Deutschland

Andrea Nahles wird zum Darling der Mainstream-Presse: "Letzte Rettung" und "Letzte Hoffnung"

Die designierte SPD-Parteivorsitzende Andrea Nahles wird von den vielen Boulevard- und Leitmedien unverblümt als "Retterin der SPD" beworben. Eine chancenlose Gegenkandidatin aus Flensburg soll Nahles' Wahl derweil die nötige "demokratische" Weihe geben.
Andrea Nahles wird zum Darling der Mainstream-Presse: "Letzte Rettung" und  "Letzte Hoffnung"Quelle: Reuters

Der designierten SPD-Vorsitzenden Andrea Nahles mag innerparteilich Gegenwind entgegenschlagen, in den großen deutschen Medien wird sie aktuell zur Retterin der SPD, wenn nicht gar der Parteiendemokratie hochgeschrieben.

So führt lautFAZ an Andrea Nahles "in der SPD kein Weg mehr vorbei". Seit Tagen schlingere die Partei führungslos durch die Republik, darum sei klar: "Nahles ist deshalb die letzte Rettung in der Not." Im gleichen Artikel lobt Jasper von Altenbockum auch "die Distanzierung von einer Direktwahl des Vorsitzenden, die nun allenthalben aus der Parteispitze zu hören ist", und sichert Nahles dadurch gegen die unberechenbaren Stimmungen der Basis ab. Eine Wahl des SPD-Vorsitzenden durch die Mitglieder sei nichts als ein "basisdemokratisches Luftschloss". Wenn man solche demokratischen Hirngespinste nun zu den Akten legen würde, "dann wären die ‚Chaostage‘ der SPD doch nicht ganz umsonst gewesen".

In ein ähnliches Horn stößt der Spiegel, wo Christian Teevs die Losung "Nahles oder Nichts" ausgibt. Stefan Kuzmany beschreibt  Nahles im selben Medium als "die letzte Hoffnung der SPD". Und nicht nur das: Nahles ist laut Kuzmany auch "das letzte große Talent, das der Partei noch bleibt". Und überhaupt: "Die ehemalige Juso-Vorsitzende hat sich aus jungen Jahren eine große Klappe und ihr linkes Herz bewahrt, sie hat seither Regierungserfahrung gesammelt und weiß trotzdem noch, dass man sich im Karneval auch mal als Clown verkleiden darf. Und sie kann einen Parteitag herumreißen." Aus dieser Ode kann es für den Spiegel nur ein Fazit geben: "Eigentlich ideale Voraussetzungen für eine Chefgenossin."

Die öffentlich-rechtliche ARD will da nicht nachstehen. Zwar macht der TV-Sender noch ein Fragezeichen hinter die "SPD-Retterin", aber klar ist: Die "Frau deutlicher Worte" habe "als Politikerin viele Talente". Sie könne "die Volksnahe, Bodenständige geben" und verkörpere "die Rolle der Arbeiterführerin glaubwürdig" und auch "auf Menschen zugehen, ihre Sprache sprechen, das gelingt Nahles mühelos", jubelt die ARD. Denn: Die Nahles, die "kann aber auch das andere, das Staatstragende, Seriöse", sie wirkt "authentisch" und ist für "Leidenschaft, Überzeugung und das Mitreißen der Massen" zuständig.

Auch die Bild-Zeitung hat eine neue Liebe für Sozialdemokraten entdeckt und präsentiert seit einigen Tagen neben einem Video über "Nahles‘ markige Art" reihenweise Artikel mit so distanzierten Überschriften wie "SO hart ist Nahles im Nehmen". 

Weil sich die SPD-Genossen aber allein von solchen Hymnen der Mainstream-Presse nicht beruhigen lassen werden, wird nun so getan, als würde das Auftauchen einer absolut chancenlosen "Gegenkandidatin" die Inthronisierung Nahles‘ zu einem demokratischen Vorgang machen. Die taz ist auf jeden Fall begeistert: "Wer noch ein Herz hat für diese Partei, ist wütend über die Vorstandsdebatte. So wie Simone Lange, die jetzt kandidiert. Gut so!"

Simone Lange ist Oberbürgermeisterin von Flensburg und mag durch ihre nicht vorhandenen Erfolgsaussichten die perfekte Pseudokandidatin sein. Man kann aber davon ausgehen, dass man in einigen Tagen außerhalb ihrer Stadt nichts mehr von ihr hören wird. Zur Sicherheit wird sie in der Bild nicht nur bekannt-, sondern auch heruntergemacht: "Was haben Sie gegen Frau Nahles", fragt die Boulevard-Zeitung etwa spitz.

Kritische Untertöne mischt dagegen die Zeit unter ihre Berichterstattung über Nahles, die sie zutreffend als "kein Kind der Unschuld" bezeichnet. So habe Nahles als Juso-Vorsitzende mitgeholfen, Rudolf Scharping durch Oskar Lafontaine zu ersetzen, sie schrecke vor politischen Intrigen mutmaßlich nicht zurück und habe einst gar am Stuhl von Franz Müntefering gesägt. Letzterer scheint aber nicht nachtragend zu sein: Ebenfalls in der Zeit fügt sich der SPD-Veteran brav ein, in die Reihen der Nahles-Promoter: "Ich habe volles Vertrauen in Andrea Nahles".

Aber: Das letzte SPD-Mitglied, das von den Parteigranden und den großen deutschen Medien vergleichbar in den Himmel gelobt wurde, hieß Martin Schulz. Nahles sollte sich dieses Beispiel eine Warnung sein lassen.

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