Deutschland

Co-Vorsitzende Esken: "SPD bekämpft Ungleichheit schon seit Gründung"

Am Montag stellte die SPD ihr Wahlprogramm für die Bundestagswahl vor. Mit Klimaschutz und einer Abkehr vom Arbeitslosengeld II will man diesmal bei der Wählerschaft punkten. Zuvor gab die Bundesvorsitzende Saskia Esken der "Zeit" ein Interview. Der Neoliberalismus gehöre demzufolge auch bei der SPD auf den Prüfstand.
Co-Vorsitzende Esken: "SPD bekämpft Ungleichheit schon seit Gründung"Quelle: www.globallookpress.com © Sebastian Gollnow/dpa

Am Montag rief die älteste Partei Deutschlands zu einer Online-Pressekonferenz mit den beiden Parteivorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans sowie ihrem Kanzlerkandidaten Olaf Scholz. Mit einem neuen Wahlprogramm wollen die Sozialdemokraten in diesem Jahr die politische Macht in Deutschland erobern. Auf 48 Seiten wird entworfen, mit welchen Versprechen sie in die Bundestagswahl im Herbst ziehen wollen. Unter der Überschrift "Zukunft, Respekt, Europa" wolle man "aus Träumen Zukunft machen".

Dafür setzt man stark auf das Thema Klimaschutz. Dieser dem Zeitgeist geschuldete Themenkomplex schaffte es im Programmentwurf diesmal auf die Seite eins. Außerdem verspricht man, die Hartz-IV-Grundsicherung in heutiger Form abzuschaffen und durch ein Bürgergeld ersetzen zu wollen. Eine Kindergrundsicherung soll zudem das bisherige Kindergeld ersetzen. Den gesetzlichen Mindestlohn will die SPD auf "mindestens 12 Euro" anheben. In dem Entwurf ist außerdem ein Tempolimit von 130 Kilometern pro Stunde auf Autobahnen vorgesehen. Bürger mit hohem Vermögen sollen mehr Steuern zahlen.

Es war dann am Montag SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz, der sich davon überzeugt zeigte, dass das Wahlprogramm seiner Partei in jeder politischen Debatte bestehen werde.

"Es ist ein zuversichtliches Programm. Ein Programm, das einen Plan für die 20er Jahre beschreibt."

"Wer will, dass ich der nächste Kanzler werde, der muss auch die SPD wählen", so Scholz weiter. Man wolle jedoch nicht grüner als die Grünen werden. Die SPD setze beim Thema Klimawandel ganz andere Schwerpunkte. Den Fokus wolle man vor allem auf technologischen Fortschritt und dadurch entstehende moderne Arbeitsplätze legen.

Bereits vor wenigen Tagen gab die Co-Bundesvorsitzende der SPD Esken für Die Zeit ein Interview. Olaf Scholz habe – im Gegensatz zum neuen CDU-Vorsitzenden Armin Laschet – allemal das Zeug zum Kanzler, zeigte sich Esken im Interview überzeugt.

"Olaf Scholz ist Sozialdemokrat, er hat im Bund gezeigt, dass er Regierung kann, und er steht als unser Kanzlerkandidat für eine progressive Regierung zur Wahl."

Die Corona-Krise habe den Blick für entscheidende Zukunftsthemen nicht verstellt, sondern ganz im Gegenteil deren Dringlichkeit umso deutlicher in den Vordergrund treten lassen. Es seien die durch die ausgerufene Pandemie hervorgerufenen "existenziellen Sorgen" in der Bevölkerung, durch welche die "die Brüche in unserer Gesellschaft" umso deutlicher würden.

"Die SPD bekämpft die Ungleichheit schon seit ihrer Gründung als Frage der Gerechtigkeit, aber auch als Entwicklungshindernis für die gesamte Gesellschaft."

Auch das Weltwirtschaftsforum habe zu guter Letzt erkannt, dass es für die Zukunft der Volkswirtschaften entscheidend sei, die gesellschaftliche Ungleichheit zu bekämpfen. Der Gründer des Weltwirtschaftsforums Klaus Schwab spricht in diesem Zusammenhang vom "Great Reset" (vom "Großen Neustart", für den die globale Corona-Krise ein Fenster der Möglichkeiten" (window of opportunity) darstelle. Zum Wohle von Mensch und Umwelt geht es Schwab dabei vor allem auch um die sogenannte "Vierte Industrielle Revolution", die es nun voranzutreiben gelte. Vor dem Chicago Council on Global Affairs meinte Schwab jüngst zu dem Thema:

"Die 'Vierte Industrielle Revolution' wird zu einer Verschmelzung unserer physischen, digitalen und biologischen Identität führen."

Der Neoliberalismus habe in seiner aktuellen Form laut Schwab ausgedient. Er plädiere jedoch nicht für eine grundlegende "Systemänderung", sondern vielmehr für eine "Systemverbesserung".

Für Saskia Esken gilt es nun, die Auswüchse des Neoliberalismus auf den Prüfstand zu stellen – so etwa beim Thema Wohnraum. Der Verkauf öffentlichen Eigentums sei hier "ganz klar" ein Fehler gewesen.

"Auch die europäische Sozialdemokratie und mit ihr die SPD konnte sich dieser neoliberalen Denke vor zwanzig Jahren nicht völlig entziehen."

Die "schwarze Null" gelte es, hinter sich zu lassen, etwa um genügend öffentliche Investitionen tätigen zu können. Eine Diskussion über eine echte linke Machtoption nach 16 Jahren Merkel kommt für Esken derzeit verfrüht.

"Wir sollten ein halbes Jahr vor der Wahl nicht über Perspektiven spekulieren."

Der Klimaschutz als ein Thema, mit dem die Sozialdemokraten in den Bundestagswahlkampf ziehen möchten, sollte nicht schlechtgeredet werden, meint Esken. Es gehe dabei nicht um Verbote und Verzicht, wie es "Klimaleugner und -bremser" gerne darstellten. Klimaschutz, Wohlstand und Innovation seien kein Widerspruch.

"Und man darf sich darauf verlassen: Wenn Sozialdemokraten das angehen, dann werden am Ende nicht die mit dem kleinen Geldbeutel dafür bezahlen."

Ganz ohne Verzicht geht es dann aber auch für Esken offensichtlich nicht, auch wenn etwa beim Thema Kurzstreckenflüge nach Ansicht der SPD-Politikerin kein Verbot ausgesprochen werden solle.

"Innerhalb Deutschlands muss jedoch kein Mensch fliegen."

Im Sinne des Klimaschutzes gelte es nun, generell darüber "nachzudenken, wie wir von manchem weniger haben können, ohne Lebensqualität zu verlieren". Das gelte nicht nur für den Bereich Mobilität, sondern auch "fürs Fleisch". Der Verzehr von Fleisch dürfe jedoch nicht zum Privileg nur noch für den wohlbetuchten Teil der Gesellschaft werden. Eine zeitgemäße Subventionspolitik könne da durchaus Abhilfe schaffen.

Mehr zum Thema - "Da finden viele die NATO doof" – Heiko Maas wendet sich an seine Partei

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.