Deutschland

Nein, aber, ja: SPD signalisiert Zustimmung zu "Transitzentren"

Der Kompromiss von CDU und CSU in der Flüchtlingspolitik wackelt noch. Die SPD will ihn nicht einfach abnicken, zeigt sich aber grundsätzlich einigungswillig. Am Donnerstag wollen sich die Koalitionsspitzen erneut treffen.
Nein, aber, ja: SPD signalisiert Zustimmung zu "Transitzentren"Quelle: Reuters

Nach einem erneuten Spitzentreffen der Koalition zu den umstrittenen Unionsplänen in der Flüchtlingspolitik macht die SPD Fortschritte aus, sieht aber weiteren Klärungsbedarf.

Alles ist noch im Fluss, und wir brauchen noch etwas Zeit, um das präzise zu machen", umschrieb Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) am Dienstagabend die Lage nach Ende der rund zweieinhalbstündigen Beratungen des Koalitionsausschusses.

SPD-Chefin Andrea Nahles sprach derweil von "Fortschritten in der gesamten Bandbreite". Die Runde will am Donnerstag abermals zusammenkommen, um über den mühsam erzielten Kompromiss zwischen CDU und CSU zu beraten. Die Sozialdemokraten hegen Bedenken bezüglich der von den Schwesterparteien geplanten sogenannten Transitzentren, in denen bestimmte Flüchtlinge auf ihre Zurückweisung warten sollen.

Umfragewerte hemmen Obstruktionsneigung der SPD

Nach dem Kompromiss zwischen den Unionsparteien hat nun die SPD den Ball auf dem Fuß, um entweder einzunetzen, oder das Leder ins Aus zu schießen. Das Dilemma, in das sich die Sozialdemokraten aufgrund der eigenen Zerrissenheit erneut manövriert haben, wird auch im Ausland wahrgenommen. So schreibt die Neue Zürcher Zeitung am Mittwochmorgen:

Die Partei hat am Montag einen eigenen Plan für eine europäische Asylpolitik veröffentlicht, in dem sie sich gegen 'geschlossene Anstalten' ausspricht. Dieses Programm kam wohl eher zur Unzeit, denn es erschwert nun einen Kompromiss. Generell tun sich die Sozialdemokraten schwer, sich in der Asylpolitik festzulegen. Das liegt auch daran, dass sich die Vorstellungen der Parteibasis und der Funktionäre unterscheiden. [...]

Dass es auch mit der SPD einen Kompromiss geben wird, sei aber doch wahrscheinlich, ist die Meinung vieler Beobachter, denn würden die Sozialdemokraten eine Einigung ebenfalls noch einmal um Wochen verschleppen, könnte sich am Ende die Frustration der Wähler über sie ergießen. Das würde die aktuell äußerst bescheidenen SPD-Umfragewerte mutmaßlich noch weiter in den Keller fallen lassen. Neuwahlen kämen der Partei daher ebenfalls kaum entgegen, auch weil die SPD sich nach der Wahlschlappe von 2017 eigentlich eine "Erneuerung" auf die Fahnen geschrieben hatte. Worin diese bestehen soll, lässt sich aktuell jedoch offenbar auch für das Wahlvolk nicht recht ausmachen.

Aktuelle Zahlen des "Politbarometer Extra" dürften da ihr Übriges tun, um die Genossen zu zähmen. Demzufolge begrüßen 59 Prozent der Befragten die Pläne für die sogenannten Transitzentren, 35 Prozent lehnen diese ab. Demnach glauben allerdings auch nur 26 Prozent, dass durch diese Maßnahme wesentlich weniger Asylbewerber nach Deutschland kommen werden, 68 Prozent bezweifeln das.

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Feilen an Begrifflichkeiten

Noch 2015 hatte sich die SPD noch wortgewaltig gegen "Massenlager im Niemandsland" ausgesprochen und gegen "Haftzentren" gewandt. Diese Position dürfte nun einer verwässerten Kompromiss-Position weichen. Der Partei geht es jetzt mutmaßlich um Begrifflichkeiten und die Ausgestaltung dieser Transitzentren. Am Dienstag erklärte SPD-Chefin Andrea Nahles, dass ihre Partei diesen Begriff ablehne. Die aktuellen Planungen liefen jedoch auf einen anderen "Sachverhalt" hinaus. Des Weiteren handele es sich nicht um "dieselbe Gruppe".

Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen erklärte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil:

Wir werden keine geschlossenen Lager mitmachen.

Dabei verwies er auf "noch viele ungeklärte Fragen" zu der Unionsvereinbarung, um dann zu betonen:

Wir sind jetzt in Gesprächen in der Koalition. Ich hab da auch einen Optimismus. Wir hatten heute gute Gespräche im Koalitionsausschuss. Ich merke auch, dass wir über die Klärung von Fachfragen, über die Klärung von Detailfragen da vorankommen.

Klingbeil zeigte sich optimistisch, dass man am Ende des Tages zueinanderfinden werde:

Ich bin mir sicher, es gibt eine Chance, dass wir am Ende zu einer Lösung kommen.

Linken-Chef Bernd Riexinger ging derweil am Mittwochmorgen davon aus, dass die SPD die Unionsvereinbarung letztlich mitträgt.

Von der SPD ist kein Widerstand zu erwarten gegen die neue Welle neoliberaler Reformen mit rechtspopulistischer Flankierung.

Zwischen Merkel, Seehofer und Nahles verliefen "keine grundlegenden Trennlinien in der Asylpolitik mehr", gab Riexinger zu Protokoll.

(rt deutsch/dpa)

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