Deutschland

Berliner Richter: "Milde Notwehr" gegen "zivilen Ungehorsam" der Straßenblockierer gerechtfertigt

Die Autobahn-Proteste in Berlin gehen weiter. Die Umweltministerin zeigt Verständnis für "zivilen Ungehorsam". Die FDP spricht vom Aufruf zu einer Straftat. Ein Berliner Richter hat Verständnis für Mitarbeiter der Stadtreinigung, die selbst eingriffen. "Milde Notwehr" sei hier erlaubt.
Berliner Richter: "Milde Notwehr" gegen "zivilen Ungehorsam" der Straßenblockierer gerechtfertigtQuelle: www.globallookpress.com © Carsten Koall

Bereits seit drei Wochen wird auf der Berliner Stadtautobahn protestiert. Auf dem Asphalt liegen Demonstranten in Warnwesten und legen den Verkehr lahm. Im Netz verbreiten sich Videos von wütenden Autofahrern, die kein Verständnis für die Blockade der meist befahrenen Autobahn Deutschlands A100 haben. 

Ein Ende der Proteste unter dem Motto: "Essen retten – Leben retten" wird es nach Aussagen der Aktivisten erst dann geben, wenn die Regierung ein Gesetz gegen das Wegwerfen von Lebensmitteln umsetzt. 

"Aufruf zu Straftaten" – Streit in der Koalition zwischen Grünen und FDP 

Die Autobahnproteste führen auch zu Zwist in der Ampel-Koalition. Der Justizminister Marco Buschmann kann die Sympathien für die Demonstranten nicht teilen, welche die Grüne Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, Steffi Lemke, an den Tag legt. 

Auf Twitter schrieb Buschmann: 

"Ziviler Ungehorsam ist im deutschen Recht weder Rechtfertigung, noch Entschuldigungsgrund. Unangemeldete Demos auf Autobahnen sind und bleiben rechtswidrig. Protest ist ok, aber nur im Rahmen von Recht und Verfassung."

Denn Lemke hatte über die Demonstranten gesagt: 

"Es ist absolut legitim, für seine Anliegen zu demonstrieren und dabei auch Formen des zivilen Ungehorsams zu nutzen."

Gegen eine Radikalisierung der Demonstranten habe die Politik einen Auftrag. Diese könnte nur dann verhindert werden, wenn die bei der Klimakonferenz in Paris eingegangenen Verpflichtung zu den Klimazielen auch umgesetzt werden. Für den stellvertretenden Vorsitzenden der FDP-Bundestagsfraktion Konstantin Kuhle ging Lemke entschieden zu weit: 

"Mitglieder der Bundesregierung dürfen nicht zu Straftaten aufrufen. Punkt."

Die Polizei hat bereits mehr als 164 Mal eingegriffen und Personen in Gewahrsam genommen. Einige Angestellte der Berliner Stadtreinigung (BSR) wollten selbst die öffentliche Ordnung wieder herstellen und trugen störende Aktivisten weg von der Fahrbahn. Die Polizei leitete daraufhin 86 Verfahren gegen sie ein. Der Sprecher des BSR gab den Angestellten keinen Rückhalt. Diese hätten die Polizei rufen sollen, statt selbst einzugreifen. Zuspruch hingegen gibt es Seitens eines Berliner Richters. Pieter Schleifer, Richter am Berliner Landgericht verweist hier auf eine Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs.

Danach machen sich die Aktivisten einer Nötigung des nachfolgenden Verkehrsteilnehmers strafbar, wenn es zu einer Blockierung eines zweiten Fahrzeugs durch das erste haltende Fahrzeug kommt: 

"Daher dürfen diese blockierten Verkehrsteilnehmer auch als Zivillisten straffrei Notwehr beziehungsweise Nothilfe üben, indem sie die Demonstranten ohne weitere Gewalteinwirkung schlicht von der Straße tragen, um den Verkehr wieder zu ermöglichen." 

Der Aktivist Christian Bläul gab dem Tagesspiegel ein Interview über seine Beweggründe die wichtige Verkehrsader in Berlin zu blockieren: 

"Wenn in den Bundestag ein Essen-Retten-Gesetz eingereicht wird, beenden wir sofort die Blockaden. Das Gesetz würde verhindern, dass Supermärkte Essen in die Mülltonne werfen. Aktuell haften sie, wenn bei Lebensmitteln das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten wird."

Die Entscheidung für eine Straßenblockade sieht Bläul als Notwendigkeit, "weil wir anders das Tempo beim Klimaschutz nicht angezogen bekommen": 

"Wenn wir nur brave Aktionen machen, ist die Reaktion der Politik zu langsam. Wir haben diese Zeit aber nicht." 

Hierfür ist der zweifache Vater bereit, sein und das Leben anderer zu riskieren. Dass es dabei auch zu der Behinderung eines Rettungswagens kam, sei ein Versehen gewesen. Es gäbe den Konsens bei den Aktivisten diese durchzulassen. 

Am Donnerstag will sich das Abgeordnetenhaus in der aktuellen Stunde mit den Protesten befassen. 

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