Deutschland

Deutschlands Raketenabwehr: Sind israelische Systeme in der Lage, russische Raketen abzufangen?

Angesichts einer angeblichen "Bedrohung" durch Russland prüft die Bundesregierung die Errichtung eines Raketenschutzschildes mit Hilfe Israels über ganz Deutschland. Militärexperten glauben jedoch, dass russische Hyperschallraketen weder von einem Kurzstreckensystem (Iron Dome) noch von einem Langstreckensystem (Arrow 3) abgefangen werden können.
Deutschlands Raketenabwehr: Sind israelische Systeme in der Lage, russische Raketen abzufangen?Quelle: AFP © Ministry of Defense (Israel)

Der Ukraine-Krieg hat dem Westen offenbar seine eigene Verletzlichkeit gezeigt. Zahlreiche Staaten wollen nun mehr Geld in die Verteidigung investieren. Auch Deutschland will seine Verteidigungsfähigkeit ausbauen. Die Bundesregierung denkt nun über die Anschaffung eines Raketenschutzschildes nach Vorbild des israelischen "Iron Dome" nach. Verteidigungsbeamte wollen nach Medienangaben sogar schon bald nach Israel reisen und sich dort über das Abwehrsystem unterrichten lassen. Der Vorsitzende der CDU, Friedrich Merz, bezeichnete kürzlich ein solches System nach Beratungen mit der gesamten Parteispitze als "erwägenswerte strategische Antwort auf die Bedrohung, die wir latent durch Russland auch für unser eigenes Land sehen".

Zur Abwehr von Flugzeugen, ballistischen Raketen und Marschflugkörpern verlässt sich Deutschland insbesondere auf Patriot-Flugabwehrraketen des US-Herstellers Raytheon. Das Abwehrsystem gilt jedoch als veraltet. Außerdem verfügt die Bundeswehr nur noch über zwölf der Abschussanlangen, von denen nicht alle einsatzbereit und einige bereits an die NATO-Ostflanke verlegt worden sind. Die restlichen reichen Berichten zufolge wahrscheinlich, um Berlin zu sichern, nicht aber das ganze Land. Eine Entscheidung über ein adäquates Verteidigungssystem müsse daher schnell her, sagt ein Berliner Verteidigungspolitiker.

Die russische Armee besitzt sogenannte Hyperschallwaffen und hat sie nach eigenen Angaben in der Ukraine auch bereits eingesetzt. Kein Abwehrsystem in der Ukraine ist in der Lage, russische Hyperschallraketen (Kinschal) abzufangen. In der Bundesrepublik, wo Kanzler Olaf Scholz nach dem Beginn des Ukraine-Krieges eine sogenannte sicherheitspolitische Zeitenwende ausrief, ist plötzlich die Abwehr solcher Raketen zum Thema geworden.

Über Israel erstreckt sich das Abwehrsystem "Iron Dome". Unter dem Eindruck des Beschusses durch die Hamas-Organisation und Hisbollah-Milizen aus dem Gazastreifen und dem Libanon hat das Land ein kombiniertes Abwehrsystem für Flugkörper unterschiedlicher Reichweiten und Geschwindigkeiten entwickelt. Im Gaza-Konflikt 2021 wurden innerhalb der ersten Woche nach Angaben des israelischen Militärs rund 3.000 Raketen auf Israel abgefeuert, von denen etwa 450 auf dem Gebiet des Gazastreifens abgestürzt und rund 1150 vom Iron Dome abgefangen worden seien. Im jüngsten Waffengang zwischen Israel und der Hamas im Mai vergangenen Jahres schlugen dennoch mehrere Raketen in Städten wie Tel Aviv ein. Das machte die Schwachpunkte von Iron Dome deutlich: Wenn zu viele Raketen gleichzeitig abgefeuert werden, könnte das System überlastet sein.

Für die deutsche Beschaffung von Luftabwehrsystemen wäre zunächst aber eine Analyse der Bedrohungsart notwendig. Das israelische Iron-Dome-Abwehrsystem wäre nur dann zweckmäßig, wenn die Abwehr von Kurzstreckenraketen und Artilleriegeschossen im Zentrum deutscher Erwägungen stünde, kommentierte die FAZ. Auch im letzten Gaza-Krieg wurde vermutet, dass die meisten der abgefeuerten Geschosse der Hamas Kurzstreckenraketen vom russischen Typ Grad oder Kassam waren, die in Gaza seit mindestens 2001 im Eigenbau hergestellt werden. Der Einsatz vom Iron Dome zur Abwehr der Hamas-Raketen ist in Israel zudem nicht günstig: Zwischen 20.000 und 50.000 Dollar soll eine einzige israelische Abwehrrakete kosten.

In seiner Rede vor Knesset-Abgeordneten vor etwa einer Woche hatte der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij das israelische Raketenabwehrsystem als "das beste auf der Welt" gepriesen. Tal Inbar von der US-amerikanischen Denkfabrik Missile Defense Advocacy Alliance sagte der israelischen Zeitung Haaretz, die Vorstellung, Iron Dome würde die Ukraine effektiv gegen russische Raketenangriffe schützen, sei "Wunschdenken". Anders als Israel habe die Ukraine eine große Landmasse, und "je größer ein Land ist, desto mehr Radar- und Abfanganlagen benötigt man". Dieses Problem betrifft dementsprechend auch Deutschland.

Inbar erklärte zudem, russische ballistische und Hyperschallraketen könnten von einem Kurzstreckensystem wie Iron Dome nicht abgefangen werden. Zu den von Russland verwendeten Waffen gehörte auch die Iskander-M, die erstmals 2008 im Georgien-Krieg eingesetzt wurde. Die Iskander soll die Raketenabwehr durcheinanderbringen, indem sie auf einer niedrigen Flugbahn fliegt und im Flug manövriert, um Ziele in einer Entfernung von bis zu 500 Kilometern mit einer Genauigkeit von 2 bis 5 Metern zu treffen. "Wenn man von ballistischen Raketen wie Iskander spricht, die die Russen benutzen, ist Iron Dome nicht die Lösung dafür", betonte Inbar.

Im Gespräch für Deutschland ist das israelische Abwehrsystem Arrow 3, wie Verteidigungspolitiker gegenüber dem Handelsblatt bestätigten. Das Arrow-System wird von einem israelischen Unternehmen in Zusammenarbeit mit dem US-Flugzeughersteller Boeing entwickelt. Es ist in der Lage, Langstrecken-Raketen sehr hoch über der Erde, oberhalb der Atmosphäre, abzufangen. Gegen (iranische) strategische Raketenangriffe soll mutmaßlich das Abwehrsystem Arrow wirken. Die Kosten für eine einzige Arrow 3-Rakete sollen bei bis zu drei Millionen Dollar liegen. Hinzu kommen unter anderem Ausgaben für das Radar, die Feuereinheit, das Startkontrollzentrum und das nötige Wartungs- und Reparaturzubehör. 

Der ehemalige NATO-General Hans-Lothar Domröse sagte in Bezug auf diskutierte Raketen des Typs Arrow 3 dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): "In Israel funktioniert dieses Abwehrsystem gegen traditionelle Raketen seit Jahren hervorragend." Doch wenn Russland Hyper­schall­waffen einsetze, könne kein Schutzschirm der Welt etwas dagegen ausrichten.

Mehr zum Thema - Wenn die regelbasierte Ordnung gegen ihre Urheber zurückschlägt

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.