Deutschland

Nur für Gerichtskosten: Fehler von Ex-Minister Scheuer kosteten Steuerzahler schon über 21 Millionen

Die Maut-Affäre des früheren CSU-Ministers hat bereits allein an Gerichtskosten ein Vermögen von mehr als 21 Millionen Euro verschlungen. Das geht aus der Antwort auf die Anfrage eines Linken-Abgeordneten im Bundestag hervor. Die Höhe des Schadensersatzes selbst steht derweil noch aus.
Nur für Gerichtskosten: Fehler von Ex-Minister Scheuer kosteten Steuerzahler schon über 21 MillionenQuelle: www.globallookpress.com © Carsten Koall/ dpa/ Global Look Press

Während der ehemalige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) in diesen Tagen viel am deutschen Verkehrswesen auszusetzen hat und seine Beschwerden auch noch öffentlich mitteilt, kann wenig darüber hinwegtäuschen, wie die vom ihm komplett vergeigte Pkw-Maut ein langwieriges und sehr teures Nachspiel hat.

Es sollte das Prestigeprojekt der CSU werden, das Scheuer offenbar um jeden Preis durchsetzen wollte – und der ist schon jetzt höher als vorgesehen. Die Pkw-Maut war im Juni 2019 vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) als rechtswidrig gestoppt worden. Im Dezember 2019 nahm ein Untersuchungsausschuss seine Arbeit auf, um den Fehlern des Ministers nachzugehen; im Sommer 2021 schloss der Ausschuss seine Arbeit mit einem Bericht ab. Kritisiert wurde vor allem, dass Scheuer die Betreiberverträge für die geplante Pkw-Maut schon Ende 2018 abschloss, noch bevor darüber endgültige Rechtssicherheit beim EuGH bestand.

Insgesamt könnte die gescheiterte Pkw-Maut für den Steuerzahlerextrem teuer werden: Wie die vorgesehenen Betreiber CTS Eventim und Kapsch Trafficcom Ende März mitteilen, bestätigte ein Schiedsgericht in einem sogenannten Zwischenschiedsspruch die Forderung des Schadens- und Aufwendungsersatzes gegen die Bundesrepublik. In einer zweiten Phase des Schiedsverfahrens wird nun über die Höhe des Anspruchs entschieden. Die Firmen forderten 560 Millionen Euro. Nach eigenen Angaben hat die Bundesregierung jedoch sogenannte "Gegenansprüche". Scheuer bestritt noch während seiner Amtszeit, dass die Unternehmen einen Anspruch auf einen Schadensersatz hätten – was sich mit dem Schiedsspruch bereits als falsch herausstellte.

Während also über die Höhe des Schadensersatzes selbst noch gar nicht entschieden ist, musste die Bundesregierung bis Ende März dieses Jahres bereits rund 21,5 Millionen Euro allein für die Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit dem gescheiterten Maut-Projekt zahlen. Dies berichtet Zeit Online unter Berufung auf die Antwort auf eine Linken-Anfrage im Bundestag. Demnach beliefen sich die Anwalts- und Prozesskosten für die beiden Verfahren vor dem privaten Schiedsgericht auf rund 20 Millionen Euro. Weitere 1,5 Millionen Euro seien für Verfahren an Verwaltungsgerichten gezahlt worden, wie aus der Anfrage des Linken-Bundestagsabgeordneten Victor Perli hervorgeht.

Der Haushaltspolitiker hatte zusammen mit seinem früheren Fraktionskollegen Fabio De Masi im Jahr 2019 Anzeige gegen Scheuer wegen "seines krassen Fehlverhaltens" erstattet. Die Auftritte von Scheuer und seinem Staatssekretär im Untersuchungsausschuss seien nicht glaubhaft gewesen. Wegen des Anfangsverdachts, dass Scheuer und der frühere Verkehrsstaatssekretär Gerhard Schulz bei ihren Zeugenaussagen vor dem Untersuchungsausschuss "bewusst wahrheitswidrig" ausgesagt haben, brachte die Berliner Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen Scheuer sowie Schulz in Gang. Dem bereits Mitte April eingeleiteten Ermittlungsverfahren lagen laut Staatsanwaltschaft mehrere Strafanzeigen von Privatpersonen zugrunde.

Im Untersuchungsausschuss des Bundestags hatten beide angegeben, keine Erinnerung an ein Angebot des designierten Mautbetreiberkonsortiums zu haben, den Vertragsabschluss zur Pkw-Maut auf einen Zeitpunkt nach dem zu erwartenden EuGH-Urteil zu verschieben. Die Manager der vorgesehenen Betreiberfirmen hatten im Untersuchungsausschuss von einem solchen Angebot an Scheuer berichtet – dieses hätten sie ihm Ende November 2018 bei einem gemeinsamen Frühstück mit Scheuer im Ministerium gemacht. Der Chef des Ticketspezialisten CTS Eventim, Klaus-Peter Schulenberg, hatte erklärt, Scheuer habe das Angebot abgelehnt. Er habe deutlich gemacht, die Maut müsse bereits im Jahr 2020 starten; ein Beginn im Wahljahr 2021 sei inakzeptabel. Der Chef des zweiten Konsortialpartners Kapsch, Georg Kapsch, der ebenfalls an dem Frühstück teilnahm, bestätigte diese Darstellung.

Scheuer dagegen hatte Anfang Oktober 2020 vor dem U-Ausschuss ausgesagt, ein solches Angebot der Betreiber habe es nach seiner Erinnerung nicht gegeben. Auch Schulz will sich an ein solches Angebot nicht erinnern können. Dem Ausschussbericht zufolge ging es laut Scheuer bei dem Treffen mit den Managern um einen "allgemeinen politischen Gedankenaustausch", bei dem die Bedeutung der geplanten Pkw-Maut für den Bund bekräftigt werden sollte. Schulz hatte von einem "Kennenlerngespräch" gesprochen. Damit stand Aussage gegen Aussage.

Im Abschlussbericht des Ausschusses hieß es, dass "kein Fall einer Lüge, bewusster Verheimlichung oder Manipulation" seitens des Ministeriums oder Scheuers persönlich glaubhaft nachgewiesen werden konnte. Hinsichtlich einzelner Inhalte der Treffen von Scheuer mit den Spitzenvertretern der Betreiberparteien stünden sich teilweise konträre Aussagen gegenüber. "Der Ausschuss konnte den Verlauf und Inhalt der Gespräche bei den strittigen Punkten nicht klären."

In einem gemeinsamen Sondervotum der Fraktionen FDP, Linke und Grüne hieß es jedoch, die Zeugen des damaligen Bieterkonsortiums hätten überzeugend dargestellt, dass es das Angebot gegeben habe, mit der Unterzeichnung der Verträge bis nach dem EuGH-Urteil zu warten. Scheuer und Schulz hätten den Bundestag und den Untersuchungsausschuss darüber zu täuschen versucht.

Die CSU habe beabsichtigt, dass die Pkw-Maut "pünktlich" im Herbst 2020 startet, da die Partei einen Mautstart kurz vor dem beginnenden Bundestagswahlkampf 2021 wegen möglicher Startschwierigkeiten wie bei der Lkw-Maut unbedingt vermeiden wollte: "Diese parteitaktischen Erwägungen waren für Minister Scheuer wichtiger als der sorgsame Umgang mit
 den Steuergeldern der Bürgerinnen und Bürger."

Nur knapp ein Jahr vor der Landtagswahl in Bayern haben sich weitere CSU-Skandale angehäuft, darunter die Selbstbereicherung durch Masken-Deals in der Corona-Pandemie, der Rücktritt des Ex-Generalsekretärs Mayer nach lediglich rund zwei Monaten im Amt infolge seiner Attacken auf einen Journalisten und die Plagiatsvorwürfe gegen dessen Nachfolger Martin Huber. Dass ausgerechnet Scheuer über Versäumnisse im Verkehrswesen klagt, mag umso ironischer erscheinen, als es CSU-Politiker waren, die von 2009 bis 2021 das zuständige Ressort leiteten. 

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