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Deutschland: Tausende Patienten bekamen jahrelang gestohlene und falsch gelagerte Krebsmedikamente

Eine Firma in Brandenburg soll mit gestohlenen Krebsmedikamenten aus Griechenland gehandelt haben. Mehrere Bundesländern sind betroffen. Brandenburgs Gesundheitsministerin Golze steht massiv unter Druck.
Deutschland: Tausende Patienten bekamen jahrelang gestohlene und falsch gelagerte KrebsmedikamenteQuelle: Reuters

Tausende Patienten in Deutschland könnten monatelang gestohlene und womöglich auch falsch gelagerte Medikamente gegen Krebs erhalten haben - doch Behörden in Brandenburg schritten lange Zeit nicht ein. In diesem Skandal räumte die brandenburgische Gesundheitsministerin Diana Golze von der Partei Die Linke ein Versagen der behördlichen Aufsicht ein. Kriminelle Energie sei nicht durchschaut und verhindert worden, sagte Golze am Mittwoch in Potsdam in einer Sondersitzung des Gesundheitsausschusses des Landtags.

Ein Brandenburger Pharmaunternehmen soll in Griechenland gestohlene und womöglich unsachgemäß gelagerte Krebsmedikamente an Apotheken in mehrere Bundesländer geliefert haben. Erste Hinweise darauf gab es bereits 2016, aber erst vergangene Woche wurde der Firma die komplette Betriebserlaubnis entzogen und versucht, ausgelieferte Medikamente zurückzurufen.

Es habe in der Aufsicht eine gravierende Fehleinschätzung oder Vorsatz gegeben, sagte Golze vor dem Ausschuss. Außerdem sei die Ministeriumsspitze viel zu spät über die Vorwürfe informiert worden. Auch nach der Aufdeckung des Skandals habe sie teilweise falsche Informationen erhalten. "Wir haben uns zu lange auf Informationen verlassen, die wir bekommen haben." Golze kündigte an, nun die Aufsichtsbehörde "auf den Kopf" zu stellen, damit sich so etwas nicht wiederhole. Im Ministerium wurden bereits Zuständigkeiten für die Medikamentenaufsicht neu geordnet.

Bei den betroffenen Patienten und deren Angehörigen entschuldigte sich die Ministerin für das Versagen der Aufsicht. Ihr Ressort hatte in der vergangenen Woche eine Hotline für Betroffene eingerichtet. Dort hätten sich inzwischen mehr als 600 Menschen gemeldet.

Es geht um insgesamt rund zwei Dutzend teure Medikamente, die in der Regel nicht auf Vorrat gekauft, sondern passgenau geliefert werden. Wer die Medikamente erhalten hat und in welchem Zustand sie sich befanden, ist laut Staatssekretärin Almuth Hartwig-Tiedt unklar. Bei falscher Lagerung könnte die Wirksamkeit fehlen. Derzeit werden noch sogenannte Rückstellproben untersucht; Arzneimittel aus dem Rückruf liegen noch nicht vor. Womöglich kann nie geklärt werden, ob die Medikamente in Ordnung waren.

Die Staatsanwaltschaft Potsdam ermittelt gegen Verantwortliche des Pharmaunternehmens. Zudem prüft die Staatsanwaltschaft Neuruppin Verfahren gegen zwei Mitarbeiter der Aufsicht, wie der Präsident des Landesamtes für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit, Detlev Mohr, im Ausschuss berichtete.

Er sei von den zuständigen Mitarbeitern auch nicht informiert worden, sagte Mohr. "Die Kommunikation ist weiter an mir vorbeigegangen." Die Justiz müsse prüfen, ob das Vorsatz war. Deshalb habe er die Staatsanwaltschaft gebeten, den Verdacht der Vorteilsnahme zu prüfen.

Die Brandenburger Behörden hatten zunächst Hinweise aus Griechenland und Polen auf Unregelmäßigkeiten bei dem Brandenburger Pharmaunternehmen erhalten. Ein früher, vorsorglicher Rückruf der Medikamente blieb aber aus. Erst nachdem das ARD-Magazin Kontraste Mitte Juli über den Fall berichtet hatte, griffen die Behörden durch.

Nach dem Kontraste-Bericht hatte Gesundheitsministerin Golze zunächst einen Beamten vorgeschoben, der erklärte, die Krebsmedikamente seien sicher. Erst Tage später ruderte Golze zurück. Sie musste eingestehen, dass das Landesgesundheitsamt, das dem seit 2014 von Golze geführten Ministerium untersteht, nicht energisch und nicht schnell genug gegen den Pharmahändler Lunapharm in Mahlow vorgegangen sei.

Obwohl es seit Ende 2016 Hinweise gab, dass der Händler Krebsmedikamente aus Griechenland bezogen haben soll, die dort aus Krankenhäusern seit 2013 gestohlen wurden. Diese wurden von Mahlow aus in elf Bundesländer verkauft. Erst vor wenigen Tagen ließ Golze den Betrieb schließen. Sie musste jedoch zugeben, dass das schon im Frühjahr 2017 möglich gewesen wäre.

Bislang zieht sich die Politikerin darauf zurück, Opfer von mindestens zwei Beamten des Landesgesundheitsamtes für Arzneimittelaufsicht geworden zu sein, die die Behördenleitung nicht informiert hätten und die von der Ministerin verdächtigt werden, gekauft worden zu sein. Es gehe nicht um "fachliches Versagen", sondern um Vorsatz. Die Staatsanwaltschaft prüft die Vorwürfe nun.

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(rt deutsch/dpa)

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