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Drogenskandal in München weitet sich aus – Ermittlungen gegen 21 Polizisten

Polizisten, die Drogen nehmen und mit Dealern zusammenarbeiten? Die Staatsanwaltschaft ermittelt in einem Drogenskandal um das Münchner Polizeipräsidium. Nach einer groß angelegten Razzia stellt sich heraus: Es ist alles noch viel schlimmer als gedacht.
Drogenskandal in München weitet sich aus – Ermittlungen gegen 21 PolizistenQuelle: www.globallookpress.com © Peter Kneffel/dpa

Die Münchner Polizei kämpft mit einem Drogensumpf – und zwar in den eigenen Reihen. Bei einer groß angelegten Drogenrazzia durchsuchten rund 170 Ermittler am Mittwoch 30 Wohnungen und sieben Dienststellen in und um München sowie in weiteren Orten, teilte die Staatsanwaltschaft München mit. 21 Polizisten werden inzwischen beschuldigt. Den meisten von ihnen wird vorgeworfen, Drogen konsumiert und an Kollegen weitergegeben zu haben. Doch das ist noch nicht alles: In einem Fall soll ein Polizist beschlagnahmtes Kokain abgezweigt haben – ohne dass Kollegen ihn daran hinderten oder den Vorfall meldeten.

Damit weitet sich der seit Anfang dieses Jahres bekannte Drogenskandal um das Münchner Präsidium weiter aus – und zwar deutlich. Zunächst hatte der Verdacht von Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz sich gegen acht Polizisten gerichtet, nun sind es mehr als doppelt so viele. 21 Polizeibeamte auf neun Dienststellen sowie 17 weitere Personen wie Drogenhändler oder Verkäufer von Dopingmitteln stehen unter Verdacht.

Sechs Polizisten suspendiert

Sechs Polizisten wurden nach Angaben von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) suspendiert. "Weitere können abhängig vom Durchsuchungsergebnis sehr zeitnah folgen", sagte er der Bild.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft, die die Ermittlungen gemeinsam mit dem Bayerischen Landeskriminalamt (LKA) führt, lauten die zentralen Vorwürfe: Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz und gegen das Antidopinggesetz. Ein weiterer Vorwurf wiegt besonders schwer: Verfolgung Unschuldiger. Es sollen Anhaltspunkte vorliegen, dass es in einem Fall einen von den Polizisten behaupteten Widerstand gegen Polizeibeamte – der sogar vor Gericht landete – gar nicht gab.

Wenn sich diese Vorwürfe bestätigen, dann ist das ein ziemlich starkes Stück", sagte der Sprecher des Polizeipräsidiums, Andreas Franken.

"Ein paar Wenige schaffen es, das gute Verhältnis, das die Münchner Polizei zur Bürgerschaft hat, zu beschädigen." Innenminister Herrmann wurde deutlicher:

Kriminelle haben bei der Bayerischen Polizei nichts verloren", sagte er der Bild. "So etwas ist absolut inakzeptabel und eines Polizisten nicht würdig."

Nach Angaben von Staatsanwaltschaftssprecherin Anne Leiding handelt es sich um die wohl umfangreichsten Ermittlungen, die die Staatsanwaltschaft jemals gegen Polizeibeamte führte. Sie waren 2018 ins Rollen gekommen, nachdem ein mutmaßlicher Drogenhändler, der vor allem Kunden eines Münchner Nachtclubs mit Rauschmitteln versorgt haben soll, quasi als Kronzeuge Vorwürfe gegen Polizisten erhoben hatte.

Polizisten-Rabatt auf Kokain

Seither stehen Vorwürfe im Raum, "dass Polizisten in München Kokain konsumieren, verkaufen, ankaufen", hieß es in dem Prozess am Amtsgericht Anfang des Jahres von einem LKA-Ermittler. Es soll sogar einen speziellen Polizisten-Rabatt auf Kokain gegeben haben. Quelle auch für diese Vorwürfe ist wieder der Kronzeuge, ein geständiger Dealer, der eine gut betuchte Klientel vor allem in einem exklusiven Privatclub mit Drogen versorgt haben soll. Er habe damit geprahlt, "Polizisten zu kennen, die ihn schützen".

Über Monate hinweg wurden dann nach Angaben der Staatsanwaltschaft zahlreiche Durchsuchungen durchgeführt und toxikologische Gutachten eingeholt. Inzwischen laufen die Ermittlungen bei einer im Juli 2020 eingerichteten Ermittlungsgruppe "Nightlife" im LKA zusammen. Bislang sind nach Angaben der Staatsanwaltschaft 20 Handys, rund 1,6 Millionen Chatnachrichten und mehr als eine Million Bild- und Videodateien sichergestellt worden, die derzeit gesichtet werden.

Bei den Durchsuchungen am Mittwoch kam umfangreiches neues Material dazu. Die bayerischen Ermittler wurden dabei von Spezialeinsatzkommandos (SEK) aus Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Hessen unterstützt. "Die eingesetzten Beamten haben mehrheitlich erst kurz vor Beginn des Einsatzes von dessen Ziel und den betroffenen Objekten erfahren", teilte die Staatsanwaltschaft mit.

Skandale häufen sich

Die Polizei steht derzeit deutschlandweit wegen verschiedener Vorfälle in der Kritik. Bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen gibt es einen Skandal um Chatgruppen mit rechtsextremen Inhalten. Und auch bei rechtsextremen "NSU 2.0"-Drohschreiben geriet die Polizei ins Visier, weil den Schreiben in mehreren Fällen mutmaßlich illegale Abfragen persönlicher Daten an Polizeicomputern vorausgingen.

Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft in Bayern, Jürgen Köhnlein, fürchtet nun auch wegen des Münchner Skandals um den Ruf der Polizei. "Das tut uns weh. Leider vergeht keine Woche ohne Negativschlagzeilen."

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(dpa/rt)

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