eingeschränkten Schutzstatus besitzen. Mit der ab Mittwoch geltenden Neuregelung begrenzt die Regierung diesen auf 1.000 Menschen im Monat. Die Bearbeitung der Anträge jedoch kann sich über Jahre hinziehen. Kritik kommt von Verbänden und aus den Rängen von Grünen und FDP. Im Juni wurde die Neuregelung im Bundestag mit 370 Ja- und 279 Nein-Stimmen angenommen. Die Aussetzung des Familliennachzugs für subsidiär Schutzbedürftige hatten 2016 Union und SPD beschlossen. 

Laut der Neuregelung haben diejenigen bessere Chancen ihre Angehörigen nachzuholen, wenn sie für deren Lebensunterhalt sorgen können. Erwachsene dürfen Ehepartner und minderjährige Kinder zu sich holen, unbegleitete Minderjährige die Eltern. In Betracht gezogen werden Dauer der Trennung, Kindeswohl, Gesundheitszustand und die Bedrohungslage der Angehörigen in deren Heimat.

Annalena Baerbock, Vorsitzende der Grünen gegenüber der "Passauer Neuen Presse": 

Nach dem Ehe und Familie unter besonderem Schutze der staatlichen Ordnung stehen, wird so zum Gnadenrecht, das eben nicht mehr universell gilt. 

Rangfolge humaner Krititerien für den Nachzug unklar 

Die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag, Luise Amtsberg, kritisierte, die Rangfolge der humanitären Kriterien für den Nachzug sei nach wie vor unklar und liege allein im Ermessen der Behörden. Für Betroffene sei das Verwaltungsverfahren kompliziert. Bund und Länder müssten nun wenigstens dafür sorgen, dass das zugesagte Personal für Botschaften, Bundesverwaltungsamt oder Ausländerbehörden rasch eingestellt werde.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Innenministerium, Stephan Mayer (CSU), argumentierte im Sender n-tv:

Wenn eine schwere Erkrankung oder Behinderung vorliegt, sind dies natürlich vor allem humanitäre Gesichtspunkte, die mit zu berücksichtigen sind. Auch der Umstand, dass minderjährige Kinder vorhanden sind, ist natürlich ein wichtiger humanitärer Aspekt.

Außerdem werde der voraussichtliche Integrationserfolg berücksichtigt. In diesem Jahr könnten noch 5.000 Personen insgesamt kommen. Das bedeute nicht, dass der 5.001. keine Chance mehr habe. Dann bestehe die Möglichkeit, im Januar ein Einreisevisum zu erhalten.

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Die Diakonie hält humanitäre Schutzbedürftigkeit und eine starre Kontingentlösung generell "für miteinander nicht vereinbar". Auch die Caritas hält die Zahl von 1.000 Angehörigen pro Monat für zu niedrig. Der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Roten Kreuzes, Christian Reuter, sagte dem RND, es sei oft schwer nachzuweisen, dass tatsächlich humanitäre Gründe für den Nachzug vorlägen.

FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae sagte im ZDF-Morgenmagazin, die Bundesregierung habe eine technokratische, statt einer humanitären Lösung gewählt. Statt die Zahl der Angehörigen auf 1000 pro Monat zu begrenzen, wäre es besser gewesen, sachliche Gründe für den Nachzug festzulegen. Als Kriterien nannte Thomae etwa Minderjährigkeit von Angehörigen oder die Fähigkeit eines Flüchtlings, seine Familie in Deutschland selbst zu versorgen. Das Verfahren könnte bei einer Begrenzung auf nur 1.000 Menschen pro Monat Jahre andauern: 

Wenn Sie davon ausgehen, dass jeweils zwei Angehörige nachgeholt werden sollen, kommen Sie auf 60.000 bis 70.000 Familienmitglieder.

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(rt deutsch/dpa) 

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