Deutschland

USA kein verlässlicher Partner – SPD will keine atomwaffenfähigen US-Kampfjets kaufen

Während der angekündigte Abzug von US-Truppen innerhalb Deutschlands teils begrüßt wird, bezeugt er strapazierte deutsch-amerikanische Beziehungen. Und das, obwohl Berlin doch soeben milliardenschwere Rüstungseinkäufe angekündigt hat. Doch dem stellt sich die SPD nun entgegen.
USA kein verlässlicher Partner – SPD will keine atomwaffenfähigen US-Kampfjets kaufenQuelle: AFP © ARIS MESSINIS

Soeben erst haben sich wohl der militärisch-industrielle Komplex und die Außenpolitiker in Washington noch an den Entscheidungen seiner verlässlichen Partner in Berlin erfreuen können, nachdem Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) den Kauf von 45 Kampfjets aus den USA angekündigt hatte. Doch nun regt sich vor dem Hintergrund des Truppenabzugs in Berlin Widerstand, wenn auch nur beim Koalitionspartner. So mahnte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, dass die Politik der derzeitigen US-Administration auf der Grundlage von "Willkür und Druck" basiere und somit keine "Grundlage für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit" darstelle. Er warnte:

Vor diesem Hintergrund werden auch die Rüstungskooperationen in einem neuen Licht bewertet werden müssen.

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CDU: USA weiter wichtigster Partner Deutschlands

Wie zu erwarten reagierte die CDU prompt und wies den kleinen Koalitionspartner zurecht. Selbst wenn Mützenich zu Recht das Verhalten von US-Präsident Donald Trump kritisiere, "hat er leider nicht verstanden, dass wir unsere Freiheit – auch die Freiheit, Unsinniges und Aberwitziges zu fordern – den jahrzehntelangen Sicherheitsgarantien der USA verdanken", konstatierte der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.

Auch der CDU-Verteidigungsexperte Henning Otte wies die Forderung Mützenichs zurück: "Die SPD sollte hier keiner weiteren Entfremdung innerhalb des Bündnisses das Wort reden." Die USA blieben weiter der wichtigste Partner Deutschlands außerhalb Europas.

Zwar hatte die CDU-Politikerin mit ihrem Vorpreschen bei der Kaufentscheidung unter anderem den Koalitionspartner SPD brüskiert, doch ist es in der Koalition ein langwährendes Streitthema, was Deutschland für die eigene Verteidigung und jene der NATO leisten soll. Im Kern geht es dabei um die Höhe der Verteidigungsausgaben, aber auch um die deutsche Beteiligung an der atomaren Abschreckung.

Washington hatte Berlin so wohl zeigen wollen, dass die Deutschen einen Preis zahlen, wenn sie ihre Bündnisverpflichtungen nicht erfüllen. Den kürzlich bestätigten Truppenabzug begründet Trump damit, dass Deutschland zu wenig für die Verteidigung ausgebe und das Ausgabenziel der NATO von zwei Prozent deutlich unterschreite – und verlegt daraufhin Teile der US-Truppen aus Deutschland in andere europäische Staaten, die sogar noch weiter unter dem absurden Richtwert in Höhe von zwei Prozent ihres jeweiligen BIP für NATO-Militärausgaben liegen.

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Der frühere US-Botschafter Richard Grenell, der mehrfach seinen geringen Respekt gegenüber Deutschland gezeigt und wenig diplomatisches Verhalten an den Tag gelegt hatte, erhielt nun bei der Bild eine Plattform und kommentierte den aktuellen Streit gewohnt vorwurfsvoll: 

Die fehlende Unterstützung der NATO und die zunehmenden Attacken auf US-Militärprogramme in Deutschland, insbesondere von Mitgliedern der Regierungskoalition, waren sehr problematisch und beunruhigend für amerikanische Strategen.

Die Union pflichtet dem teils bei und meint, dass die Sozialdemokraten zumindest ihren Beitrag geleistet haben. "Mit der Diskussion um die Etaterhöhung und die nukleare Teilhabe hat die SPD die Zusammenarbeit im Bündnis zuletzt nicht einfacher gemacht", so CDU-Verteidigungspolitiker Otte. Innerhalb der Koalition herrscht Einigkeit darüber, dass sie 2024 bei 1,5 Prozent liegen will. Doch während Bundeskanzlerin Angela Merkel und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (beide CDU) die zwei Prozent bis Anfang der 2030er-Jahre erreichen wollen, drückt die SPD auf die Bremse.

Mützenich hatte zudem im Mai für Empörung gesorgt, indem er die Forderung nach einem Abzug der schätzungsweise etwa zwanzig noch in Deutschland verbliebenen Atomwaffen wieder aufwärmte. Die US-Botschafterin in Polen, Georgette Mosbacher, twitterte damals spöttisch: "Wenn Deutschland die nuklearen Fähigkeiten verringern und die NATO schwächen will, könnte Polen (...) diese Fähigkeiten vielleicht hier unterbringen."

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer will unter anderem einen Teil der in die Jahre gekommenen Tornado-Kampfjets mit 45 F-18-Kampfflugzeugen des US-Herstellers Boeing ersetzen, die im Ernstfall die in Deutschland stationierten US-Atombomben abwerfen könnten – mit deutschen Piloten und US-Entscheidungshoheit, wie Kritiker warnen.

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In der SPD ist das Projekt sehr umstritten. Doch ist es bei Weitem nicht der einzige Rüstungseinkauf Deutschlands, an dem sich US-Hersteller erfreuen können: Die derzeitigen Transporthubschrauber vom Typ CH-53 sind bereits aus amerikanischer Produktion, die Nachfolger sollen es auch sein. Dafür sind zwei US-Hersteller im Rennen. Zu den Großgeräten der Bundeswehr aus den USA zählen auch das Aufklärungsflugzeug P-3 Orion von Lockheed und die Patriot-Raketenabwehrsysteme von Raytheon.

Umgekehrt hat die Bundesregierung in den letzten zehn Jahren nach aktuellen Angaben des Wirtschaftsministeriums Rüstungsexporte im Wert von mehr als sechs Milliarden Euro in die USA genehmigt.

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Erpressung statt Partnerschaft

Die Skepsis gegenüber der Aufrüstung der Bundeswehr ist in der SPD nach dem Wechsel an der Parteispitze mit dem linksorientierten Führungsduo Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans noch einmal gewachsen. Einig ist man sich bei den Sozialdemokraten aber nicht. So hat sich Außenminister Heiko Maas mehrfach von der Forderung nach einem Abzug der auf dem Fliegerhorst Büchel in der rheinland-pfälzischen Eifel stationierten Atomwaffen distanziert: "Wenn man sich lediglich davon verabschiedet und sagt, ich will damit nichts zu tun haben, wird es nicht eine einzige Atombombe weniger auf der Welt geben", sagte er.

Doch Mützenich bekommt Beifall aus anderen Parteien. Der Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin hatte bereits am Donnerstag gefordert, die Rüstungskooperation mit den USA abzubrechen. "Donald Trump hat Partnerschaft durch Erpressung ersetzt", sagte er dem Nachrichtenportal t-online.de. "Solange Trump auf Kollisionskurs ist, darf es keine Rüstungsdeals mehr mit den USA geben." Auch Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt ist mit Mützenich auf einer Linie, verteidigt allerdings die Stationierung von US-Soldaten in Deutschland mehr als 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges: "Es wäre besser, die Amerikaner würden ihre Atomwaffen aus Deutschland und Europa abziehen als ihre Soldaten." Die Linke dagegen fordert seit Längerem den Abzug aller US-Truppen inklusive Atombomben.

Kritik an der Kaufentscheidung über die US-Kampfjets kam aus der Opposition zudem aufgrund der Übergehung des Parlaments. Auch von verschiedenen Seiten aus der Zivilgesellschaft regte sich Widerstand. Greenpeace-Abrüstungsexperte Alexander Lurz bezeichnete den geplanten Kauf als "abrüstungspolitisch ein verheerendes Signal", das zudem in Corona-Zeiten eine "Verschwendung bald knapper finanzieller Mittel" sei.

In einer von der Organisation in Auftrag gegebenen Studie wurden die Kosten für die umstrittene Anschaffung aus den USA auf mindestens rund acht bis neun Milliarden Euro beziffert. Die Autoren, darunter Ex-Tornado-Pilot und NATO-Planungsoffizier Ulrich Scholz, bestätigten, dass die Anschaffung der F-18-Kampfjets die Aufrechterhaltung der nuklearen Teilhabe zum Ziel habe.

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