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"Antimuslimisch" oder realistisch? – Diskussion um ein Projekt aus Berlin-Neukölln

Eine Analyse, die an zehn Schulen im Berliner Stadtteil Neukölln durchgeführt wurde, sorgt wohl in der Hauptstadt für einen Disput. Laut Medienberichten sehen die Grünen und die Linke die Erhebung als "antimuslimisch" und wollen dem Projekt keine weiteren Gelder genehmigen.
"Antimuslimisch" oder realistisch? – Diskussion um ein Projekt aus Berlin-NeuköllnQuelle: www.globallookpress.com © Liesa Johannssen / photothek.net / www.imago-images.de

Im Rahmen einer Untersuchung unter einem recht verklausulierten Namen – "Bestandsaufnahme konfrontativer Religionsbekundungen in Neukölln" – wurden Schulleiter, Sozialarbeiter und Horterzieher an zehn Schulen im Berliner Bezirk Neukölln, das oft als das Migrantenviertel der Hauptstadt bezeichnet wird, befragt. Es ging demnach vordergründig um die Frage, ob und wie groß der Einfluss einer Religion auf den schulischen Alltag sei sowie, ob es dadurch zu religiös gefärbten Konflikten in der Bildungsarbeit kommt.

Durchgeführt hat sie der "Verein für Demokratie und Vielfalt in Schule und beruflicher Bildung" im Rahmen des Projekts "Anlauf- und Dokumentationsstelle konfrontative Religionsbekundung". Alle Teilnehmer seien demnach anonymisiert worden, auch die richtigen Namen der Schulen wurden nicht genannt. Die Erhebung fand in Form von qualitativen Interviews mit den Pädagogen statt.

Wie aus einem Bericht der B.Z. hervorgeht, seien laut Autoren der Untersuchung "alle befragten Schulen (bis auf eine) in immer stärker sozial segregierten Einzugsgebieten". Zudem würden "die Kinder zu deutlich über 90 Prozent aus Familien mit nicht deutscher Herkunftssprache, meist muslimisch", kommen.

Aus der Analyse geht demnach hervor, dass es an den meisten der befragten Schulen zu Konfliktsituationen in Verbindung mit Religion kommt. Genauer gesagt gibt es laut Erhebung einen Anpassungsdruck. Die Rede ist unter anderem von religiösem Mobbing etwa auf liberale muslimische Schü­le­r, wenn sie im Ramadan nicht fasten. Auch Kleidung der Mädchen oder gar der Lehrerinnen, die einen türkischen oder arabischen Hintergrund hätten, ist Thema. Laut B.Z. heißt es so in einer Antwort: "Immer wieder würden Lehrerinnen mit muslimischem Hintergrund bedrängt, Kopftuch zu tragen." An einer Schule sei ein Lehrer als "ungläubiger Hund" beschimpft worden. Anderswo komme es laut einer Schulleiterin "immer wieder vor, dass man Israel aus dem Atlas herausschneiden und übermalen" wolle.

Die Mittel in Höhe von rund 60.000 Euro – für die Bestandsaufnahme, eine Broschüre und eine entsprechende Fachtagung – wurden vom Bundesfamilienministeriums zur Verfügung gestellt. Der Verein will allerdings im Rahmen des Projekts auch eine "Anlauf- und Dokumentationsstelle Konfrontative Religionsbekundung" im nächsten Jahr im Bezirk errichten, die den Schulen bei Lösung von solchen Konflikten Hilfe leisten sowie die Vorfälle registrieren soll. Viele Bildungseinrichtungen würden laut dem Verein, der die Erhebung gemacht hatte, mit den Problemen weitgehend allein gelassen. Doch da gibt es nun Diskussionen. Und die weitere Finanzierung steht auf der Kippe.  

Das Projekt erfährt auf der einen Seite eine große Unterstützung beim Neuköllner Bezirksamt, das auch die Anlaufstelle gern errichtet sehen würde. Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) erklärte etwa in einem Vorwort zur Präsentation des Programms, dass man "Toleranz im Umgang miteinander und die Möglichkeit zu sein, zu denken und zu glauben, was man möchte", fördern wolle.

Seitens der Linkspartei wird das Projekt jedoch als "antimuslimisch" bezeichnet. Der Fraktionschef der Linken im Neuköllner Bezirksparlament, Ahmed Abed, habe laut taz bemängelt, dass ihm die "Multiperspektivität" fehle und die Sichtweise der Schü­le­r auf die dargestellten Vorfälle nicht erfasst würde. Laut Abed werde "fast jede Art von muslimischem Leben an Schulen als potenzielles Problem der Radikalisierung betrachtet". 

Auch Grüne kritisieren das Projekt. Die Berliner Landtagsabgeordnete Susanna Kahlefeld bemängelte gegenüber der Welt, dass das Ziel "einzig und allein" sei, "die Religion an sich als ein Problem darzustellen", statt den Lehrpersonal nötige Hilfe zu bieten. Demnach hält sie das Projekt für fachlich falsch aufgesetzt.

Bei der Fachtagung wehrte sich der Leiter des Vereins gegen solche Vorwürfe. Das Projekt würde sich demnach gegen Konflikte in Verbindung mit allen Religionen richten, doch bislang seien die meisten gemeldeten Vorfälle von Jugendlichen mit muslimischem Hintergrund ausgegangen.

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