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Dashcam vor Gericht: BGH prüft Verwertbarkeit privater Aufnahmen im Straßenverkehr

Was wiegt schwerer: Die Aufklärung eines Unfalls oder der Schutz der Persönlichkeit? Der Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigt sich mit der Frage, ob Aufnahmen so genannter Dashcams in einem Unfallprozess genutzt werden dürfen. Das Urteil wird mit Spannung erwartet.
Dashcam vor Gericht: BGH prüft Verwertbarkeit privater Aufnahmen im StraßenverkehrQuelle: www.globallookpress.com

Zwei Autos streifen einander beim Abbiegen. Die Schuldfrage ist unklar. Der Gutachter kommt zu dem Ergebnis, dass aus technischer Sicht die geschilderten Tathergänge beider Parteien zum Unfallhergang prinzipiell möglich seien. Eine Zeugin kann sich nicht genau erinnern. Einer der Unfallbeteiligten behauptet, ein Auto sei beim Linksabbiegen auf der daneben verlaufenden Spur auf seine Fahrbahn gekommen und gegen seinen Wagen gefahren. Er hat auch eine Minikamera - also eine Dashcam - im Auto und will seine Version durch deren Aufnahmen belegen. Doch weder das Amts- noch das Landgericht Magdeburg wollen sie sehen. Die Aufzeichnung des Geschehens verstoße gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen - sie dürfe deshalb nicht als Beweis herangezogen werden.

Bessere Aufklärung von Unfällen vs. Gefahr totaler Überwachung

Völlig unverständlich, findet der Anwalt des Klägers, der vollen Schadenersatz fordert und deshalb vor den Bundesgerichtshof (BGH) gezogen ist. Rund 1.300 Euro und Kratzer an beiden Autos - der Streitwert ist gering, doch die Folgen könnten weitreichend sein: Anhand dieses Unfalls in Magdeburg verhandelte der BGH am Dienstag erstmals die Frage, ob Aufnahmen von Videokameras an Armaturenbrett und Windschutzscheibe als Beweis vor Gericht genutzt werden dürfen. Die Rechtslage ist unklar, die Gerichte sind uneins.

"Die Rechtsprechung darf sich nicht an der Nase herumführen lassen", betonte der Anwalt des Klägers in Karlsruhe. "Wenn Beweise da sind, muss man sie auch verwenden dürfen." Das sehen Polizisten und Versicherer auch so:

Dashcams helfen bei der Aufklärung von Unfällen", ist der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft überzeugt.

Der Anwalt des beklagten Autofahrers warnte hingegen vor Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht von Verkehrsteilnehmern. Er beschwor während der BGH-Verhandlung das Bild einer "dashcam-verseuchten Gesellschaft" herauf. Stundenlang den Verkehr zu filmen sei nicht verhältnismäßig. Er befürchtet eine ausufernde Überwachung und sieht sich im Einklang mit Datenschützern und vielen Verkehrsrechtlern. "Big Brother" auf der Straße - das geht gar nicht, findet auch Verkehrsrechtlerin Daniela Mielchen.

Dashcams sind nicht verboten, permanentes Filmen anderer Verkehrsteilnehmer sehr wohl

Die Minikameras in den Autos sind nicht verboten. "Das permanente Filmen anderer Verkehrsteilnehmer während der Fahrt ist aber nicht erlaubt. Das verstößt gegen den Datenschutz", erläutert Andreas Krämer vom Deutschen Anwaltverein (DAV). Wer es dennoch tut, riskiert ein Bußgeld oder gar ein Filmverbot - wie ein als "Knöllchen-Horst" bekannt gewordener Frührentner aus dem Harz, der mit Dashcams Jagd auf angebliche Verkehrssünder gemacht und in den vergangenen Jahren zehntausende Personen angezeigt hatte.

Der Verkehrsgerichtstag plädiert schon länger dafür, solche Aufnahmen nur in engen Grenzen bei schweren Verstößen oder einem drohenden Unfall zuzulassen. Noch ist offen, wann das höchste deutsche Zivilgericht sein Urteil spricht. Erwartet wird jedenfalls eine Grundsatzentscheidung.

Die kleinen Kameras im Pkw erlangten weltweite Berühmtheit, als die Dashcams russischer Autofahrer 2013 einen niedergehenden Meteoriten einfingen. Auch in Deutschland werden sie immer beliebter: Einer Umfrage des IT-Branchenverbands Bitkom zufolge fahren mit ihnen acht Prozent von 1.000 befragten Autofahrern herum. Weitere 13 Prozent wollen sie in Zukunft auf jeden Fall nutzen, 25 Prozent können es sich vorstellen.

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(rt deutsch/dpa)

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