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Münchener Aufrüstungsfieber: Bundeswehr fordert weitere Steuergelder

Pünktlich zur Sicherheitskonferenz häuften sich Berichte über mangelhaftes Kriegsgerät bei der Bundeswehr. Kritiker der Hochrüstung sahen darin einen Vorwand zur Werbung für mehr Steuergelder. Das Heer forderte hingegen wie erwartet mehr Geld.
Münchener Aufrüstungsfieber: Bundeswehr fordert weitere SteuergelderQuelle: www.globallookpress.com

Jüngst mehrten sich Berichte, wonach die Bundeswehr ihre Aufgaben kaum erfüllen und schon gar nicht den Anforderungen der Führung des geplanten NATO-Eingreifverbands "Very High Readiness Joint Task Force" (VJTF) in Osteuropa gerecht werden könne. Der Grund dafür seien dysfunktionales Kriegsgerät aufgrund des hohen Instandhaltungsaufwands und des Fehlens von Ersatzteilen.

So mahnte der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels in der Welt:

Die Lage ist in allen Teilstreitkräften ähnlich besorgniserregend. 

"Auflösung der Bundeswehr"?

Sorgen hatte auch André Wüstner, der Chef des Bundeswehrverbandes, bezüglich der Budgetplanung der Bundesregierung geäußert:

Wenn das tatsächlich so beschlossen wird, dann ist es eine Einigung auf Kosten der Bundeswehr, auf Kosten unserer Verlässlichkeit und Bündnisfähigkeit – und damit auf Kosten der Sicherheit Deutschlands. Das ist unverantwortlich!

Angesichts der erheblichen personellen und materiellen Defizite bei der Bundeswehr regte der Chef des Bundeswehrverbandes sogar sardonisch "die Auflösung der Bundeswehr" vor.

Linken-Verteidigungsexperte Alexander Neu bezeichnete die Berichte über Mängel bei der Bundeswehr demgegenüber als "PR-Trick", um ein noch höheres Budget zu rechtfertigen.

Im Interview mit der Nachrichtenagentur Sputnik warnte er:

Seit 2015 bedient man unter von der Leyen diesen PR-Trick, dass man die Bundeswehr, was die materielle Ausgangslage betrifft, schlechtmacht, um der Öffentlichkeit zu suggerieren, dass man mehr Steuergelder braucht, um die Bundeswehr auf den neuesten Stand zu bringen. Das ist im Wesentlichen ein PR-Trick.

Auch die "Informationsstelle Militarisierung" (IMI) sieht in derartiger Berichterstattung über nicht einsatzfähiges Gerät ein "Gejammer der üblichen Verdächtigen", so etwa des

notorisch bundeswehrnahen Thorsten Jungholt von der Welt.

Materielle Defizite würden auf Unterfinanzierung zurückgeführt, um ungeachtet der bereits verabschiedeten Steigerungen der letzten Jahre eine weitere Aufstockung des Rüstungsetats zu rechtfertigen.

Hoher Gefahr militärischer Konfrontation durch Aufrüstung begegnen

So passt es denn auch ins Bild, dass auf der Münchener Sicherheitskonferenz von zahlreichen Konfliktherden und der Rolle Deutschlands die Rede war und die Bundeswehr zeitgleich betonte, dass weitere Steuergelder nötig seien, um die Sicherheit zu gewährleisten.

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Zum Auftakt der Münchner Sicherheitskonferenz warnte am Freitag der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, vor dem Risiko einer militärischen Konfrontation zwischen den USA und Russland.

Nach seiner Einschätzung habe es seit dem Ende der Sowjetunion

noch nie eine so hohe Gefahr auch einer militärischen Konfrontation zwischen Großmächten

gegeben. Das Misstrauen beispielsweise zwischen den Militärführungen in Washington und in Moskau sei "abgrundtief", sagte Ischinger am Freitag.

Die Kontakte, die es früher zuhauf gegeben habe, seien im Wesentlichen eingefroren, so der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz und nannte eine Reihe von Herausforderungen, angesichts derer - nüchtern betrachtet - eine Aufrüstungsspirale als eher wenig dienlich erscheinen muss.

Die Gefahr von Missverständnissen, denken Sie an die Vorgänge in und um Syrien, denken Sie an die Vorgänge in und um Nordkorea, die Gefahr von Fehlkalkulationen, von ungewollten eskalatorischen Manövern ist größer, als ich sie in Erinnerung habe über die letzten 30 Jahre hinweg", sagte Ischinger.

Wie bereits im vergangenen Jahr wurde die heikle Sicherheitslage mit der neuen Rolle der USA unter Präsident Donald Trump begründet.

Immer häufiger, so ist mein Eindruck, wird versucht, nicht nur mit Waffen zu drohen, sondern den Waffeneinsatz tatsächlich zu praktizieren, um eigene Interessen durchzusetzen. Woran liegt das?", fragte Ischinger. "Es liegt daran, dass eine große Ordnungsmacht, ein Weltpolizist, um es salopp auszudrücken, in der Form, wie wir ihn längere Jahre, vielleicht Jahrzehnte hatten, nicht mehr existiert", so Ischinger.

Forderung nach mehr Geld für die Truppe während der Sicherheitskonferenz

Mit Blick auf die Situation in der Welt und mögliche Zusatzaufgaben der Bundeswehr forderte denn auch der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hans-Peter Bartels, am Freitag von der Bundesregierung mehr Geld für die Truppe. 250 Millionen Euro extra pro Jahr seien nicht genug.

Die Verteidigungsministerin hat 2016 ein 130-Millarden-Euro-Programm für die Ausrüstung angekündigt. Bis 2030 sollen die Lücken gefüllt sein", sagte der SPD-Politiker der Passauer Neuen Presse (Freitag).

Auch Verteidigungspolitiker der Union verlangen angesichts der mangelnden Einsatzbereitschaft der Bundeswehr, die Ausgaben für die Streitkräfte deutlich stärker zu erhöhen als geplant. Es müsse mehr Geld in Sicherheit investiert werden, sagte der sicherheitspolitische Sprecher der CSU, Florian Hahn, der Welt (Freitag). Er reagierte damit auf einen Bericht, dem zufolge in Truppenteilen einsatzbereite Panzer und Nachtsichtgeräte fehlen.

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Das Heer ist jedoch bei den Verhandlungen der Großen Koalition durchaus nicht leer ausgegangen. Nach den Sondierungen hieß es, dass zwei Milliarden Euro zwischen 2018 und 2021 in Entwicklungshilfe und Rüstungshaushalt zusammen fließen sollen. Das bedeutet aber nicht, dass an dem Bundeswehrbudget gespart würde, wie ein Bericht bei Reuters zeigt:

Tatsächlich kann die Truppe aber mit einem deutlich höheren Zuschlag rechnen, der in der Einigung allerdings nur versteckt auftaucht: […] Das Entscheidende ist dabei der Verweis auf den 51. Finanzplan: Er hat zwar auch keine bindende Wirkung, ist aber die Absichtserklärung der bisherigen großen Koalition, wie sie sich die Entwicklung des Bundeshaushalts in den vier Jahren von 2018 bis 2021 vorstellt. Für den Wehretat sieht der Finanzplan für diesen Zeitraum eine Steigerung um knapp neun Milliarden Euro auf 42,4 Milliarden Euro vor. Sollte es zu einer Neuauflage der Großen Koalition kommen, kann die Bundeswehr also mit einer Aufstockung ihres Budgets um neun Milliarden Euro plus ihrem Anteil an den zwei Milliarden Euro für Verteidigung und Entwicklungshilfe rechnen.

Ob sich also die nicht abreißende Kette peinlicher Misstände bei der Bundeswehr auf mangelnde Finanzierung zurückführen lässt, wird sich zeigen, wenn die Bundeswehr voraussichtlich sehr bald dank der GroKo und der Aufrüstungsbefürworter in München weitere Mittel erhält.

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