Deutschland

Klagewelle gegen Corona-Wellenbrecher erwartet – Erneuter Lockdown auf dem Prüfstand

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich am Mittwoch erneut durchsetzen können: Ein "Lockdown light" soll vier Wochen lang bundesweit gelten und die hohe Zahl positiver Corona-Befunde eindämmen. Trotz angeblicher Zustimmung in der Bevölkerung wird erwartet, dass sich viele Menschen juristisch wehren werden.
Klagewelle gegen Corona-Wellenbrecher erwartet – Erneuter Lockdown auf dem PrüfstandQuelle: www.globallookpress.com © Darmer/Davids/Ropi

Bald ist es wieder so weit. Ab Montag, dem 2. November, begibt sich Deutschland wieder in den Lockdown. Jedoch nicht so umfassend wie noch im März, weshalb die Maßnahme von der Bundesregierung auch als "Lockdown light" bezeichnet wurde. Für Bundeskanzlerin Angela Merkel ist dies ein Erfolg, auch wenn die Umstände nicht sonderlich erfreulich sind. Am Mittwoch folgten auch jene Länderchefs dem Ruf, eine bundeseinheitliche Regelung zu beschließen, die zuvor wochenlang darauf bestanden haben, regional auf die Entwicklung zu reagieren.

Die getroffenen Regeln muten indessen absurd an. So sollen Restaurants schließen, obwohl dieser Bereich selbst laut dem Robert Koch-Institut (RKI) noch nie eine besondere Rolle bei den "Ausbrüchen" gespielt hat. "Corona-Ausbrüche" gibt es demnach am häufigsten in privaten Haushalten, Alten- und Pflegeheimen, am Arbeitsplatz und bei diversen Freizeitaktivitäten. 

Zwar erhalten Gastronomen und andere Unternehmen eine Ausfallentschädigung in Höhe von bis zu 75 Prozent des Umsatzes aus dem Vorjahreszeitraum, dennoch herrscht Unmut über die verschiedenen Regelungen. Wie Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki in der Passauer Neuen Presse schreibt, sei vieles von dem, was Bund und Länder am Mittwoch beschlossen haben, nicht mehr erklärbar:

Warum müssen Nagelstudios schließen, nicht aber Friseure? Wieso werden auch dort Restaurants geschlossen, wo man noch weit entfernt ist von den selbst definierten Schwellenwerten? 

"Die Beschlüsse bleiben von solch einer bemerkenswerten Widersprüchlichkeit, dass nur fraglich erscheint, wann das erste Gericht sie kippt und nicht ob", meint der FDP-Spitzenpolitiker. 

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Auch Katina Schubert, die Landesvorsitzende der Linken in Berlin, kritisiert diesen auch als "Wellenbrecher" bezeichneten Lockdown der Bundesregierung. Stattdessen sprach sie sich für "evidenzbasierte Maßnahmen" aus:

Private Kontakte kann man auch beschränken, ohne deswegen an die Wohnung gefesselt zu sein. Man kann trotzdem zu Veranstaltungen gehen an Orten, an denen das Hygienekonzept stimmt, die Abstandsregeln beachtet werden, wo es ein Wegeleitsystem gibt. Diese Orte sind wahrscheinlich sogar sicherer als eine Zweizimmerwohnung für eine fünfköpfige Familie.

Sie sprach auch genau diesen Widerspruch an, dass "die Menschen zwar arbeiten gehen sollen, aber ihre Freizeit zu Hause verbringen müssen". Schubert merkte zudem an, dass noch im Sommer junge Menschen für die Verbreitung des Virus verantwortlich gemacht worden seien. "Jetzt finden die Partys nicht mehr statt, und die Infektionszahlen steigen dennoch", so die Politikerin weiter.

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Aus diesen Gründen rechnet der Staatsrechtler Ulrich Battis mit einer Klagewelle, die dazu noch aus Sicht der Kläger erfolgreich verlaufen könnte. Der Neuen Osnabrücker Zeitung sagte er:

Ich gehe fest davon aus, dass es eine hohe Anzahl an Klagen geben wird und dass auch viele wie bisher in einstweiligen Rechtsschutzverfahren damit durchkommen werden, siehe die gekippten Beherbergungsverbote und Sperrstunden.

In den vergangenen Wochen wurde von unterschiedlichen Seiten die Kritik immer lauter, dass die Bundesregierung Panikmache betreibe. Intensivmediziner und der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, warnten zuletzt davor, den Menschen "in einer Tour Angst zu machen". Das könnte zu einer "Abstumpfung" führen, und "Teile der Bevölkerung fangen dann an, die Warnungen nicht mehr ernst zu nehmen".

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Der Medienwissenschaftler Stephan Ruß-Mohl sieht hingegen nicht nur die Bundesregierung für die vermeintliche Panikmache verantwortlich, sondern vielmehr noch die Medien. In einem Gastbeitrag für die Süddeutsche Zeitung schrieb er:

Mich beunruhigen seit Monaten die vielen Trompeter im Corona-Panikorchester. Sie verbreiten Angst und Schrecken. Als Medienforscher beobachte ich mit großer Sorge den Overkill, mit dem Leitmedien, insbesondere das öffentlich-rechtliche Fernsehen, aber auch Zeitungen wie SZ oder FAZ, über die Pandemie berichten.

Deshalb ist sich Ruß-Mohl sicher, dass die Medien "mit ihrem grotesken Übersoll an Berichterstattung Handlungsdruck in Richtung Lockdown erzeugt" haben, "dem sich die Regierungen in Demokratien kaum entziehen konnten". 

Obendrein überschütten uns die Medien im tagtäglichen Kampf um Aufmerksamkeit ziemlich hemmungslos mit Statistiken zu Corona-Infizierten und -Toten. Es ist weithin offengeblieben, ob letztere am oder nur mit dem Coronavirus verstarben. Aber Angst, angesteckt zu werden, haben vermutlich wir alle bekommen.

Was in den vergangenen Monaten passiert ist, sei eine "bereitwillige Selbstentmündigung des Souveräns". Man hätte widerstandslos hingenommen, "dass fundamentale Grundrechte eingeschränkt wurden".

Ähnlich äußerte sich auch der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier. In seinem neuen Buch "Die Warnung: Wie der Rechtsstaat ausgehöhlt wird" setzt er sich ebenfalls mit diesem Thema auseinander, dass sich insbesondere der Bundestag in dieser Krise selbst aus dem Rennen genommen und der Bundesregierung das Feld überlassen hatte. Der Neuen Zürcher Zeitung sagte er: 

Der Staat darf nicht in der allgemeinen legitimen Absicht, die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen, jedweden Grundrechtseingriff von beliebiger Schwere vornehmen.

Die Verwaltungsgerichte hätten bereits den Landesbehörden "teilweise" bescheinigt, dass eine "exekutive Überdehnung" vorlag:

Natürlich ist nicht alles, was die Behörden in den letzten Monaten angeordnet haben, verfassungswidrig oder allgemein rechtswidrig. Unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten ist aber auch nicht alles möglich. Auch wer die Gesundheit und das Leben der Bevölkerung schützen will, darf nicht beliebig in die Grundrechte eingreifen.

Kanzlerin Merkel will von solchen Dingen allerdings nichts hören. Bei ihrer Regierungserklärung vor dem Bundestag nannte sie den erneuten Lockdown als "erforderlich und verhältnismäßig". Hingegen würden "Lüge und Desinformation, Verschwörung und Hass" nicht nur die demokratische Debatte "beschädigen", sondern auch den "Kampf gegen das Virus". FDP-Politiker Kubicki stellte hingegen am selben Tag klar, dass er die Beschlüsse "in Teilen für rechtswidrig" halte. "Wenn die Runde der Regierungschefs Maßnahmen verabredet, die bereits mehrfach von Gerichten aufgehoben wurden, wie das Beherbergungsverbot, dann ignorieren die Beteiligten bewusst die Gewaltenteilung."

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