Deutschland

Regierungssprecher Seibert zur "völkerrechtswidrigen Annexion" der Krim: Nachhilfe in Völkerrecht

Regierungssprecher Steffen Seibert eröffnete die heutige Bundespressekonferenz mit einem Kommentar zum 7. Jahrestag der Wiedereingliederung der Krim bzw. – in seinen Worten – der "völkerrechtswidrigen Annexion". Als aber RT-Redakteur Florian Warweg nachfragte, gegen welche konkreten Punkte im Völkerrecht Russland denn in diesem Fall verstoßen habe, wurde der Regierungssprecher recht einsilbig und verwies auf "Nachlieferung".

REGIERUNGSSPRECHER SEIBERT:

Ich will zunächst an ein Ereignis erinnern, das sich in dieser Woche zum siebten Mal jährt. Mitte März 2014 annektierte Russland völkerrechtswidrig die zum Staatsgebiet der Ukraine gehörige Halbinsel Krim mit ihren über zwei Millionen Einwohnern.

Mit dieser Annexion hat Russland Grundprinzipien des Völkerrechts verletzt und die europäische Nachkriegsordnung in Frage gestellt. Deutschland und die Europäische Union erkennen in Übereinstimmung mit einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen diese Annexion nicht an. Wir fordern die russische Staatsführung auf, Menschenrechte einzuhalten, alle politischen Gefangenen freizulassen und die ukrainische Souveränität über das Territorium der Krim wiederherzustellen.

FRAGE WARWEG:

Herr Seibert, Sie hatten die Wiedereingliederung der Krim nach einem Referendum als völkerrechtswidrig bezeichnet. Da würde mich interessieren: Gegen welche konkreten Punkte im Völkerrecht hat denn diese Wiedereingliederung nach dem Referendum Ihrer Meinung nach verstoßen?

SEIBERT:

Herr Warweg, diese Debatte führen wir seit bald sieben Jahren. Was Sie eine Wiedereingliederung und ein Referendum nennen, dazu haben wir eine ganz andere Ansicht, und nicht nur wir, sondern auch die Europäische Union und die Vereinten Nationen.

Das von Ihnen Referendum genannte Ereignis, diese Stimmabgabe, ist rechtlich unerheblich. Sie widersprach sowohl der ukrainischen Verfassung als auch dem Völkerrecht, zum Beispiel wegen der illegalen Präsenz russischer Truppen, der massiven Präsenz militärischer Kräfte in der Öffentlichkeit und der Beschränkungen der Meinungs- und Pressefreiheit.

ZUSATZFRAGE WARWEG:

Sie meinten jetzt die illegale Präsenz russischer Truppen. Russland hatte ja mit der Ukraine ein entsprechendes völkerrechtliches Abkommen über die Präsenz von weit über 20.000 Soldaten. Zum Zeitpunkt der Wiedereingliederung gab es sogar weniger russische Truppen vor Ort als nach Vertrag zugedacht beziehungsweise zugesprochen. Deswegen würde mich interessieren, wo da konkret der völkerrechtswidrige Aspekt liegt.

SEIBERT:

Diese Stimmabgabe, die Sie ein Referendum nennen und wir als solches nicht anerkennen, fand unter dem Eindruck, der Präsenz und dem starken Einfluss sich dort illegal aufhaltender russischer Truppen statt. Das ist der Stand der Dinge. Deswegen ist das aber das ist nur ein Punkt eine der Grundlagen der Nichtanerkennung durch Deutschland und durch die Europäische Union.

ZUSATZFRAGE WARWEG:

Es hat sich mir nicht ganz erschlossen: Wieso war die Präsenz der russischen Truppen auf der Krim, zu der es ja eine Vereinbarung mit der ukrainischen Regierung gab, aus Sicht der Bundesregierung völkerrechtswidrig? Sie waren ja auch schon vorher da. Wie gesagt, dazu gibt es ja ein Truppenabkommen.

SEIBERT:

Herr Warweg, mir ist völlig klar, dass Ihnen nicht einsichtig ist, warum Deutschland, die Europäische Union und große Teile der Staatengemeinschaft die Annexion der Krim völkerrechtswidrig nennen und sie auch als solche behandeln. Wir werden das hier nicht in jedem Detail noch einmal klären. Wir haben es seit sieben Jahren intensiv und in allen Details besprochen. Mir war es heute wichtig, daran zu erinnern, dass dieser rechtswidrige Zustand vor sieben Jahren begonnen hat und heute immer noch anhält, dass es für die Bevölkerung dort eine schwierige Situation ist und es eine Verschlechterung der Menschenrechtssituation gibt, beispielsweise für die Krimtataren. Das war jetzt das Wichtige. Es ging nicht darum, die gesamte Diskussion noch einmal aufzumachen.

ZUSATZFRAGE WARWEG:

Dieses Truppenstationierungsabkommen zwischen Russland und der Ukraine wurde schon weit vor 2014 geschlossen. Damit war die Präsenz russischer Truppen in der Höhe von weit über 20 000 Soldaten völkerrechtlich legitim. Ich würde gern verstehen, wieso Sie die Stationierung auf Basis dieses Abkommens als völkerrechtswidrig werten?

SEIBERT:

Ich kann nur anbieten, Völkerrechtsdetaildiskussionen schriftlich nachzuliefern.

FRAGE REITSCHUSTER:

Herr Seibert, sehen Sie die Anwesenheit russischer Truppen auf der Krim deswegen als völkerrechtswidrig an, weil sie aus ihren Kasernen herausgekommen sind, weil sie das lokale Parlament besetzt haben, weil sie massiv militärische Aktionen unternommen haben, was nicht durch den Stationierungsvertrag gedeckt war? Habe ich das richtig verstanden? Sie haben ja massiv militärisch interveniert, und ein Truppenstationierungsvertrag erlaubt das ja nicht.

SEIBERT: Ich habe gesagt, dass wir das schriftlich nachreichen, um wirklich allen Details gerecht zu werden. Einige davon haben Sie schon genannt.

Anmerkung der Redaktion: Die Nachreichung erreichte uns am 17. März

Nachtrag des BPA zur RegPK am 15.03.21 

"Die Herauslösung der Krim aus dem ukrainischen Staatsverband und ihre Eingliederung in die Russische Föderation waren und sind völkerrechtswidrig und unwirksam, weil sie unter dem unmittelbaren Einfluss von russischer militärischer Gewalt erfolgten und so die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine verletzten. Der russische Militäreinsatz auf der Krim verletzte und verletzt die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine, sowohl nach allgemeinem Völkerrecht als auch nach besonderen Vereinbarungen. Der Einsatz russischen Militärs auf der Krim war nicht durch die bilateralen Verträge gedeckt, die den Aufenthalt und Status der russischen Schwarzmeerflotte auf der Krim regeln. Diese Verträge verpflichteten unter anderem das russische Militär, die Souveränität der Ukraine zu achten, ihre Gesetze einzuhalten und sich nicht in ihre inneren Angelegenheiten einzumischen."

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