Deutschland

Studie und Protest gegen Anschaffung von US-Kampfjets: Verheerende Verschwendung

Am Mittwoch hat Greenpeace in Verbindung mit einer Protestaktion vor dem Verteidigungsministerium eine Studie über die Kosten für teils nuklearwaffenfähige US-Kampfflugzeuge veröffentlicht. Demnach würde diese Neuanschaffung fast 9 Milliarden Euro kosten – oder noch deutlich mehr.
Studie und Protest gegen Anschaffung von US-Kampfjets: Verheerende VerschwendungQuelle: www.globallookpress.com © Annette Riedl/ dpa/ Global Look Press

Zwar gab es eine Vielzahl von Kritikpunkten an den Plänen der Bundesverteidigungsministerin, die alternde Tornado-Flotte durch US-Kampfjets zu ersetzen. Aber bisher fehlte noch eine klare Kostenkalkulation. Eine von Greenpeace beauftragte externe Einschätzung kommt nun zu einem Minimum zwischen 7,67 Milliarden und 8,77 Milliarden Euro "als unteres Preisband", und das allein für die US-Kampfjets selbst.

Aktivisten der Umweltorganisation protestierten Mittwoch vor dem Bundesministerium der Verteidigung gegen die Anschaffung der teuren atomwaffenfähigen Militärjets. Unter anderem zeigten sie ein Plakat in der Optik eines riesigen Geldscheins mit der Aufschrift "Keine Milliarden für deutsche Atombomber!"  und ein Rundbanner vor dem Eingang des Ministeriums, auf dem es in Anspielung auf die Bundeswehr-Werbung hieß:

Wir. Gefährden. Deutschland.
Bundesministerium für Atomwaffeneinsätze

Auf Twitter warben die Aktivisten dafür, dieses Geld nutzbringender für zivile Zwecke einzusetzen und beispielsweise Pflegekräfte besser zu entlohnen, ein Vorhaben, das auch seitens der Regierung in den vergangenen Monaten immer wieder betont, letztendlich aber fallengelassen wurde.

Christoph von Lieven, Greenpeace-Sprecher für atomare Abrüstung, verwies auf die sicherheitsrelevanten Aspekte:

Ministerin Kramp-Karrenbauer macht Deutschland durch ihre Atomwaffenpolitik zum potenziellen Angreifer und zur möglichen Zielscheibe eines Atomangriffs", sagte er. "Statt Milliarden an Steuergeldern in atomare Nachrüstung zu stecken, sollte sich die Bundesregierung für eine atomwaffenfreie Welt einsetzen. Die Beendigung der erweiterten nuklearen Teilhabe von Deutschland wäre ein erster Schritt."

Bereits vor Jahren wurde bekannt, dass die Bundeswehr mit dem Eurofighter im Ernstfall "ihre NATO-Pflichten" nicht mehr erfüllen und wohl auch Deutschland im Angriffsfall nicht verteidigen könne, da nur eine Handvoll der 128 Jets einsatzbereit war. Doch im April ist Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer – zum Ärgernis des Koalitionspartners SPD sowie des ebenfalls übergangenen Parlaments und der Gewerkschaften – mit dem milliardenschweren Vorhaben vorausgeprescht, die veralteten Tornado-Kampfjets der Luftwaffe durch bis zu 93 Eurofighter-Jets von Airbus und weitere insgesamt 45 Kampfflugzeuge F-18 des US-Herstellers Boeing zu ersetzen. Dabei ist offenbar über die US-Kampfjets eine Verständigung zwischen dem US-Verteidigungsministerium und deutschen Instanzen vorausgegangen. Das brachte Kramp-Karrenbauer auch deshalb scharfe Kritik ein, weil dies vor allem unter dem Gesichtspunkt erfolgte, die weitere "Nukleare Teilhabe" Deutschlands zu ermöglichen, womit im Ernstfall Atomwaffen der USA unter der Entscheidungshoheit der US-Militärs von deutschen Piloten transportiert und abgeworfen werden sollten.

Die Koalitionspartner SPD monierte, dass es üblich sei, sich zunächst innerhalb der Regierungsparteien abzustimmen, bevor so weitreichende Entscheidungen veröffentlicht werden. Selbst Marie-Agnes Strack-Zimmermann von der FDP warf der Verteidigungsministerin vor, "verfassungswidrig" gehandelt zu haben, da eine direkte und auch eine indirekte Zusage an die USA im Widerspruch zum Grundgesetz stünde, wonach das deutsche Parlament hätte konsultiert werden müssen. Tobias Lindner von den Grünen stimmte dem zu und nannte das Vorgehen "skandalös".

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Wie Alexander Lurz, Abrüstungsexperte von Greenpeace, in der Studie eingangs betont, ist die Frage nach Ersatz für die MRCA-Tornado-Flotte der deutschen Luftwaffe durch US-Kampfflugzeuge vom Typ F-18 keine "normale" Beschaffungsentscheidung.

Mit ihr ist die Entscheidung verknüpft, ob Deutschland im Rahmen der nuklearen Teilhabe der NATO weiterhin Flugzeuge bereitstellt, die im Kriegsfall US-Atombomben ins Ziel bringen können.

Das Einsatzende der Tornados wäre nach Ansicht von Greenpeace ein naheliegender Zeitpunkt für die Bundesrepublik, "auf die Fähigkeit zum Atomwaffeneinsatz zu verzichten und so ein starkes abrüstungspolitisches Signal auszusenden."

Doch die öffentliche Debatte darüber stehe noch aus und auch die Kostenfrage müsse Teil einer transparenten Diskussion sein. Da Umfragen laut Greenpeace immer wieder stabile Mehrheiten für die Gegner von US-Atomwaffen in Deutschland signalisieren, könnte eine intensive öffentliche Auseinandersetzung darüber mit einem "Aus" für den Plan neuer Trägerflugzeuge enden, insbesondere "wenn sich herausstellen würde, dass die nukleare Teilhabe Deutschland im Vorfeld eines Nuklearwaffeneinsatzes keineswegs immer Mitspracherechte garantiert, aber weiterhin hohe Kosten für die Trägersysteme mit sich bringt".

Da das Verteidigungsministerium keinerlei für eine öffentliche Debatte notwendige und geeignete Informationen liefert, hat sich Greenpeace – ohne die Insider-Informationen aus dem Bundesverteidigungsministerium, stattdessen aber mit Unterstützung des Berliner Informationszentrums für Transatlantische Sicherheit (BITS) und des ehemalige Tornado-Piloten und NATO-Planungsoffiziers Ulrich Scholz – an einer abschätzenden Kalkulation versucht. Für die konservative Berechnung der zu erwartenden Mindestkosten wurde eine ähnliche Beschaffung durch Australien herangezogen.

Die Studie bezieht sich sowohl auf die dreißig Kampfflugzeuge F/A-18 F Super Hornet, die für eine Nukleare Teilhabe vorgesehen sind, als auch die 15 Maschinen EA-18G Growler als Abwandlung speziell für elektronische Kampfführung, welche nicht für Atomwaffen geeignet, aber mit eingerechnet sind. Zwar seien die US-Kampfjets vorrangig im konventionellen Bereich eingeplant, doch betonen die Autoren auch, "dass die Wahl auf die F-18 fiel, weil bei ihr die Zertifizierung als nukleares Trägersystem durch die USA bedeutend schneller zu erwarten ist als beim europäischen Eurofighter.

Anders gesagt: Die F-18 soll für die Aufrechterhaltung der nuklearen Teilhabe beschafft werden.

Alexander Lurz, Greenpeace Abrüstungsexperte, sagte der Süddeutschen Zeitung, der geplante Kauf der Maschinen sei "nicht nur abrüstungspolitisch ein verheerendes Signal, sondern in Corona-Zeiten eine Verschwendung bald knapper finanzieller Mittel".

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