Deutschland

Mehrzahl der Bundesländer will keine Ankerzentren für Asylbewerber

Wären sie eine Chance auf schnellere Entscheidungen über Bleiben oder Abschieben - oder Orte der Isolation und Frustration? Die große Mehrzahl der Bundesländer will bei den von der Koalition vereinbarten "Ankerzentren" für Asylbewerber vorerst nicht mitmachen.
Mehrzahl der Bundesländer will keine Ankerzentren für AsylbewerberQuelle: Reuters

Horst Seehofer beißt mit den geplanten neuen Asylzentren bei den meisten Ländern auf Granit. Nur zwei Bundesländer unterstützen derzeit den Plan für zentrale Aufnahme-, Entscheidungs- und Rückführungseinrichtungen. Die vom Bundesinnenministerium geplante Pilotphase an bis zu sechs Standorten ab August oder September droht damit zu scheitern.

Ein klares Nein zu den geplanten zentralen Ankerzentren kam aus Berlin, Hessen und Thüringen, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur sowie Äußerungen der vergangenen Tage ergaben. Nicht an der von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) angekündigten Pilotphase beteiligen wollen sich zudem Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein. Bisher haben sich nur Bayern und das Saarland zustimmend geäußert, die im Grunde schon ähnliche Einrichtungen haben.

Neue Ankerzentren könnten laut Politikern im Zweifelsfall noch mehr Probleme schaffen

Berlins Integrationssenatorin Elke Breitenbach (Linke) sagte: "Sie sind als viel zu große Einrichtungen konzipiert, in denen Menschen einkaserniert sind." Ein Sprecher von Innensenator Andreas Geisel (SPD) äußerte auch Bedenken: "Im Zweifelsfall schaffen sie noch mehr Probleme."

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sieht die Einrichtungen bereits vorhanden: "Das, was in einem Ankerzentrum zu tun ist, geschieht modellhaft in der Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen schon lange." Dabei bleibe es. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) sagte der dpa:

Wir wissen immer noch nicht, wie denn Herr Seehofer als Bundesinnenminister beabsichtigt, die im Koalitionsvertrag vereinbarten Ankerzentren wirklich auszugestalten.

Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) wies darauf hin, dass man ein konkretes Konzept über die Vorstellungen des Bundes erwarte. Brandenburgs SPD-Innenminister Karl-Heinz Schröter forderte den Bund auf, "seinen Ankündigungen im Koalitionsvertrag nun Taten folgen zu lassen".

Seehofer hatte im Bundestag solcher Kritik entgegengehalten, jede Einzelheit sei im Koalitionsvertrag festgelegt. Er warb für die Zentren, "um dort gebündelt die Verfahren schnell und sicher durchzuführen". Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl warnte aber: "Die Isolation in solchen Zentren behindert die Integration derjenigen, die in Deutschland bleiben werden." Gegen Großunterkünfte entstünden zudem oft Hasskampagnen.

Umfrage: Mehrheit der Deutschen für diese zentralen Einrichtungen

Streit über die Bewertung von Ankerzentren und die Teilnahme an der Pilotphase gibt es mittlerweile in der schwarz-roten Koalition von Sachsen. Das Land hatte zunächst Interesse angemeldet.

Seehofer, der zugleich CSU-Vorsitzender ist, hatte am 3. Mai angekündigt, ab August oder September mit einer Pilotphase für die Zentren starten zu wollen. Laut Innenstaatssekretär Helmut Teichmann sollen fünf bis sechs Zentren über sechs Monate bundesweit erprobt werden. Ziel ist es, nur Asylbewerber mit positiver Bleibe-Prognose auf Kommunen zu verteilen und alle anderen möglichst direkt aus den Großunterkünften abzuschieben.

Wie eine Umfrage des Instituts Civey für die Tageszeitung Die Welt ergeben hatte, seien mehr als drei Viertel der Deutschen für diese zentralen Einrichtungen.

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(dpa/rt deutsch)

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