Deutschland

Droht wegen Flüchtlingen Bürgern Wohnungsverlust? Was hinter Beschlagnahme und Kündigungen steckt

Im Zuge der Flüchtlingskrise geistern seit einiger Zeit Geschichten von Wohnungsbeschlagnahmen und Kündigungen eingesessener Mieter zu Gunsten von Flüchtlingen durch die Medien. Droht der deutschen Bevölkerung nun im großen Stil die Obdachlosigkeit, weil Wohnraum für Flüchtlinge frei gemacht wird? Eine Untersuchung der konkreten Fälle und der Rechtslage zeigt, dass diese Befürchtung unbegründet ist.
Droht wegen Flüchtlingen Bürgern Wohnungsverlust? Was hinter Beschlagnahme und Kündigungen steckt

Neben der teils panisch geführten Debatte um die mögliche Zahl weiterer Flüchtlinge finden konkrete organisatorische Fragen in der deutschen Öffentlichkeit überraschend wenig Raum. Erst kürzlich musste sich beispielsweise der Sänger Herbert Grönemeyer durch den mainstreammedialen Kakao ziehen lassen, weil er es wagte, in der ARD-Sendung Günther Jauch eine stärkere finanzielle Beteiligung der Besserverdienenden ins Gespräch zu bringen. Jens Berger dokumentiert auf den NachDenkSeiten die anschließende Hexenjagd auf den Sänger.

Genauso wie eine offene Debatte über die Finanzierung der Flüchtlingsunterbringung und -versorgung im medialen Mainstream gezielt unterdrückt wird, wachsen im selben Maße in der Bevölkerung auch die Befürchtungen und Bedenken, dass es am Ende wieder der Normalbürger ist, der zur Kasse gebeten wird. Oder anders ausgedrückt: Solange nicht beschlossen wurde, dass Rüstungskonzerne aus ihren Kriegsprofiten - deren Kehrseite die Flüchtlingsströme sind - einen Sonderfonds einrichten sollen, der die Kosten für Integration und Versorgung der Ankommenden trägt, steht bei vielen Bundesbürgern die Frage im Raum, ob sie es nun sind, die die konkreten Kosten der Flüchtlingskrise zu tragen haben.

Besondere Besorgnis erzeugen dabei diverse Meldungen von Wohnungskündigungen zur Unterbringung von Flüchtlingen und angebliche drohende "Beschlagnahmen" von Wohnungen. Doch schaut man sich die Fälle von Mietvertragskündigungen zu Gunsten von Flüchtlingen genauer an, fällt schnell auf, dass hier ein Problem herbeigeredet wird. Die bisherigen Fälle lassen sich an ein bis zwei Händen abzählen und haben einen schlichten Hintergrund: Es handelt sich dabei um Wohnungen in öffentlichem Besitz, die gezielt als Flüchtlingsunterkünfte gebaut wurden und an angestammte Mieter vergeben wurden, solange es keinen Bedarf an weiteren Flüchtlingsunterkünften gab.

Dies hat sich nun offenkundig geändert und in der Folge erhielten einige Mieter mit dem Verweis auf "Eigenbedarf" eine Kündigung von ihrer jeweiligen Kommune, wie etwa Familie Hejhal aus Niederkassel oder Bettina Halbey aus Nieheim.

Doch dass selbst diese Extremfälle Schule machen, kann bereits jetzt ausgeschlossen werden. Zahlreiche Politiker warnen bereits vor der negativen Symbolwirkung solcher Praktiken. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, sagt, es sei:

"[...] keine Lösung, Mietern in kommunalen Wohnungen zu kündigen, um dort Flüchtlinge unterzubringen. Eine Konkurrenz zwischen Flüchtlingen und vorhandenen Mietern um Wohnraum in günstigem Preissegment gilt es in jedem Fall zu vermeiden."

Auch aus juristischer Sicht ist ein derartiges Vorgehen nicht haltbar und hätte im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung keinen Bestand. Denn Eigenbedarf für Immobilien können zwar private Wohnungseigentümer geltend machen, nicht aber Körperschaften, wie es die Gemeinden, Kommunen und Städte oder Unternehmen sind. Jedoch führten die wenigen bisherigen Kündigungen dieser Art noch nicht zu Gerichtsverfahren.

Verschärft wird die Debatte durch Fälle, in denen aus Gründen der Anti-Flüchtlings-Propaganda gezielt Ängste geschürt werden. So verschickten in Freiburg Unbekannte gefälschte Kündigungsschreiben im Namen der Freiburger Stadtbau GmbH. Im Zuge der Aktion "Freiburg hilft Kriegsflüchtlingen" werde den Bewohnern der Immobilien im städtischen Besitz die Wohnung gekündigt, so die Absender. Bis klar war, dass die Schreiben nicht echt waren, sorgten sie freilich schon für Entrüstung bei den Betroffenen und in den sozialen Netzwerken.

Eine weitere Geschichte, die derzeit viele Gemüter erhitzt ist die Meldung von geplanten Wohnungs-"Beschlagnahmen". So titelte beispielsweise auch die FAZ "Geplante Beschlagnahme: Altbau mit Stuck für die Flüchtlinge". Dies klingt drastisch und in manchen Ohren sicher auch ungerecht, wird aber auch wohl kaum zu einem Trend werden.

Einige deutsche Städte wie etwa Hamburg und Bremen oder die Berliner Stadtteile Kreuzberg und Friedrichshain bringen derzeit Gesetze auf den Weg, die die so genannte Beschlagnahme von nicht genutztem Wohnraum erlauben oder haben ein solches Regelwerk bereits eingeführt. Konkretes Ziel der städtischen Begierde sind Wohnungen, die aus spekulativen Gründen leerstehen, also die aus Gründen einer erhofften baldigen Mietsteigerung absichtlich nicht vermietet werden. Nun kann jeder mit seinem Eigentum tun und lassen was er will, sagen die einen, andererseits werden Wohnungen gebaut, damit Menschen darin wohnen können, nicht zum Zwecke der Profitmaximierung, sagen die anderen.

Jedoch ist der Begriff "Beschlagnahme" mehr als irreführend, da es sich - wenn ein solcher Fall eintritt - eher um Zwangsvermietungen handelt. Der Wohnungseigentümer würde zu einem Mietverhältnis mit der Kommune verpflichtet werden, diese kommt für die Mietkosten auf und zahlt auch für etwaige Beschädigungen oder Instandhaltungskosten. Selbst hier sind dem öffentlichen Zugriff aber enge Grenzen gesetzt. Denn die Gemeinde muss dem Eigentümer schon eindeutig nachweisen können, dass seine Wohnung aus spekulativen Gründen leer steht. Bei der Absicht diese bald zu vererben oder zu verkaufen, ist eine Zwangsvermietung nicht möglich, wie das Webportal Anwaltsauskunft aufklärt. Auch geben die Juristen zu bedenken:

"Hinzu kommt: Solche Maßnahmen wären für die Kommunen ohnehin viel zu kleinteilig. Die meisten Verantwortlichen sind jetzt schon überlastet. Sie brauchen kurzfristige Lösungen, um mehrere hundert Menschen auf einmal unterzubringen. Jede Wohnung auf Quadratmeterzahl und Anzahl der Bewohner zu prüfen, wäre viel zu viel Arbeit mit einer vergleichsweise kleinen Wirkung."

Wieso dann also die Beschlagnahmegesetze? Das Verfahren erlaubt es vor allem leerstehende Gewerbeimmobilien ohne große bürokratische Hürden umzuwidmen, so dass diese als Flüchtlingsunterkünfte genutzt werden können. Häufig stellen die Eigentümer solcher Immobilien die Objekte den Gemeinden auf proaktiv zur Verfügung, da ihnen die Mietzahlungen aus der öffentlichen Hand durchaus willkommen sind.

Damit schließt sich der Kreis zu Herbert Grönemeyers Vorschlag, Besserverdienende - und man sollte ergänzen Vermögende und Rüstungskonzerne - für die Folgen der Flüchtlingskrise zur Kasse zu bitten. Denn solange dies nicht geschieht, sind es in der Tat die Steuerzahler, die für die Kosten der Unterbringung und Versorgung aufkommen müssen. Diese wiederum sind jedoch in der Regel nicht die Profiteure von Wirtschaftskriegen und Waffenexporten, den hauptsächlichen "Produzenten" von Flüchtlingen.

Doch diese Debatte ist im deutschen Mainstream wohl weniger erwünscht als die Angstmache vor drohendem Wohungsverlust der Normalbürger.

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