Deutschland

EU-Klage gegen Deutschland: Bundesregierung bevorzugt im Abgasskandal scheinbar Geldstrafen

Seit Jahren überschreitet Deutschland europäische Abgas-Grenzwerte und nimmt dadurch fatale Gesundheitsrisiken für die Bevölkerung in Kauf. Nun verklagt die EU die Bundesrepublik. Während sich die CDU vor die Autoindustrie stellt, drohen den Steuerzahlern Geldbußen.
EU-Klage gegen Deutschland: Bundesregierung bevorzugt im Abgasskandal scheinbar Geldstrafen Quelle: www.globallookpress.com © Global Look Press

Die Grenzwerte für giftige Stickoxiden wurden von der EU im Jahr 2010 eingeführt. Laut Umweltbundesamt wurden diese Werte jedoch an der Hälfte aller verkehrsnahen Messstationen in Deutschland regelmäßig überschritten. Und das obwohl dies fatale Folgen für die Bürger hat.

Laut einer Studie der Organisation Environmental Health Analytics (LLC) sterben weltweit 107.000 Menschen jährlich an Stickoxiden und Stickdioxiden durch Abgase von Dieselfahrzeugen, nach den Untersuchungen von LLC wären es 38.000 Menschen weniger, wenn die Fahrzeuge die gesetzlichen Grenzwerte einhalten würden. Besonders schlimm sei die Situation in der EU aufgrund der hohen Verbreitung an Diesel-Fahrzeugen, so Ray Minjares vom International Council on Clean Transportation (ICCT) und Mitverfasser der Studie.

Europa trägt unter den größten Automärkten die größte Gesundheitslast durch zusätzliche Stickoxid-Emissionen", sagte Minjares

Von den 28.500 vorzeitigen Todesfällen durch Stickoxide aus Dieselabgasen in der EU entfallen demnach rund 11.400 auf den Zusatzausstoß infolge nicht eingehaltener Abgasgrenzwerte.

Ganz anders klang es in dem Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses des Bundestags "Epidemiologisch ist ein Zusammenhang zwischen Todesfällen und bestimmten NO2-Expositionen im Sinne einer adäquaten Kausalität nicht erwiesen". 

Weitaus höher beziffern andere Quellen die Todesfälle in der EU durch schlechte Luft und Autoabgase zusammen, mit 400.000 Menschen pro Jahr.

Im Jahr 2015 leitete die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein. Dennoch gab es kaum Verbesserungen bei der Luftverschmutzung. Im Jahr 2018 erhielt Berlin somit ein "letztes Mahnschreiben" der Kommission.

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Nun geht die Kommission weiter und verklagt Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), da Berlin und die fünf weiteren betreffenden Mitgliedsstaaten (Frankreich, Ungarn, Italien, Rumänien und Großbritannien) in den letzten zehn Jahren genügend "letzte Chancen" erhalten haben, um die Situation zu verbessern.

Die letzte "letzte Chance" für die betroffenen Länder war ein Ministergipfel im Januar. "Die sechs betroffenen Mitgliedsstaaten haben keine glaubwürdigen, wirksamen und rechtzeitigen Maßnahmen zur Verringerung der Umweltverschmutzung innerhalb der vereinbarten Grenzen und so bald wie möglich vorgelegt, wie es das EU-Recht verlangt", heißt es dazu in der Mitteilung der Kommission.

Bundesverkehrsminister Scheuer bezeichnete die angedrohte Maßnahme der EU-Kommission gegen Deutschland als "realitätsfern". Dabei ist es sein Ministerium, in dem seit Monaten zur Verbesserung notwendige Gutachten, beispielsweise zu Hardware-Nachrüstungen, verschleppt werden. Bundeskanzlerin Merkel befand, die Autoindustrie dürfe durch politische Regulierung nicht geschwächt werden.

In dem seit Monaten schwelenden Streit in der Bundesregierung um weitergehende Diesel-Nachrüstungen bleiben die Fronten derweil hart. Bundesumweltministerin Svenja Schulze pocht auf Umbauten an Motoren, die auch schrittweise umgesetzt werden könnten. "Mir geht es nicht darum, sofort flächendeckend in Deutschland alle Diesel nachzurüsten", sagte sie der Welt. In einem Stufenplan sollten Autos zuerst da nachgerüstet werden, "wo die Luft besonders schlecht ist". So könnten Fahrverbote verhindert und Kosten begrenzt werden. Scheuer lehnt Hardware-Nachrüstungen weiterhin ab. Regierungssprecher Steffen Seibert stellte grundsätzlich eine einheitliche Einschätzung in dieser Frage in Aussicht.

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Die Opposition forderte die Regierung zum Handeln auf. Die "Zeit des Abtauchens und Zögerns und Zauderns" für Angela Merkel sei vorbei, sagte FDP-Fraktionsvize Michael Theurer. "VW und die anderen Autokonzerne als Verursacher des Dieselskandals und niemand sonst müssen die Zeche für die Hardware-Nachrüstungen zur Vermeidung weiterer Fahrverbote zahlen." 

Während die US-Staatsanwaltschaft kürzlich den ehemaligen Volkswagen-Chef Martin Winterkorn im Abgassskandal verklagte, stellt sich hierzulande die Politik vor die Verantwortlichen für die Manipulation von Abgaswerten. 

Sollte sich die EU in ihrem Gerichtsverfahren gegen Deutschland durchsetzen, könnte es ein zweites Verfahren geben, um festzustellen, wie hoch die Strafe sein könnte. Sofern es zu einer Verurteilung Deutschlands durch den EuGH kommt, drohen möglicherweise horrende Geldbußen, welche wohl alle deutschen Steuerzahler ableisten müssen.

(dpa/rt deutsch)

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